"Haus aus Glas"-Star im Interview

Götz Schubert über Familie: "Fehler zu machen, gehört zum Elternsein immer dazu"

09.01.2024, 08.26 Uhr
von Eric Leimann

Götz Schubert ("Wolfsland") schlüpft in der spannenden Familienserie "Haus aus Glas" in die Rolle eines Patriarchen und Vater von vier erwachsenen Kindern. Wie sieht das private Familienmodell des Schauspielers aus? Im Interview spricht Götz Schuber unter anderem über seine Familie und über den Dreh zur Miniserie. 

Götz Schubert in "Haus aus Glas"

Mit "Haus aus Glas" (ab Dienstag, 9. Januar, 20.15 Uhr) füllt Götz Schubert drei Abende das Programm im Ersten. Seine sechsteilige Familienserie ist deshalb so beachtlich, weil sie anders funktioniert als man es, vor allem aus Deutschland, vom Genre gewohnt ist. Familie wird im Sechsteiler – trotz traumatischer Ereignisse – weder verteufelt noch als Heile-Welt-Unterhaltungsritual abgefeiert. Götz Schubert, Star der ARD-Krimireihe "Wolfsland" und an vielen renommierten deutschen Bühnen zu Hause, ist wie der Patriarch aus der Serie verheiratet und Vater erwachsener Kinder. Im Interview denkt der 60-jährige Schauspieler darüber nach, was Familienmodelle "erfolgreich" macht – und was man selbst dafür tun kann.

prisma: Wo steht denn das imposante Designer-Haus, in dem Sie "Haus aus Glas" gedreht haben?

Götz Schubert: Interessanterweise in der Nähe von Waterloo (lacht). Wir haben die Serie komplett in Belgien gedreht, auch wenn es in Deutschland spielen soll. Ein Problem war, ein solches Haus mit riesigem Parkgrundstück zu finden, in dem wir über drei Monate drehen konnten. Dort war das möglich. Derjenige, der dort sonst wohnt, hatte gerade ein unerfreuliches Ereignis in der Familie. Man könnte fast sagen: Auf dem Haus liegt trotz des Luxus-Ambientes vielleicht auch ein Fluch (lacht) ...

prisma: Es ist eine Serie über die Komplexität familiärer Beziehungen. Haben Sie eine Theorie, warum Familie gelingt oder scheitert?

Schubert: Ich glaube, dass zu viel Theorie auch hinderlich sein kann. Es braucht viel Mut und auch Spontanität, sich aufeinander einzulassen. Letztlich bringt einen nur die Praxis weiter. Ich bin Jahrgang 1963, bin also vor kurzem 60 Jahre alt geworden. Es ist ein Punkt im Leben, an dem ich denke: "Okay, wenn es gut läuft, habe ich vielleicht noch 20 Jahre." Da grübelt man drüber nach, was man mit seiner Zeit bisher angestellt hat und was ich noch tun möchte. Bei all diesen Überlegungen spielt für mich Familie natürlich eine ganz entscheidende Rolle.

"Wenn man älter wird, sieht man die wesentlichen Dinge klarer"

prisma: Hört sich danach an, als hätte Sie Bilanz gezogen. Mit welchem Ergebnis?

Schubert: Meine Frau und ich sind schon sehr lange zusammen. Wir haben zwei erwachsene Kinder. Zum Jahreswechsel 22/23 sind wir alle auf eine Insel geflogen, um Zeit miteinander zu verbringen. Es war der Abschluss eines Jahres, in dem ich viel gearbeitet hatte. Und ich kam zum Ergebnis: Egal, wie viel Freude mir die Arbeit macht und wie erfolgreich sie war – das Gefühl, Teil einer Familie zu sein, in der sich alle wohlfühlen und füreinander da sind, ist durch nichts zu ersetzen. Ich glaube sagen zu können, dass wir ein ganz gutes Familienleben gemeinsam haben.

prisma: Mussten Sie 60 werden, um das zu erkennen?

Schubert: Nein, das wusste ich schon vorher. Aber wenn man älter wird, sieht man die wesentlichen Dinge klarer. Und es ist auch eine Zeitfrage. Die Welt da draußen wird seit Jahren immer ungemütlicher, wenn man sich die globalen Umwälzungen anschaut. Da ist Familie ein wichtiger Ruhepol. Ein sicherer Ort, an den ich mich zurückziehen kann.

prisma: Wie alt sind Ihre Kinder und was machen sie?

Schubert: Unser Sohn Victor ist Autor, er ist 35 Jahre alt. Und unsere Tochter Lotte ist 29. Sie ist, wie meine Frau und ich, auch Schauspielerin. Sie arbeitet am Schauspielhaus in Frankfurt.

"Simone und ich sind seit der Schauspielschule zusammen"

prisma: Wissen Sie denn nun, nach langen Nachdenken, warum Familie gelingt oder misslingt?

Schubert: Man sagt, reden hilft. Sicher ist es wichtig, dass man immer miteinander im Gespräch bleibt. Dass man sagt, was einem auf der Seele liegt. Andererseits bin gerade ich jemand, der gerne mal schweigt und nichts sagt. Insofern wäre ich nicht das beste Beispiel für diese gängige Theorie. Vielleicht hat es bei mir mit Familie geklappt, obwohl ich so bin (lacht). Simone und ich sind seit der Schauspielschule zusammen. Später haben wir dann geheiratet. Natürlich war es nicht so, dass wir über all die Jahrzehnte immer nur mit Sternchen und Herzchen um die Augen durchs Leben gegangen sind. Lange Beziehungen haben immer Aufs und Abs. Aber: Es war nie langweilig. Vielleicht ist das der Grund, warum wir heute da stehen, wo wir sind.

prisma: Muss man eher kämpfen oder Tiefen aushalten können, um lange zusammen zu bleiben?

Schubert: Beides kann wichtig sein. Vielleicht ist es auch eine Generationsfrage. In Momenten, in denen man heute eher sagt: "Ich kann das jetzt nicht mehr" und dann wegläuft, sind wir so erzogen worden, dass man da doch noch länger dranbleibt. Nicht, weil gesellschaftliche Regeln das vorschreiben, sondern deshalb, weil mir etwas daran liegt. Ich sage mir: "Ja, es ist jetzt gerade schwierig. Aber das ist der Mensch, mit dem ich mich am besten verstehe." Das ist das ein sehr hohes Gut. Wenn diese Prämisse bei beiden greift, hat man eine stabile Beziehung.

prisma: Muss man in einer langen Beziehung immer wieder neue Impulse setzen?

Schubert: Ja, auf jeden Fall. Wir haben zum Beispiel Haus und Hof verkauft und sind in eine Wohnung gezogen. Früher wohnten wir im Prenzlauer Berg in Berlin. Dann ging es in ein Haus nach Stahnsdorf, bis die Kinder ausgezogen sind. Als das so weit war, sind wir nach Potsdam in eine schöne Wohnung umgezogen. Eine neue Umgebung ist manchmal eine gute Brücke für Veränderung.

"Die Zeit mit kleinen Kindern daheim kann man nicht mehr nachholen"

prisma: Familie wird auch durch die Beziehungen zwischen Eltern und Kindern definiert. Hatten Sie sich als junger Vater etwas vorgenommen? Oder haben Sie Fehler gemacht, die Sie heute bereuen?

Schubert: Ich wäre im Nachhinein gerne öfter zu Hause gewesen, als die Kinder klein waren. Wir hatten eine eher klassische Rollenverteilung. Meine Frau hat zurückgesteckt und sich um die Kinder gekümmert. Bei mir ging's damals richtig gut los, mit Theater und Film. Vor allem bei Lotte, das war ein paar Jahre nach der Wende, kamen viele Sachen ins Rollen. Das war ja auch toll! Aber die Zeit mit kleinen Kindern daheim kann man eben auch nicht mehr nachholen. Ich hatte vor allem bei Lotte echte Sorgen, dass ich da den Anschluss als Vater verpasse ...

prisma: Was haben Sie dann getan?

Schubert: Das "Traumschiff" kam mir zur Hilfe. Ich hatte da mitgespielt und beschlossen, Lotte einfach auf diese Reise mitzunehmen. Sie war schon neun damals, es war also höchste Zeit. Sie aus der Schule rauszunehmen, war nicht so einfach. Sie musste Aufgaben mitnehmen und ein Tagebuch führen. Da es aber über die Winterferien ging, war es schließlich doch möglich. Im Nachhinein wurde das zu einer tolle Entscheidung für uns beide. Damals ist eine enge Verbindung entstanden, die man heute noch zwischen uns spürt.

prisma: Haben Sie Ihren Kindern feste Regeln mit auf den Weg gegeben?

Schubert: Wir waren im klassischen Sinne keine strengen Eltern. Ich erinnere mich daran, dass sich unser Sohn in der Pubertät sogar mal beschwerte, dass wir nicht genug Vorgaben machen. Er hatte das Gefühl, er könne alles tun, was er will – und hatte Probleme damit. Es ist wohl tatsächlich schwer, so aufzuwachsen. Einfacher ist es, gegen etwas anzukämpfen oder zu rebellieren. Wir vertraten als Eltern die Linie: Wir unterstützen euch in allem, was ihr tun wollt. Nur was es ist, müsst ihr selber herausfinden. Dieser Weg hat genauso seine Tücken wie einer mit genauen Vorgaben. Letztendlich ist es unmöglich, alles richtig zu machen. Fehler zu machen, gehört zum Elternsein immer dazu.

"Wir haben immer irgendwie die Kurve gekriegt"

prisma: Sie waren also "Laissez-faire"-Eltern?

Schubert: Auch das kann man nicht so sagen. Wir hatten kein festes Regelwerk oder gar Erziehungskonzepte. Die haben wir an anderen bewundert, die sich immer ganz sicher waren, dass dies oder jenes das Richtige war. Bei uns war alles eher intuitiv. Es fühlt sich gut an, heute sagen zu können: "Wir haben immer irgendwie die Kurve gekriegt". Wir vertrauten unserem Bauchgefühl. Das ist aber oft der schwerste Weg im Leben, weil man sich selbst vorwirft, keinen Plan zu haben.

prisma: Man sieht Sie seit vielen Jahren in vielen unterschiedlichen TV-Rollen. Auf welche werden Sie am häufigsten angesprochen?

Schubert: In den letzten Jahren sicher auf die "Wolfsland"-Krimis. Die letzten beiden liefen prominent in der Weihnachtszeit. Vor kurzem haben wir die nächste Folge abgedreht, und im Februar und März 2024 folgt dann schon der nächste "Wolfsland" -Dreh. Ich werde manchmal nach Theatervorstellungen angesprochen. Dann sagen die Leute Dinge wie: "Das war schön heute, aber ihren 'Butsch' aus 'Wolfsland' – den mögen wir auch" (lacht). So etwas tut einfach gut! Wenn man es schafft, in der schnelllebigen TV-Landschaft eine Figur kreiert zu haben, auf die sich die Leute freuen, die sie wiedererkennen. Das hat ja dann auch so ein bisschen was von Familie.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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