Überraschung beim Restaurant-Retter

Harte Arbeit für Frank Rosin: Tolles Potenzial schlecht genutzt

12.01.2024, 09.51 Uhr
von Jürgen Winzer

"Die stehen vor einer Goldgrube, haben aber keine Schippe dabei." So umschreibt Restaurant-Retter Frank Rosin die Herkules-Aufgabe im "Naturfreundehaus Strümpfelbach". Kann er das darbende Ausflugslokal in idyllischster Toplage fit für die Zukunft und vor allem für den Winter machen?

"Alles scheint hier tipptopp, und trotzdem ist der Wurm drin. Ich such ihn noch." Frank Rosin (57) ist bei seiner neuesten Aufgabe bei "Rosins Restaurants" (Kabel Eins) verwirrt. Denn eigentlich ist das "Naturfreundehaus Strümpfelbach" ein gastronomisches Juwel. Malerisch gelegen auf einem Weinberg mit unverbaubarem Blick über das Remstal östlich von Stuttgart ist das Ausflugslokal, das Andreas (49) und Lubiza (48) Schulz seit 15 Monaten führen, laut Rosin "wie ein Spielplatz für Gastronomen." "Da könnte man hervorragende Dinge zelebrieren", meint Rosin. An Engagement und Herzblut mangelt es seitens der Pächter auch nicht. Woran hapert's dann?

"Wir haben uns in den Blick übers Remstal verliebt." Deshalb hat sich das Ehepaar Schulz entschlossen, "unser Leben umzukrempeln". Sie gaben ihre drei Bio-Supermärkte auf und übernahmen das "Naturfreundehaus Strümpfelbach". Sie haben gerödelt und malocht, auch mithilfe ihrer Töchter, haben seit einem Monat endlich einen richtigen Koch an ihrer Seite. Und trotzdem gerieten sie an ihre Grenzen. Auf den Punkt gebracht: Im Sommer brummt der Laden mit bis zu 100 Gästen pro Stunde derart, dass sie "kurz davor waren, komplett zusammenzubrechen", im Winter herrscht tote Hose. Andreas: "Im Sommer müssen wir das Geld verdienen, das uns über den Winter bringt."

Das Ass im Kochschürzenärmel: In der "Strümpfelbach"-Küche steht ein Sternekoch!

Rosins erste Eindrücke sind ernüchternd: Das gewaltige Potenzial, dass sich allein aus der grandiosen Lage des Hauses ergibt, wird weder vom leicht abgeschabten Ambiente ("Das Mobiliar ist Museumsware") noch von der Speisekarte nach innen transportiert.

In der Küche erlebt Rosin eine faustdicke Überraschung. Denn dort steht Antonio Amador (50). Der ist nicht nur der jüngere Bruder des Drei-Sterne-Kochs Juan, einem langjährigen Kumpel und auch bereits TV-Partner ("The Taste") von Rosin, sondern hat selbst 30 Jahre Koch-Erfahrung, zumeist in Sterne-Häusern in Deutschland, Frankreich, Österreich und der Schweiz auf dem Buckel. "Ein absoluter Profi", lobt Rosin und auch Andreas Schulz weiß, was er an Toni, den er selbst seit 15 Jahren kennt, hat: "Er ist ein wichtiger Baustein."

Das Problem: Toni ist eigentlich ein "Wander-Koch", den es immer mal wieder woanders hinzieht und der auch vorerst "nur bis zum Winter" bleiben will. "Ein Koch der alten Schule", meint Rosin. Und Schulz ahnt: "Wenn Toni geht, ist das der schlimmste Fall." Handwerklich ist Amador top, das checkt Rosin auf den ersten Blick. Und auch mit gesundem Selbstvertrauen ausgestattet. 40 Testesser? Amador: "Dass da viel schiefgehen kann, glaub ich nicht." Aber auch Top-Köche sind nicht vor unliebsamen Überraschungen gefeit ...

Frank Rosin: "Beim Essen hört die Romantik leider auf"

Was wie ein harmonisches Küchenteam wirkte, entpuppt sich beim Testessen stress- und chaosanfällig. Mangelnde Kommunikation, fade lauwarme Flädlesuppe, überlanges Warten auf die Hauptspeise und ein Wirt im Schlabberlook lassen sehr viel Luft nach oben. "Das ist ein Grund, nicht mehr hierherzukommen", fasst eine Testesserin ehrlich zusammen. Das Resultat: Im Schnitt drei von fünf Sternen und betretene Mienen beim Gastroteam. Rosin: "Hier ist alles so romantisch, aber beim Essen hört die Romantik auf." Der "Retter im Namen der Gastronomie" weiter: "Die Emotionalität, die Naturpotenz, fehlt auf dem Teller. Da geh ich lieber zu Mäckes."

Aufgeben? Keine Option! Das Team um Raumausstatter Florian Kogler krempelt den Gastraum um, verputzt, tapeziert, ersetzt die Möbel. Rosin bastelt derweil am Selbstbewusstsein der Wirtsleute. Die sind sich bewusst: "Es wurde schonungslos aufgezeigt, dass wir 14 Monate im Blindflug unterwegs waren." Damit das anders wird, so Rosin, brauchen die Schulzes einen dauerhaften Partner mit Kompetenz – Toni Amador. Beim gemeinsamen Grillen wird am Lagerfeuer Aufbruchstimmung entfacht, beim gemeinsamen Kochen zeigt Toni, was er alles draufhat und begeistert Rosin: "So einen netten und tollen Koch auf Augenhöhe habe ich selten erlebt." Vor allem die selbst gemachten Maultaschen hauen Rosin um: "Die sind purer Gaumensex!"

"Besser geht's nicht": Das neue "Strümpfelbach" überzeugt die Tstesser

Vor dem finalen Testessen unterbreitet Rosin dem Ehepaar Schulze eine Idee für den Winter. "Macht einen Event-Kalender und nur noch gezielt für Seminare, kleine Messen, Buffetabende oder andere kulinarische Events auf." Noch ein Tipp: das einmalige Gelände an Foodtruck- oder Gastro-Stände-Betreiber vermieten. Ein Fragezeichen kann ausgemerzt werden: Toni erklärt sich zur langfristigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit an dem "Bombenobjekt" mit den Schulzes bereit.

Die wichtigste Frage aber: Kann die unzweifelhafte Liebe, das Engagement für die gemeinsame Sache auf den Teller gebracht werden? Nach dem Motto "Nicht Reden, Taten zählen" wird für die 40 Testesser ein zweites Mal aufgefahren. Und diesmal passt alles: Vom Interieur ("Sehr gemütlich, fast wie daheim") bis zum Geschmack ("Besser geht's nicht", "So was Leckeres habe ich noch nicht gegessen") gibt's Kritikerlob und eine Verbesserung auf 4,5 von fünf Sternen.

Eine Testesserin verteilt das größtmögliche Lob: "Ich würde echt gerne wieder wiederkommen." Operation gelungen, der Patient "Naturfreundehaus Strümpfelbach" lebt.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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