Doku über Monchi

"Wildes Herz": Große Klappe, viel dahinter

von Andreas Fischer

Monchi, der Frontmann der Band Feine Sahne Fischfilet, ist bei weitem kein Engel, aber er zeigt klare Kante gegen rechts. Charly Hübner porträtiert in seinem Dokumentarfilm einen wütenden aber warmherzigen Antifaschisten.

3sat
Wildes Herz
Dokumentation • 17.01.2021 • 00:20 Uhr

Unbestritten ist Jan "Monchi" Gorkow, der Frontmann der Rostocker Punkband Feine Sahne Fischfilet, eine Erscheinung: ein Bär von einem Mann, gerne auch im Winter mit Flip-Flops an den Füßen, und leise Töne überlässt er lieber den anderen. Vermeintlich passend für den Sänger einer Punkrockband. Doch in der Dokumentation "Wildes Herz" (2016), für die Regisseur Charly Hübner den manchmal wütenden, oft warmherzigen Gorkow drei Jahre lang mit der Kamera begleitete, geht es nur zweitrangig um Musik. Es geht in erster Linie um einen Menschen mit unerschütterlicher antifaschistischer Haltung.

"Den Arsch hochkriegen, Loide" – wenn Monchi das sagt, dann meint er das auch, dann tut er das auch. Überhaupt: So ziemlich allem, was er sagt, lässt der bärtige Frontmann von Feine Sahne Fischfilet Taten folgen. Der Mann hat nicht nur eine eindrückliche Statur, er hat auch die größte Klappe – was FSF zwischen 2011 und 2014 auf den Radar des Verfassungsschutzes brachte – und die meiste Energie. Vor allem aber hat er Rückgrat. Eines, das sich nicht verbiegen und schon gar nicht brechen lässt. Und das ist viel wert in Zeiten wie diesen.

Aber wie extrem ist eigentlich ein Mann, der seine Meinung kundtut? Der eine klare Kante zeigt gegen Rechtsextremismus und Rassismus? Der nach den fremdenfeindlichen Ausschreitungen in Chemnitz im August 2018 als einer der Ersten für das "Wir sind mehr"-Konzert zusagte? Einer, der im Film den bemerkenswerten Satz sagt: "Ich habe so viel Rassismus und Sexismus in meinem Kopf, das ist nicht auszuhalten. Aber ich versuche, darüber nachzudenken und mich nicht davon leiten zu lassen." Als Kind von Traurigkeit wird Monchi nicht gezeichnet. Auch seine Jugend im Hooligan-nahen Fußballmilieu von Hansa Rostock und das folgenschwere Anzünden eines Polizeiautos werden thematisiert.

Regisseur und Schauspieler Charly Hübner kommt wie Gorkow aus Mecklenburg-Vorpommern. Beide sind aufgewachsen in einer Landschaft, die nach der Wende vor allem braun blühte. Hübner, einst selbst ein Punk, und Gorkow wissen, was es bedeutet, eine Jugend zwischen Neonazis zu erleben.

Monchi gegen die "rechten Dumpfbacken"

Die Verbundenheit zwischen den beiden merkt man dem Film an, der künstlerisch und dramaturgisch eher bodenständig ist, wenn er mit Archivaufnahmen von Monchis Kindheit und Jugend erzählt, Verwandte und Freunde interviewt und mit Konzertmitschnitten den Bogen ins Jetzt schlägt. Das Genre Dokumentarfilm will "Wildes Herz" nicht neu erfinden. Wichtiger ist ohnehin, dass eine Geschichte erzählt wird, die erzählt werden muss. Die Geschichte von einem, der auszog, das Fürchten zu lehren. Und zwar den, wie er es formuliert, "rechten Dumpfbacken", denen er das Land nicht überlassen will. Also geht Monchi dahin, wo die "rechten Dumpfbacken" sind.

Im Mittelpunkt des Films steht eine Ochsentour: Unter dem Motto "Noch nicht komplett am Arsch" spielten Feine Sahne Fischfilet vor der Landtagswahl 2016 fast ein Jahr lang Konzerte in all den vergessenen Käffern Meck-Pomms, in denen die Rechten die Deutungshoheit haben. Zumindest so lange der Punk tobt, holen Feine Sahne Fischfilet die Räume zurück, für alle, deren Lebenssinn nicht Hass ist.

Dafür, wie wichtig das Engagement der Band, die längst für die ganz großen Festivals gebucht wird, auch Jahre nach Entstehung der Doku ist, gibt es zahlreiche Beispiele. So wurde im November 2018 erst eine Vorführung von "Wildes Herz" in einer Schule in Bad Schwartau aufgrund einer Schusswaffen- und Sprengstoffdrohung abgesagt. Nur einen Tag später wurde ein FSF-Konzert in Chemnitz unterbrochen, weil eine Bombendrohung bei der örtlichen Polizei einging. Das Festival "Wasted in Jarmen", welches aus dem letzten Konzert der Doku in Monchis Heimatort hervorging, gibt es bis heute – wenn es die Pandemie-Lage zulässt vielleicht auch wieder in den kommenden Jahren.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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