"Nord bei Nordwest"-Tierärztin Marleen Lohse: "Ich habe große Lust, noch möglichst viel Zeit in Schwanitz zu verbringen"
Marleen Lohse ist als Schauspielerin vielseitig unterwegs. Mit viel Herzblut verkörpert die 39-Jährige die Tierärztin Jule in der Krimi-Serie "Nord bei Nordwest". Im Interview erklärt Lohse, welchen Eindruck sie vom Dreh in "Schwanitz" gewonnen hat. Auch Bullerbü, Berlin und Babywaschbären wurden zum Gesprächsthema.
Ein "Kita-Infekt" kann ihr ebenso wenig anhaben wie ein rappelvoller Terminkalender. Früh am Morgen ist Marleen Lohse gesprächsbereit, mit Fieberkopf und guter Laune, Taschentüchern in Reichweite, aber ebenso munter, wie man sie aus ihrer Rolle in "Nord bei Nordwest" kennt. Die 39-Jährige Wahlberlinerin mit der roten Hingucker-Lockenmähne mimt nun in drei weiteren Folgen der beliebten Reihe.
Die vielen Projekte von Marleen Lohse
Daneben macht sie als Singer-Songwriterin Musik und spielt gerade ein eigenes Album ein. Seit gut einem Jahr gibt es einen kleinen Sohn, dessen Ankunft sie in sozialen Medien mit einem zauberhaften Foto und dem Hinweis, sein Haar rieche "nach frischem Popcorn" mitteilte. Die vielseitige Schauspielerin ("Die Schule der magischen Tiere", "Cleo", "Katakomben"), die im niedersächsischen Soltau geboren wurde und ihre Ausbildung an der Berliner Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf absolvierte, stand schon als Zwölfjährige für "Neues vom Süderhof" vor der Kamera. Trotz ihrer erfolgreichen Film- und TV-Karriere hängt sie noch immer am Theater, entwickelt aber auch eigene Drehbücher wie gemeinsam mit Erik Schmitt den Kinofilm "Story of Berlin". Trotz aller Projekte – Marleen Lohse möchte noch lange im fiktiven Küstenort Schwanitz als Jule den von Hinnerk Schönemann gespielten Kommissar Hauke Jacobs unterstützen ... und sehr gern haben. "Kobold Nr. Vier" bildet den Auftakt der drei neuen Folgen (ab 4. Januar, jeweils donnerstags, 20.15 Uhr, im Ersten).
Jule und "ihr" Komissar
prisma: Ein Interview am frühen Morgen – Sind Sie eher Nachteule oder Morgenmensch?
Marleen Lohse: Eher ein Morgenmensch, aber jetzt habe ich gerade einen kleinen Kita-Infekt mit Fieber, da ist es für mich eigentlich noch mitten in der Nacht (lacht).
prisma: Ihr "Nord bei Nordwest"-Kollege Hinnerk Schönemann hat in der Folge "Der doppelte Lothar" zum zweiten Mal neben der durchgängigen Hauptrolle auch die Regie übernommen. Wie war die Zusammenarbeit für Sie mit dieser Aufgabenverteilung?
Marleen Lohse: Natürlich war ich vom ersten Drehtag an aufgeregt, obwohl wir uns seit vielen Jahren in einer anderen Funktion kennen. Ich hatte keine Zweifel, dass Hinnerk das wunderbar machen würde, aber man muss sich trotzdem umgewöhnen, wenn jemand in einer anderen Funktion am Set ist. Aber es hat schon beim ersten Film sehr gut funktioniert, und jetzt beim zweiten hatte man sich noch mehr eingegroovt. Es ist schon anders als mit anderen Regisseuren, denn er hat einen anderen Blick auf die Dinge, weil er eben auch vor der Kamera steht und weiß, was das bedeutet.
prisma: Inwiefern?
Marleen Lohse: Er ist sehr präzise in der Ansage, wie man die Szene angeht, und das hilft sehr. Und er ist sehr verspielt und wagt wirklich viel, sowohl visuell als auch vor der Kamera mit seinem besonderen Humor. Im neuen Film gibt es viele visuelle Spielereien, was ich sehr gerne mag. In dem Kinofilm "Cleo" bei dem ich damals mitgeschrieben habe, geht es auch um ganz viele visuelle Effekte, das ist eins meiner großen Themen in meiner Arbeit. Dass Hinnerk das auch ausreizt, hat mir gefallen. Ohne dass es begründet ist, hat man manchmal das Gefühl, der Film "Der doppelte Lothar" spielt in einer anderen Zeit. Man fühlt sich ein wenig zwischen den Welten, aber ich will nicht zu viel verraten. Dadurch, dass wir schon so viele Geschichten erzählen konnten, haben wir jetzt die Möglichkeit, mehr Dinge auszuprobieren. Ich hoffe, dass die Zuschauer auf diese Fantasiereisen mitgehen.
prisma: Wie lange würden Sie denn noch mitgehen auf der Reise "Nord bei Nordwest"?
Marleen Lohse: Wenn Jule und der Kommissar sich weiter näherkommen, sind die Figuren wahrscheinlich sehr bald auserzählt. Das war schon immer das Damoklesschwert, das darüber hängt, wenn eine Dreierkonstellation aufgelöst wird. Auf der anderen Seite gibt es ständig neue Geschichten zu erzählen. Mit den Filmen haben wir bisher bewiesen, dass man immer eine neue Facette von Schwanitz zeigen kann. Ich habe sehr viel Spaß mit dem Team und an der Umgebung, es ist sowieso alles sehr familiär geprägt, weil ich ja aus dem Norden komme. Ich habe große Lust, noch möglichst viel Zeit in Schwanitz zu verbringen (lacht).
Schwedische Bilderbücher als Vokabeltrainer
prisma: Sie kommen aus Soltau, der Stadt mit Norddeutschlands schönstem Freizeitpark ...
Marleen Lohse: Oh ja (lacht). Ich bin da aber nur geboren, habe die ersten fünf Jahre in Niedersachsen gelebt und bin dann am Rande von Hamburg aufgewachsen. Meine Eltern sind inzwischen wieder zurückgezogen in ihr altes Heimatdorf an der Nordseeküste, und natürlich gibt es noch enge Beziehungen nach Hamburg, schon wegen der Arbeit, aber auch weil meine Schwester dort wohnt. Die weitere Familie, meine Tanten und Onkel, die Oma, die leben jetzt alle zusammen mit meinen Eltern in dem Dorf.
prisma: Das klingt nach idyllischen Familienleben, fast wie in Bullerbü ...
Marleen Lohse: So ist es. Sehr viel, sehr laut, eine Riesenfamilie mit immer mehr Kindern (lacht). Wir feiern immer zusammen Weihnachten, aber dieses Jahr werden wir uns neu orientieren, weil ich jetzt einen kleinen Sohn habe, und wir schauen, wie wir meine eigenen Traditionen und die die meines Mannes – seine Mutter ist in Schweden aufgewachsen, da feiert man ganz anders – zusammen unter einen Hut bekommen. Wir sind gerade am Planen, wie wir das alles hinkriegen.
prisma: Sie erzählen gern von Ihrer Leidenschaft für Schweden und verbringen viel Zeit dort ...
Marleen Lohse: Absolut. Schweden ist für viele ein Sehnsuchtsort. Ich habe mal einen Film dort gedreht und hatte das Gefühl, ja, hier könnte ich bleiben. Sofort. Die Familie meines Mannes hat ein kleines Sommerhaus an der schwedischen Westküste. Dort verbringen wir natürlich die Sommer, haben uns aber auch schon öfter im Winter dort eingemuckelt. Es ist wirklich traumhaft schön, die Ruhe, die Weite. Ich bin jedes Jahr mehrfach in Schweden und habe auch sehr ambitioniert angefangen, die Sprache zu lernen, aber dann habe ich es leider schleifen lassen (lacht). Im nächsten Urlaub lerne ich wieder ein bisschen weiter. Zum Glück ist die Grammatik nicht allzu schwer, aber die Aussprache ist eine kleine Herausforderung.
prisma: Schauen Sie manchmal zum Üben schwedische Filme mit Untertiteln?
Marleen Lohse: Ja, das haben wir versucht, aber dann lese ich nur (lacht). Mein Mann spricht fließend Schwedisch, von daher sind unsere Dialoge noch sehr einseitig und monothematisch. Was wirklich gut hilft, eine Sprache zu lernen, sind Kinderbücher. Denn zu den Vokabeln gibt es immer gleich das entsprechende Bild dazu. Mein Sohn wächst zweisprachig mit Schwedisch und Deutsch auf.
"Jule spricht schneller als sie denkt!"
prisma: Sie haben die norddeutsche Heimat verlassen und leben In Berlin. Was hat die Hauptstadt, was Hamburg nicht hat?
Marleen Lohse: Ich hatte in Berlin einen Platz an der Schauspielschule, was für mich entscheidend war. Es hat mir auch irgendwie gut getan, die Heimatstadt zu verlassen und mit Anfang 20 eigene Wege zu gehen. Dabei war ich mir absolut sicher, dass ich nicht länger bleiben würde als bis zum Ende des Studiums. Jetzt bin ich länger als 13 Jahre hier (lacht). Aber es hat sich so ergeben, weil ich dann am Theater war. Für mich ist Hamburg zwar die schönere Stadt, Berlin hat dafür raue Herzlichkeit. Und natürlich habe ich meine Freunde aus dem Studium hier, viele Menschen, die mir viel bedeuten. Ich habe ein Netzwerk, das ich missen würde, sobald ich wegginge. Trotzdem: Immer, wenn ich nach Hamburg komme, denke ich, ach Mensch, ist das eine schöne Stadt. Ich liebe das Wasser und die Nähe zum Meer, den Humor.
prisma: Wie organisieren Sie jetzt Dreharbeiten? Beim Dreh der jüngsten "Nord bei Nordwest"-Folgen war Ihr Sohn vier Monate alt.
Marleen Lohse: Ja, das war sehr früh. Mein Mann war das Jahr in Elternzeit, ich habe gearbeitet. Das war super, weil auch meine Schwiegermutter in Hamburg ist. So war der Kleine dann bei der Oma und bei meinem Mann, und ich war Drehen und bin abends so schnell wie möglich nach Hause gefahren. Das war eine sehr intensive Zeit, weil die Nächte ja auch noch sehr durchwachsen sind mit einem Kind in dem Alter. Irgendwie hat es funktioniert, und es tat uns als Familie sehr gut.
prisma: Welche Gemeinsamkeiten sehen Sie zwischen sich und Jule?
Marleen Lohse: Sie hat eine gewisse Lebensfreude und Offenheit, aber dieses sehr Impulsive und Losplappern und sich ein bisschen zu sehr für die Dinge anderer Leute zu interessieren, das ist dann doch nicht ganz so mein Thema. Jule lebt in ihrer ganz eigenen Welt.
prisma: Was mögen Sie an ihr?
Marleen Lohse: Ich mag, dass sie zupacken kann, dass sie ein klares Ziel hat und überhaupt sehr klar ist und dass sie jeden unterstützt. Sobald Not am Mann oder ein Tier krank ist, hat Jule das Herz einer Kämpferin. Gleichzeitig hat sie etwas sehr Kindliches. Das mag ich, und auch, dass sie schneller spricht als denkt. Da habe ich oft lange Textstrecken, in denen sie so viel erzählt und nichts sagt (lacht). Ich liebe es, so etwas zu spielen, weil darunter natürlich immer eine Botschaft liegt. Es geht dann nicht um das, was man sagt, sondern darum, warum man so viel sagt, was der Gefühlszustand ist. Darum macht es so viel Freude, Jule zu spielen, denn sie fühlt sehr viel.
Snowboard, Skier ... Babyschlitten
prisma: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie so viel Text auswendig lernen müssen? Gibt es eine bestimmte Vorgehensweise?
Marleen Lohse: Am liebsten mache ich das zu Hause beim Hin- und Herlaufen und dabei irgendwas anderes machend. Ich nehme mir immer den Gegenpart auf und spiele das auf dem Handy ab. Dann mache ich Pausen und versuche das im Dialog hundertmal zu sprechen, sodass es einfach in den Körper geht, um es dann am Set parat zu haben. Und es hilft wirklich, was anderes dabei zu machen, damit es in beide Gehirnhälften richtig tief einsickern kann. Als ich noch am Theater war, bin ich immer vor mich her murmelnd durch die Stadt gelaufen. Ich muss immer in Bewegung sein und kann nicht am Tisch einen Text lernen. Da dachten bestimmt viele, was ist mit dieser Frau los? Aber das ist natürlich beim Film ein bisschen anders. Wenn eine Szene abgedreht ist, ist der Text auch sofort gelöscht. Dann ist Platz für Neues.
prisma: Sie sind passionierte Wellenreiterin. Haben Sie auch ein spezielles Winter-Hobby?
Marleen Lohse: Bevor ich mit Surfen angefangen habe, bin ich ganz viel Snowboard gefahren und jetzt seit einigen Jahren wieder auf Skier umgestiegen. Das wird leider dieses Jahr ausfallen aufgrund der Familiensituation. Ich hoffe, es schneit vielleicht ein bisschen hier, dann wird dieses Jahr der Schlitten unser Sportgerät.
prisma: Was mögen Sie am Winter?
Marleen Lohse: Es kommt immer darauf an, wie der Winter sich zeigt. Der letzte Winter war natürlich sehr davon geprägt, dass wir uns mit Kind eingerichtet haben. Generell kann ich nicht behaupten, dass ich ein großer Fan vom oft so grauen Berliner Winter wäre. In der Anfangsphase mache ich es mir drinnen gemütlich und lese sehr gerne. Man kann sich einmummeln, ohne dass man ein schlechtes Gewissen haben muss, weil man draußen irgendwas verpasst. Ich kann dann die Zeit intensiv mit Musikmachen verbringen. Seit anderthalb Jahren arbeite ich an meinem eigenen Album, das endlich Mitte nächsten Jahres veröffentlicht wird. Zusammen mit dem Musiker und Produzenten Andi Fins habe ich Lieder komponiert und eingespielt. Dieses Projekt hat mir das Gefühl gegeben, dass der Winter viel schneller vergeht – sogar der graue Berliner Winter.
"Ich liebe Tiere!"
prisma: Haben Sie selbst diese ausgeprägte Liebe zu Tieren wie Ihre Filmfigur Jule oder gibt es ein Haustier?
Marleen Lohse: Ich liebe Tiere! Sehr gerne hätte ich wieder eins, denn ich bin mit einer Katze aufgewachsen. Meine Großeltern hatten auch Gänse. Ich habe früh angefangen, "Die Kinder vom Alstertal" und "Süderhof" zu drehen, wo ich sehr eng mit Pferden und diversen anderen Tieren spielen durfte.
prisma: Bestimmt haben Sie viel mit den Tieren am Set erlebt. Was war ein besonderes Erlebnis für Sie?
Marleen Lohse: Wir haben mit einem Makaken-Affen gedreht. Eigentlich mag ich es nicht, mit exotischen Tieren zu drehen. Mit dem Tier als Drehpartner hat es leider nicht funktioniert. Die Szene wurde dann so geschnitten, dass wir gar nicht aufeinandertreffen, denn dieser Affe hatte seinen ganz eigenen Kopf und natürlich keine Lust, am Set zu sein. Ein Highlight waren auch die Waschbär-Babys, die waren zu niedlich und kullerten überall rum.
prisma: Sind Sie jemand, der sehr auf Tierwohl bedacht ist – zum Beispiel auch, was das Thema Fleischkonsum angeht?
Marleen Lohse: Ja, privat wie am Set. Deswegen war es auch eine Ausnahme, dass wir einen Affen da hatten. Es war eine Trainerin dabei, die sogar mit ihm zusammenwohnt, da hatte alles seine Richtigkeit. Trotzdem ist es immer unvorhersehbar, mit Tieren zu drehen, und man muss den Rahmen so gestalten, dass es für alle angenehm und keine Belastung ist. Beim Kauf von Lebensmitteln achten wir sehr auf das Wohl der Tiere. Ich war eine Zeit lang Vegetarierin und esse auch heute sehr wenig Fleisch. Hin und wieder kommt es mal vor.
prisma: Wenn Sie Ihren Infekt auskuriert haben, was kommt als Nächstes?
Marleen Lohse: Ich mache jetzt ein Hörspiel für den NDR, dann habe ich eine kleine Rolle im ZDF-Film "Pärchenabend", und dann geht's wieder los mit dem neuen Film aus der Reihe "Nord bei Nordwest", von der auch dieses Jahr wieder drei Folgen gedreht werden, und es gibt noch einiges zu tun, um das kommende Album fertigzustellen. Darauf freue ich mich besonders.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH