Monsterfilm trifft Familiendrama

Kritik zu „Wolf Man“ – Wie ein Horrorfilm von Verlust erzählt

03.02.2025, 12.01 Uhr
"Wolf Man" läuft seit dem 23. Januar in den deutschen Kinos.
"Wolf Man" läuft seit dem 23. Januar in den deutschen Kinos.  Fotoquelle: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Nicola Dove

Werwölfe sind auf der großen Leinwand mittlerweile nur noch selten zu sehen. Mit „Wolf Man“ will Universal seiner Monsterfilm-Sparte wieder Leben einhauchen. Mit Erfolg?

Es sollte ein gigantisches Franchise nach dem Vorbild von Marvel und DC werden: 2017 gab Universal seine Pläne für das sogenannte Dark Universe bekannt. Den Anfang machte noch im selben Jahr „Die Mumie“ mit Tom Cruise, ein Remake beziehungsweise Reboot des 1932 erschienenen gleichnamigen Klassikers. Danach hätte eigentlich eine Welle an weiteren Neuverfilmungen folgen sollen. Da „Die Mumie“ jedoch weder bei Kritikern und Fans überzeugen noch an der Kinokasse performen konnte, verwarf Universal 2019 seine Pläne wieder. Anstelle eines großen Franchises treten mittlerweile Einzelfilme. Den Anfang machte 2020 „Der Unsichtbare“, dessen Regisseur und Drehbuchautor Leigh Whannell auch für „Wolf Man“ verantwortlich ist.

Horrorfilm mit Tiefe – Darum geht es in „Wolf Man“

Immer öfter versuchen Filmschaffende inzwischen Horrorfilme umzusetzen, die nicht bloß möglichst gruselig oder brutal sind. Stattdessen ist der Horror häufig ein Vehikel, um tieferliegende Themen zu behandeln. Zwei Beispiele von mittlerweile vielen dafür sind das Thema Rassismus in „Get Out“ (2017) oder auch Depression und Trauer in „Der Babadook“ (2014). „Wolf Man“ behandelt vor allem das Thema Verlust – und zwar in gleich mehreren Hinsichten. Hauptcharakter Blake hat seinen Vater verloren, zu dem er vor einiger Zeit den Kontakt abgebrochen hatte.

Mit seiner Frau Charlotte und seiner Tochter Ginger fährt Blake schließlich in das Haus seines Vaters, um dort für eine Weile zu leben. Daraus wird jedoch nichts, denn in den Wäldern Oregons, in denen das Haus steht, treibt eine Kreatur ihr Unwesen: Ein Werwolf, der noch dazu die Familie angreift. Nur knapp gelingt es Blake, Charlotte sowie Ginger der Kreatur zu entkommen und sich in dem Haus von Blakes Vater zu verschanzen. Dort angekommen geht der eigentliche Horror jedoch erst so richtig los.

Mehr als nur Monsterhorror: „Wolf Man“ und das Thema Verlust

Wie schon der Trailer zu „Wolf Man“ klarmacht, hat der Werwolf Blake bei dem Angriff verletzt. Daraufhin muss der junge Familienvater feststellen, dass sich sein Körper und sein Geist immer mehr verändern. Schnell wird klar: „Wolf Man“ legt seinen Fokus nicht darauf, dass sich die Familie gegen einen Werwolf behaupten muss. Im Mittelpunkt steht stattdessen die Krankheit Blakes. Seine Frau Charlotte sowie Tochter Ginger müssen hilflos mitansehen, wie ein geliebter Mensch Stück für Stück seine Menschlichkeit verliert. Das ist auch ein wesentlicher Unterschied zu „Der Wolfmensch“ von 1941, dessen Neuverfilmung „Wolf Man“ ist, der diesen Aspekt nicht behandelt.

Das Thema Verlust bezieht sich also auch auf das Verlieren der eigenen Menschlichkeit sowie darauf, dass Charlotte und Ginger ihren Ehemann beziehungsweise Vater verlieren könnten. Diese emotionale Reise als Zuschauer zu verfolgen, macht nur allzu leicht traurig und betroffen. Dabei drängt sich schnell der Vergleich mit Krebs oder anderen schweren Krankheiten auf. Denn in dem Fall sind Familie und Angehörige ebenso machtlos wie die erkrankte Person selbst. Und: Der Verlust ist kein plötzlicher, sondern spielt sich Stück für Stück ab.

Die Verwandlung zum Werwolf in „Wolf Man“

Genauso verläuft die Verwandlung Blakes, die sich in der Filmhandlung über Stunden zieht. Mit gefühlt jeder Kameraeinstellung nimmt sein Gesicht immer deutlicher die Züge eines Wolfs an. Blakes Sinne, wie etwa sein Gehör, werden um ein Vielfaches stärker und sein Körper verformt sich. All das müssen Charlotte und Ginger mitansehen, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Selbst mit Blake zu kommunizieren, wird immer schwieriger. Rein filmisch gesehen sieht diese Verwandlung authentisch und ansprechend aus.

Die Mischung aus Maske und CGI weiß zu überzeugen, auch wenn sich viele Szenen im Halbdunkeln abspielen, wo mögliche Unschönheiten leichter zu verbergen sind. Der langsame Verfall erinnert nicht nur an Krebs (teils auch Demenz), sondern auch an ein filmisches Vorbild: „Die Fliege“ (1986) von David Cronenberg, in dem Jeff Goldblums Charakter durch einen Unfall mit einer Teleportations-Maschine mit einer Fliege verschmilzt.

Womit „Wolf Man“ punkten kann und womit nicht

Sowohl in „Die Fliege“ als auch in „Wolf Man“ verändert sich der Körper des Protagonisten auf eine groteske Weise. Zudem verliert er immer mehr seiner menschlichen Wesenszüge. Beide Filme kombinieren Body Horror mit dem Thema Verlust. In „Die Fliege“ ist es die Freundin des Hauptcharakters, die seinen Verfall miterleben muss. „Wolf Man“ konzentriert sich jedoch noch deutlich mehr auf diesen Punkt und verleiht ihm mehr Dramatik – auch indem mit Ginger ein Kind involviert ist, das ihren Vater zu verlieren droht. Allerdings ist die Handlung von „Wolf Man“ abgesehen davon eher dünn. Die rund 90 Minuten Laufzeit fühlen sich nach keiner Minute mehr an, da schlicht und ergreifend nicht viel passiert.

Das macht „Wolf Man“ zu einem kurzweiligen “Vergnügen“, das bei den meisten aber wahrscheinlich nicht lange im Gedächtnis bleiben wird. Das liegt auch daran, dass „Wolf Man“ keine besonderen Filmmomente bieten kann. Dass dem langsamen Verlust einer geliebten Person so viel Raum gegeben wird, ist jedoch eine Stärke des Films. Enttäuscht sein könnten diejenigen, die brutale Werwolf-Action erwarten. Die hält sich nämlich sehr in Grenzen, da die Emotionalität im Vordergrund steht. Punkten kann „Wolf Man“ jedoch mit seiner dauer-bedrohlichen Atmosphäre und nur sehr wenigen Jump Scares. Wem Drama wichtiger/lieber ist als klassischer Monsterhorror, für den könnte „Wolf Man“ einen Blick wert sein. Auch wenn der Film insgesamt nicht mehr als solide ist.

„Wolf Man“ läuft seit dem 23. Januar 2025 in den deutschen Kinos.

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