"Das Schweigen der Esel": Der Mörder und die Dorfpolizistin
Es geschehen grausame Morde. Eine Schwimmerin wird im Becken umgebracht, einer Bäuerin wird der Kopf abgeschlagen. Der frühere Doppelmörder Jonas Horak (Karl Markovics) gibt der Dorfpolizistin Sophie Landner einen Tipp für ihre Ermittlungen. Es beginnt ein packendes Katz-und-Maus-Spiel.
Eine Schwimmerin wird von einem Mörder untergetaucht, eine Bäuerin wurde geköpft. Im ersten Fall hat eine am Beckenrand sitzende Katze zugeschaut, im zweiten flattert ein Hahn krächzend über den Hof. Der in einer geschlossenen Anstalt einsitzende Doppelmörder Jonas Horak warnt die Dorfpolizistin Sophie Landner vor weiteren Morden. Es sei offensichtlich, dass der Täter sich die "Bremer Stadtmusikanten" der Gebrüder Grimm zum Vorbild nahm. Es gelte jetzt, schnell den Besitzer eines Esels zu finden, Hunde gebe es ohnehin genug. Das Katz-und-Maus-Spiel, das den neuen ORF-Landkrimi "Das Schweigen der Esel" (Drehbuch, Regie und Hauptrolle: Karl Markovics) prägt, hat nichts von der sonst üblichen Mördersuche an sich. Vielmehr begegnen sich der psychopathische Täter und die eifrige Polizistin, die Horak vor zwei Jahren verhaften konnte, mit schweigendem Einverständnis.
"Nein, nicht den Gemüsegarten!"
Jeder scheint den anderen zu schätzen und wirft ihm so gar nichts vor. Horak hat sich in der Anstalt eingerichtet, die Direktorin hat ihm einen Job als Gärtner im "halboffenen Vollzug" besorgt, er fühlt sich als Gärtner wohl. "Hätte ich als Kind schon mein eigenes Gemüse gehabt", so behauptet er in einem lichten Moment, "wäre aus mir nie ein psychopathischer Doppelmörder geworden."
Damals, vor zwei Jahren, als ihn die Dorfpolizistin verhaftete und damit vorübergehende Berühmtheit erlangte, war das noch anders. Horak hatte ihr vorgeworfen, sie habe "einen Dämon" laufen lassen und in ihm den Falschen gefasst. Damals sprang er auf den Richtertisch und riss gar den Bundesadler wutentbrannt von der Wand, wie in einer Rückblende zu sehen ist. Jetzt allerdings ist die Direktorin der forensischen Anstalt vor allem auf die Polizistin sauer, weil sie wieder Unruhe in den Laden bringt.
Markovics schrieb in Fortsetzung des vorherigen Landkrimis aus Vorarlberg (Drehbuch: Michael Kehlmann) meisterhafte Dialoge, mit viel Witz und Surrealität. "Nein, nicht den Gemüsegarten!", ruft er beispielsweise aus, als ihm die Anstaltsdirektorin die Gartenarbeit nehmen will. In seiner Freizeit trägt der aus der Zeit Gefallene unter dem Vollbart ein blütenweißes, frisch gebügeltes Hemd – es grüßt der Kaiser Franz Josef wie aus einem alten Gemälde.
Ein stimmiger Krimi
Der Sträfling, der allen Aufforderungen eines Mitgefangenen zur gemeinsamen Flucht widersteht (Gerhard Liebmann ist als tumber Tor sensationell), die aufrechte Polizistin, die sich längst als Kriminalistin beworben hat, und die gestrenge Direktorin (Caroline Frank) sind ein magisches Dreieck. Dass Horak alle Schuld seinem Assistenten zuschiebt, daraus hätte leicht ein Horrorstück werden können, doch die Dialoge machen aus diesem Landkrimi eine Komödie, die von raffinierten Wortwitzen und leise-komischen Situationen lebt. Dass die Story nicht weiter viel mit den "Bremer Stadtmusikanten" zu tun hat, sei gerne verziehen. Im Gegenteil: Man müsste sich fragen, ob nicht künftig jeder Krimi von Schauspielern, Autoren und Regisseuren (jeweils gerne auch -innen) in Personalunion gemacht werden sollte. Hier stimmt eigentlich alles, vieles ist mit einem Augenzwinkern versehen, und selbst das Gendern wird hier mit leichter Hand immer wieder mal schmunzelnd thematisiert.
Was aber haben die Ösis mit den 1.000 Litern Rotwein gemacht, die sie beim undotierten Deutschen KriminalFilm-Preis 2023 in Wiesbaden gewonnen haben? Hat der Wiener Markovics den rheinischen Rotwein mit Heurigem aus Grinzing getauscht, oder doch die Wein-Eulen nach Athen getragen?
Das Schweigen der Esel – Fr. 12.01. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH