Neu bei Netflix

"Leave The World Behind": Julia Roberts und Ethan Hawke landen in einer subtilen Hölle

08.01.2024, 15.08 Uhr
von Eric Leimann

"Leave The World Behind" ist ein etwas anderer Endzeit-Film. Die Geschichte beruht auf einem Bestseller, der bereits von Barack Obama empfohlen wurde. Darin wird es bedrohlich für Julia RobertsEthan Hawke und Mahershala Ali.

Es ist schnell klar, wer bei der New Yorker Familie Sandford die Hosen anhat: Amanda (Julia Roberts), die laut heimlicher Selbstauskunft von Berufs wegen Menschen belügt (Werbung oder PR), und Clay (Ethan Hawke), ein Englisch-Professor, fahren nach Amandas Blitzbuchung am frühen Morgen mit den gemeinsamen Kindern aus der Stadt heraus. Es geht in ein luxuriöses Ferienhaus auf Long Island. Dort vergnügt sich der jugendliche Nachwuchs, der 16-jährige Archie (Charly Evans) und die 13-jährige Rose (Farrah Mackenzie), im Pool, während der Vater kocht und von der Mutter auf Anfrage des Mannes zu einem 15-Minuten-Quickie ins Schlafzimmer geholt wird. Die heil effiziente Welt der Sandfords bleibt jedoch nicht lange so schön. Am Strand haben sie ein seltsames (Massen-)Erlebnis. Natur und Tierwelt senden seltsame Signale.

Plötzlich tauchen die angeblichen Vermieter auf

Dann sind im Netflix-Film "Leave The World Behind" (ab 8. Dezember) sämtliche Kommunikationswege unterbrochen: kein Internet, kein Handysignal, kein Fernsehen oder Radio. Das irritiert zwar ein wenig, aber hey – man wollte ja "Quality Time" zu viert verbringen. Da ist so ein – kurzzeitiger – Ausfall der ständigen Kommunikation ja vielleicht mal ganz nett.

Am Abend klingelt es dann an der Tür. Die Sandfords bekommen überraschend Besuch von G.H. Scott (Mahershala Ali) und seiner Tochter Ruth (Myha'la). Die behaupten, sie wären die Eigentümer des Hauses, auch wenn sie sich nicht ausweisen können, und müssten aufgrund einer Notsituation doch in ihrem vermieteten Haus übernachten. Amanda ist genervt und misstraut den Besuchern. Der etwas mildere Clay sucht den Ausgleich. Schließlich ziehen die – schwarzen – Scotts in die fensterlose Kellerwohnung, während ihre weißen Gäste das weitläufige "Oberhaus" weiter nutzen dürfen.

Glücklich ist keiner mit dieser Situation. Am nächsten Morgen bricht Clay mit dem Auto auf, um im nächsten Ort mehr über die aktuelle Situation zu erfahren. Doch er macht ebenso verstörende Erfahrungen wie die fünf im Ferienhaus Zurückgebliebenen.

Buchempfehlung von Barack Obama

Der gut zweistündige Netflix-Film basiert auf dem gleichnamigen Roman "Leave the World Behind" des hochgelobten US-Autors Rumaan Alam. 2020 landete er damit unter den Finalisten des "National Book Awards". In Deutschland ist das Buch, das auch Barack Obama auf seiner einflussreichen Lese-Empfehlungsliste hatte, 2021 unter dem Titel "Inmitten der Nacht" erschienen.

Sam Esmail, Macher der preisgekrönten Hacker-Serie "Mr. Robot", der mit seinem Star Julia Roberts schon die ebenfalls hochgelobte Amazon-Serie "Homecoming" kreiert hat, sicherte sich die Verfilmung des Stoffes, den man als Katastrophenfilm der etwas anderen Art beschreiben muss. Freunde der typischen "Expositonsphase" des Genres – jenem Zeitpunkt, zu dem noch alles normal scheint, ehe die Hölle losbricht – kommen hier besonders auf ihre Kosten. Verunsicherung und bedrohliche Ereignisse nehmen nur sehr langsam Fahrt auf.

Kurzauftritt von Kevin Bacon

Dafür herrscht eine zunehmend unangenehm werdende psychologische Spannung, die neben der nackten Angst einer kollabierenden Gesellschaft auch Themen wie Rassismus, Klassenvorurteile und den Bruch in Amerikas nationalem Zusammenhalt beschreiben. Typische Dystopie-Elemente wie der Einsatz von Sicherheitskräften und Militär fehlen völlig im Film – was noch mal auf besondere Art irritiert. Dieser Katastrophenfilm ist beinahe menschenleer.

Die wenigen, hier noch nicht genannten Kurzauftritte anderer Charaktere (unter anderem Kevin Bacon als Prepper) fallen kaum ins Gewicht, sodass "Leave The World Behind" fast schon zum dystopischen Kammerspiel gerät. Das Ganze verfängt mit seiner ungewöhnlichen Geschichte, die bis auf einen Charakter eng am Roman bleibt. Hier und da trüben ein paar weniger gelungene CGI-Effekte das Filmerlebnis. Wer zum Beispiel auf das Grusel-Paranoia-Kino von Giorgos Lanthimos ("The Favorite") steht, insbesondere auf seinen Familien-Dystopie-Schocker "The Killing of a Sacred Deer", wird sich auch bei "Leave The World Behind" – im maximal unbehaglichen Sinne – "gut aufgehoben" fühlen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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