"Dschihad – Europas Gotteskrieger": Die Ausbreitung des Terrors
Der Dschihad (vereinfachend: "Heiliger Krieg") schürt weltweit die Angst. Die dreiteilige Dokumentation von ARTE France blickt auf die Ausbreitung des islamistischen Terrors in Europa. Ausgehend vom Afghanistankrieg der 80er-Jahre expandierte der Terror und führte bekanntlich zu unvorstellbaren Gräueltaten.
Weitaus mehr als die Entstehungsgeschichte des islamistischen Terrors und seine Ausbreitung bis heute sind die Anschläge auf das World Trade Center vom 11. September 2001 oder der Bombenanschlag auf das Pariser "Bataclan" vom 13. November 2015 im kollektiven Gedächtnis verhaftet. Es gab 3.000 Tote in New York, 90 Tote und viele Verletzte in Paris, um nur zwei Beispiele zu nennen. – Die dreiteilige französische Doku-Serie "Dschihad – Europas Gotteskrieger" fragt nicht zuletzt danach, ob all das nicht hätte verhindert werden können, wenn man die Warnzeichen, vor allem die offensiven Hasspredigten und frühen Drohungen ernst genommen hätte. Dass sich friedliebende Muslime überall in Europa in Demonstrationen gegen den Terror aussprachen, bleibt dabei außer Betracht. Die Entstehung islamistischer Terrorzellen in den Kriegsgebieten im Afghanistan der u80er-Jahre und in Bosnien-Herzegowina in den frühen 90-ern wird jedoch in den Filmen von Magali Serre und Hugo Micheron (ARTE France, 2023) plausibel dargestellt.
"Man habe die Brandreden nicht ernst genommen"
Noch kurz vor dem Anschlag auf das World Trade Center 2001 wurden islamistische Gewaltwillige unterschätzt oder gar als Akteure in Talkshows benutzt, wie Archivaufnahmen aus Großbritannien zeigen. Andererseits reagierten britische Geheimdienste nicht, als es in Ländern wie Frankreich längst brannte. Man habe die Brandreden nicht ernst genommen, sagt ein Beamter von Scotland Yard im Rückblick.
Die Anfänge finden sich im Afghanistankrieg der Sowjetunion und im dortigen Widerstand gegen eine der "stärksten Armeen der Welt", der 1989 mit dem Abzug der Sowjettruppen endete. Als Erster organisierte Abdallah Asam, ein Jordanier palästinensischer Herkunft und späterer Lehrmeister des Geldgebers Osama bin Laden, vom pakistanischen Peschawar aus das Eingreifen arabischer "Gotteskrieger" in Afghanistan. Er wurde innerhalb kürzester Zeit einer der wichtigsten Ideologen des Dschihad und sorgte für dessen Globalisierung. Sein Konzept, Gotteskrieger aus anderen Ländern in umkämpfte Krisengebiete zu holen, sollte später Schule machen: zunächst in Bosnien-Herzegowina, später in Syrien, wo die Gründung eines sogenannten "Gottesstaates" gelang. Die wenigen grausamen, zum Teil propagandistischen Archivaufnahmen der ARTE-Filme sind nicht zuletzt wegen der damaligen Videotechnik glücklicherweise verschwommen.
"Gegen Ausländer in den Kampf zu ziehen, die in die islamische Welt eindringen"
Der Mythos des Sieges in Afghanistan hielt lange vor. Er führte zu Islamisten-Büros und Dschihadisten-Zentren in ganz Europa. Ein Übriges tat die mediale Propaganda. Eine der größten Dschihadistenzellen gab es in London, damals daher auch "Londonistan" genannt. Die Hasswellen schlugen – überraschend für heutige Zuschauer – auch auf öffentlichen Straßen hoch. Radikalen Predigern blieb Tür und Tor geöffnet. Doch noch immer ist es erstaunlich, wie cool sich etwa ein Medizinstudent aus Birmingham zum Dschihad bekennt.
Am Anfang war die Philosophie, "gegen Ausländer in den Kampf zu ziehen, die in die islamische Welt eindringen", am Ende stand der Traum vom Kalifat im Herzen Europas, sei es in Großbritannien oder in Dänemark. Die deutschen Belange kommen im Film etwas zu kurz, die Anschläge von Frankreich und ihre Herleitung aus dem algerischen Bürgerkrieg stehen im Vordergrund. Doch versierte Islamkundler, ehemalige Geheimagenten sowie die Chronologie zahlreicher Archivaufnahmen ergeben eine ebenso spannende wie ausführliche Rekapitulation – bis hin zu den Problemen der Rückführung ehemaliger Gotteskrieger und ihres Anhangs, soweit sie nicht längst hinter Gittern sind.
Dschihad – Europas Gotteskrieger – Di. 05.09. – ARTE: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH