ARD-Fiilm

"Die Luft, die wir atmen" feiert verspätete TV-Premiere

02.02.2022, 08.35 Uhr
von Wilfried Geldner

Eigentlich sollte der Film "Die Luft, die wir atmen" bereits im November 2021 seine TV-Premiere im Ersten feiern. Doch der unterschriebene Koalitionsvertrag und ein "Brennpunkt" kamen dazwischen. Nun holt das Erste die TV-Ausstrahlung nach. "Die Luft, die wir atmen" läuft am Mittwoch, 2. Februar 2022, um 20.15 Uhr.

Hunde bleiben mit ihrer Zunge am gefrorenen Wasser kleben, die Autos vor dem Alten- und Pflegeheim drehen sich auf dem Blitzeis im Kreis. Es ist kein leichtes Unterfangen, seine Angehörigen im Heim zu besuchen. Für manche ist es ohnehin ein letzter vergeblicher Besuch vor dem Sterben. Eine Tochter trifft verspätet ein und sieht sich gleich mit einer Toten konfrontiert. Andere versuchen, Trennungen zu überwinden und vielleicht die Partnerin wieder nach Hause zu holen. Oder sie wollen den dementen Vater endlich davon überzeugen, ihnen die Bankvollmacht zu übergeben.

Es sind skurrile bis groteske, manchmal auch tieftraurige Momente, die das Drehbuch von Julia C. Kaiser ("Die Hannas") im TV-Film "Die Luft, die wir atmen" aneinanderreiht. Regie führte Martin Enlen.

Wie improvisiert und doch ausgefeilt wirken die teils hilflosen, teils sarkastischen Dialoge, die den Darstellern abverlangt wurden. Verzweifelt kämpft etwa Rainer Bock als Ehemann um die Gunst seiner an Parkinson leidenden Partnerin (Barbara Philipp). Er möchte sie selber pflegen, wünscht sich noch einmal ein gemeinsames Leben. Dass er schroff abgewiesen wird, ist die Folge eines ersten Abgleitens in die Demenz. Oder versteckt sich die Partnerin nur hinter der Krankheit? Ein erwachsener Sohn (Thomas Loibl) wiederum sitzt schon viele Stunden am Sterbebett seiner Mutter, die Schwester hat ihn dazu angeleitet, nun muss er da durch. Das Verhältnis zur Mutter kann nicht gut gewesen sein, nun will er endlich einmal "das letzte Wort".

Sarkasmus, Alltagsrealismus und verdeckter Humor

Episodisch und unter ständigem Perspektivenwechsel zwischen dem routiniert agierenden Personal (Neda Rahmanian, Katja Studt) und den leidenden Heiminsassen werden die verzweifelten Annäherungsversuche der Verwandten zelebriert – nüchtern und ohne jede Rührseligkeit. Aus tristen Dialogen sprühen plötzliche Funken, der Heimbetrieb bietet ohnehin skurrile Situationen zwischen Speisesaal und Bettlägerigkeit. Das alles lässt sich nicht einfach unter dem Begriff "Schwarzer Humor" zusammenfassen – dafür sind die einzelnen Szenen doch zu sehr am Altenheim-Alltag dran.

"Die Luft, die wir atmen" ist kein optimistischer Film über die Demenz im Alter, wie es zuletzt einige gab. Sarkasmus, Alltagsrealismus und verdeckter Humor gehen hier eine eigenwillige Mischung ein, die den Figuren ihre Geheimnisse lässt und damit umso mehr zur eigenen Stellungnahme zwingt.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH / areh

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