"Zwei Jahre Therapie haben mir geholfen!" - Hanna Plaß im Gespräch







Dass der Weg zu einem gesunden Selbstwertgefühl nicht immer geradeaus führt, wissen wir wohl alle. Doch gesprochen wird darüber selten. Schauspielerin Hanna Plaß macht da eine Ausnahme. Offen und ehrlich erzählt sie im Interview davon, wie herausfordernd es sein kann, sich selbst als gut genug zu empfinden. Neben den emotionalen Themen spricht die charismatische 36-Jährige auch über ganz praktische Sorgen: finanzielle Ängste und wie sie lernt, damit umzugehen. In ihrem neuen Film "Nächte vor Hochzeiten" (Samstag, 9. August, 20.15 Uhr, ARD) übernimmt sie die Rolle einer jungen Frau mit Hochzeitsplänen – bis ihr Verlobter sich ausgerechnet auf seinem eigenen Junggesellenabschied neu verliebt. Ein Drama, das zwischen Komik und Herzschmerz balanciert und nah dran ist am echten Leben.
"Das Bild hat mit der Lebensrealität von Schauspieler so gut wie nichts zu tun"
prisma: Im Film "Nächte vor Hochzeiten" verkörpern Sie Saskia. Sie kommt nicht mit ihrem Studium voran und steckt in einer Phase ihres Lebens, in der es nicht wirklich weiterzugehen scheint. Kennen Sie so etwas aus Ihrem eigenen Leben?
Plaß: Ja, auf jeden Fall. Ich stoße ständig an diese Vorstellung, die ich von meinem Leben habe. Vor allem, was den Beruf angeht: In der Schauspielerei hat man es mit einem ganzen Paket an Erwartungen zu tun. Man muss über den roten Teppich laufen, Kameras sind auf einen gerichtet, und natürlich sollte man im besten Fall diesen einen großen Preis gewinnen. Man braucht die Hauptrollen, und dann verliebt man sich idealerweise noch in den Schauspielkollegen. Das ist doch dieses Idealbild, das so mitschwingt.
prisma: Woher rührt das?
Plaß: Ich glaube, es gibt da so eine gewisse Vorstellung, eine Art Fahrplan, wie man als Schauspieler Leben und Karriere zu gestalten hat – zusammengesetzt aus Gala-Berichten und Oscarverleihungen. Aber das Bild hat mit der Lebensrealität von Schauspieler so gut wie nichts zu tun. Trotzdem habe ich lange versucht, diesen zum Teil kruden Erwartungen zu entsprechen. Bis ich irgendwann gemerkt habe: Moment mal – wo stehe ich eigentlich? Und wie soll mein Leben wirklich sein?
"Es fällt mir wirklich schwer, liebevoll mit mir umzugehen"
prisma: Wie schafften Sie es, sich von diesen Idealvorstellungen zu lösen?
Plaß: Ehrlich gesagt, bei mir ging es nur über das Scheitern. Ich weiß nicht, ob es überhaupt einen anderen Weg gibt (lacht). Es war unglaublich schmerzhaft, aber gleichzeitig auch eine riesige Befreiung. Weil ich dann mein eigenes Leben angefangen habe, losgelöst von all den Ansprüchen.
prisma: Ihre Rolle ist besonders dem Erwartungsdruck des Vaters ausgesetzt. Haben Sie manchmal auch privat damit zu kämpfen, es anderen recht machen zu müssen?
Plaß: Ich habe das große Glück, keinen Erwartungsdruck von außen zu spüren. Der meiste Druck kommt von mir selbst. Ich setze mich oft unter Stress, weil ich das Gefühl habe, höher, schneller und weiter kommen zu müssen. Es fällt mir wirklich schwer, liebevoll mit mir umzugehen, mich selbst zu beruhigen und mir das Gefühl zu geben, gut genug zu sein – so, wie ich bin. Ich muss mich immer wieder bewusst daran erinnern: Es ist gut so, wie du bist.
prisma: Wer oder was hilft Ihnen, wenn Sie mit solchen Gedanken zu kämpfen haben?
Plaß: Meine Freunde und meine enge Familie. Ich habe großartige Schwestern, ohne sie wäre das alles nicht so einfach. Auch zwei Jahre Therapie haben mir geholfen.
"Menschlich, nachvollziehbar und gleichzeitig so unglaublich dramatisch"
prisma: Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie das Drehbuch zum Film "Nächte vor Hochzeiten" gelesen haben?
Plaß: Dass Sathyan Ramesh wirklich ein hervorragender deutscher Autor ist! Er schafft es, Romanzen zu schreiben, die von großartig gezeichneten Charakteren leben. Bei ihm hat das alles einen ganz eigenen Kern. Genau deshalb war ich beim Lesen total begeistert. Es gibt immer wieder Szenen, bei denen man denkt: "Oh nein! Oh Gott, machen die das jetzt wirklich?!" Was erzählt wird, ist menschlich, nachvollziehbar und gleichzeitig so unglaublich dramatisch.
prisma: Sie kommen aus Wunsiedel. Ein Ort mit knapp 9.000 Einwohnern. Wie kamen Sie darauf, Schauspielerin zu werden?
Plaß: (Lacht) Schauspielerin wollte ich tatsächlich schon immer werden. Das wusste ich schon ganz früh. Glücklicherweise gibt es in Wunsiedel wundervolle Naturbühnen-Festspiele, bei denen Schauspielerinnen und Schauspieler aus Berlin und München im Sommer auf der Bühne stehen. So habe ich schon als Kind erfahren, dass man Schauspiel studieren sollte, um das Handwerk zu erlernen. Also habe ich genau das getan und schon früh nach Orten gesucht, an denen ich spielen kann. Sei es bei den Luisenburg-Festspielen selbst oder auch in der Schule. In der Region habe ich wirklich jede Gelegenheit genutzt, um Bühnenerfahrung zu sammeln.
prisma: Sind Sie noch immer mit Wunsiedel verbunden?
Plaß: Ja, und auf eine Sache freue ich mich besonders: Diesen Sommer spielen wir bei den Naturfestspielen. Dort gibt es einen Museumshof, auf dem wir viele witzige Aktionen veranstalten werden. Ich bin sehr gerne in Wunsiedel. Ich liebe die Menschen und die Region wirklich sehr.
"Ich kämpfe immer mit der Angst, dass alles schiefgehen könnte"
prisma: Gab es neben der Schauspielerei auch mal einen Plan B?
Plaß: Der Plan B war die Musik. Ich war immer Teil von vielen Bands. Aber generell halte ich nicht viel von diesem Konzept mit Plan A und Plan B. Bei mir gibt es nur Plan A, und den muss ich auch sofort umsetzen. Bedeutet aber auch, ich habe ständig viel zu tun und kämpfe immer mit der Angst, dass alles schiefgehen könnte. Manchmal reicht der Raum einfach nicht für alles. Das ist so ein ewiger Konflikt in meinem Leben (lacht).
prisma: Sie haben bereits in jungen Jahren unter dem Namen Ginger Redcliff Musik gemacht. Was denken Sie heute über Ihre Songs von früher?
Plaß: Das wäre wirklich spannend, sich mal die alten Lieder anzuhören. 2022 habe ich ja auch eine neue Platte veröffentlicht, allerdings unter meinem eigenen Namen. Ich weiß, dass ich gut singen kann, und für mich ist Musik eine wunderbare Möglichkeit, etwas von mir zu zeigen. Sie ist ein besonderer Kanal, um den Emotionen freien Lauf zu lassen. Es geht auch darum, eine bestimmte Energie in die Welt zu bringen. Ich finde, bei einem Song spürt man immer genau, wo die Person emotional steht, und das ist wirklich etwas Besonderes. Wenn ich dann zurückblicke auf meine Anfänge, erinnere ich mich an all die Emotionen, die damals da waren. Ich wollte immer eine eigene Magie erschaffen.
prisma: Worin liegt für Sie der Unterschied zwischen der Arbeit am Theater und dem Spielen für Film und Fernsehen?
Plaß: Denzel Washington hat einmal gesagt: "Theater is for actors and film is for filmmakers." Und das trifft es total. Im Theater kannst du den Raum spüren, die Energie darin wahrnehmen und sie aktiv lenken. Beim Film dagegen ist der technische Aspekt viel dominanter, weil die Kamera ganz genau auswählt, was sie zeigt. Ton und Schnitt können dabei noch viel verändern. Schauspielerisch bedeutet das: Man muss ein ganz anderes Loslassen in die Situation finden. Im Theater hast du die Möglichkeit, den Moment bewusst zu steuern – im Film hingegen ist das nicht mehr so einfach.
prisma: Wenn Sie sich zwischen dem Theater und dem Film entscheiden müssten, was würden Sie wählen?
Plaß: Alles ist super, so wie es gerade kommt!
"Es bleibt die Sorge, dass ich irgendwann nicht genug haben könnte"
prisma: Die Schauspielerei und die Musik sind zwei Berufsfelder, in denen das feste Einkommen nicht immer garantiert ist. Macht Ihnen das Sorgen?
Plaß: Absolut, und das ist wirklich eine spannende Frage. Ehrlich gesagt, selbst nach 15 Jahren Berufserfahrung ist das mit dem Auskommen noch kein Selbstläufer. Für mein letztes Album habe ich beispielsweise meinen Bausparvertrag aufgelöst. Mittlerweile sieht die Situation wieder deutlich besser aus, und ich versuche, mir mehr Stabilität aufzubauen. Trotzdem bleibt die Sorge, dass ich irgendwann nicht genug haben könnte.
prisma: Was tun Sie gegen diese Angst?
Plaß: Seit Jahren versuche ich, mir endlich mal die Zeit zu nehmen, um mich richtig damit zu beschäftigen, wie ich mein Geld anlege. Aber es gibt einfach immer zu viele andere Dinge, die Vorrang haben (lacht).
prisma: Sie drehen gerade einen neuen ZDF-Krimi. Was dürfen Sie schon verraten?
Plaß: Ja, ich stehe gerade für den neuen Krimi "Blutsbande – Mord im Teutoburger Wald" vor der Kamera. Ich spiele eine Kommissarin, gemeinsam mit meinem Kollegen Jakob Benkhofer. Und danach freue ich mich auf einen großartigen Sommer mit "SingSisySing", einem wunderbaren Vokalprojekt mit befreundeten Musikerinnen und Musikern, bei dem wir gemeinsam auf der Bühne stehen und Lieblingslieder singen. Außerdem lohnt es sich immer einen Blick in die Mediathek zu werfen. Zum Beispiel auf "Das gläserne Kind", ein intensiver Fernsehfilm, der mir sehr am Herzen liegt. Und im Herbst läuft mein Kurzfilm "Wale vs. Wildnis" über meine Großmutter.
prisma: Worum geht es?
Plaß: Es ist ein Western! Es geht um meine Oma und ihren sehr entschlossenen Kampf gegen einen Maulwurf. Der Film wird in mehreren Kinos in Nordfriesland laufen.
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Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH