Wie fühlt es sich an, bei den Passionsfestspielen Jesus oder Maria zu spielen. Collien Ulmen-Fernandes hat sich bei den Passionsfestspielen in Oberammergau umgesehen und mal nachgefragt.
Eben hat sie als Schiffsärztin Kapitän Parger (Florian Silbereisen) auf dem "Traumschiff" nach dessen Fußverletzung noch ärztlich versorgt. Im ZDF aber ist Collien Ulmen-Fernandes (40), die Mitwirkende in über 50 TV-Filmproduktionen, auch an christlichen Feiertagen in moralisch-ethischer Feldforschung unterwegs.
Wollte sie an Ostern noch wissen, wie es sich mit der "Moral" der Menschen und ihren heutigen Wertvorstellungen verhält, so ist sie am Pfingstmontag nun in Oberammergau unterwegs, um bei den dortigen 42. Passionsfestspielen die Innenwelt der frommen Laienspieler zu erkunden und sich mit ihnen über Tradition und Aktualität des Spiels zu unterhalten. "Leben mit Passion", heißt der Film der Frau, die fragt: Wie fühlt man sich als Theater-Jesus oder als Marien-Darstellerin? Was macht das mit einem, wieviel nimmt man davon in den Alltag mit?
Seit 1634 werden sie aufgeführt, die Oberammergauer Passionsfestspiele, nach einem Gelübde zur Abkehr der Pest. Lange belächelt, brachte der neue Festspielleiter Christian Stückl vom Münchner Volkstheater dem Laienspiel mit seinen 2.000 Mitwirkenden neuen Schwung – die Mär von den bösen Juden, die Christus ans Kreuz genagelt hätten, wurde ausgeräumt. Fünf Stunden dauert das Freiluft-Spektakel immer noch, 500.000 Besucher aus aller Welt werden insgesamt bis Oktober erwartet.
Wenn sich Collien Ulmen-Fernandes unter Volk und Darsteller mischt, sind die Spiele bereits mehrere Wochen im Gange. Um zwei Jahre mussten sie wegen Corona verschoben werden, die fortwährenden Tests führten auch jetzt noch während der Proben zu sehr viel Stress. Nur Einheimische dürfen bekanntlich auf die Festspielbühne, was Collien Ulmen-Fernandes bedauert. Im Schultheater biblisch erprobt, weiß sie, dass es – bis auf wenige Ausnahmen – die "eiserne Regel" gibt: Nur Oberammergauer dürfen mitmachen beim Passionsfestspiel.
"Ich frag' mal ganz nett, glaube aber nicht, dass sie für mich eine Ausnahme machen", sagt sie trotzdem, "vor allem würde mich interessieren, welche Rolle mir der Regisseur Christian Stückl zuteilen würde. Vielleicht darf ich ja einen Komparsen-Ochsen spielen, der im Hintergrund herumsteht." Sie erinnert sich noch genau ans Lampenfieber auf der Schulbühne, an die Angst davor, den Text zu vergessen und daran, wie es ist, für seine Darbietung Applaus zu bekommen, wenn's gut läuft. "Wie muss das sein, wenn man mit 2.000 Menschen – jung und alt – aus einem Ort an so einem Megaereignis wie den Passionsspielen beteiligt ist?"
Nahezu überwältigt zeigt sie sich von der Oberammergauer Festspiel-Tradition. "Das ist eine beeindruckende Leistung aller Oberammergauerinnen und Oberammergauer von damals bis heute", so sagt sie, "das zeugt von einem kompromisslosen und unerschütterlichen Willen der Menschen, die hier leben. Und natürlich spielt auch der christliche Glaube eine große Rolle und ist vermutlich der Motor und Antrieb für das Durchhaltevermögen der Menschen." Das alles will sie im Film in Gesprächen mit "Jesus", "Maria" und vor allem mit Christian Stückl, dem Oberammergauer Regisseur aus Leidenschaft, beweisen.
Leben mit Passion – Collien Ulmen-Fernandes in Oberammergau – Mo. 06.06. – ZDF: 18.15 Uhr