ZDF-Krimi

"Helen Dorn – Das rote Tuch": Sex gegen Wohnung

12.03.2022, 08.37 Uhr
von Wilfried Geldner

Helen Dorn, die mittlerweile in Hamburg ermittelt, bekommt es in ihrem 16. Fall mit der autonomen Hausbesetzer-Szene zu tun. Nach dem Mord an einem Immobilienhai wird der Anführer der Gruppe verdächtigt.

ZDF
Helen Dorn – Das rote Tuch
Krimi • 12.03.2022 • 20:15 Uhr

Zu Beginn sieht alles danach aus, als wollte der neue Fall für Helen Dorn, die vom Düsseldorfer LKA nach Hamburg versetzte Kommissarin, die Hamburger linksautonome Szene thematisieren. Der Episoden-Titel "Das rote Tuch" lässt zumindest darauf schließen, gemahnt er doch nicht nur aus der Ferne an das linke Kulturzentrum "Rote Flora", auch nach Jahrzehnten noch immer ein Bollwerk des linksradikalen Widerstands. Im ZDF-Krimi (Regie: Friedemann Fromm) sind jedenfalls jede Menge Autozertrümmerer unterwegs – und dann brennt ja im Hafen auch noch ein Boot, in dem ein Liebespaar beim Sex zu verschmoren droht.

Spätestens jetzt weiß man, was die Kommissarin am neuen Arbeitsplatz Hamburg hat: eine gefährliche Szenerie und eine schwer zu toppende Elbkulisse. Friedemann Fromm setzt sie in eleganten blau-melancholischen Bildern um, passend zur stets traurigen Miene der Helen-Dorn-Darstellerin Anna Loos. Beim Umzug im 13. Fall wurde sie ja noch als Polizistin mit weichem Kern und harter Schale beschrieben und gar prophezeit, Hamburg käme ihrer Gefühlswelt besänftigend entgegen. Weit gefehlt. Jetzt presst sie ihre gestrengen Kommandos meist nur noch in kurzen Sätzen zwischen den Zähnen heraus.

Ihr Helfer Weyer (Tristan Seith) möchte man schon gleich gar nicht sein. Der wird herumgeschickt wie ein Hund, und will er nicht hören, so wird sein Name – "Weyer!" – gleich dreimal hintereinander gerufen. Immerhin darf der Frühaufsteher die Kommissarin am Morgen auf dem gemeinsamen Hausboot mit Kaffeeduft wecken. Allerdings kommt Helen Dorn ihre scharfe Strenge immer dann zugute, wenn sie die Schar der Verdächtigen verhören muss.

War es doch der Geschäftspartner?

Lag je auf dem autonomen Linken Dirk Müller (Florian Lukas) ein Verdacht, so verlagert der sich alsbald auf den Partner des toten Immo-Hais. Jan Messutat spielt ihn so bösewichtig, dass eigentlich gar kein Zweifel an seiner (Mit-)Täterschaft aufkommen kann. Dabei rückt immer mehr das Me-too-Thema anstelle von Bauskandalen in den Vordergrund. Immerhin wurde Müllers Tochter vergewaltigt, als sie sich mit dem Makler angefreundet hatte. Auch andere ließen sich für einen Tausch "Sex gegen Wohnung" ein. Warum, so das Plädoyer des Maklers, solle er nicht einwilligen, wenn ihm von weiblicher Seite was Schönes angeboten wird?

Der Autor Andreas Karlström (jüngst "Jeanny – das fünfte Mädchen", nach Falco) spielt virtuos mit allerlei Familien- und Beziehungsmustern. Verschiedene Verfolgungsjagden und Kampfszenen der Kommissarin verhindern allerdings nicht, dass es nur wenig Spannung bei der Lösung der Whodunit-Frage gibt. Humor ist verpönt, okay. Aber dass Ernst Stötzner als Helens Vater und verzweifelter Hamburger Neu-Wirt mit nur wenigen Sätzen auskommen muss, verschenkt sicher dessen betagtes Talent.

Helen Dorn – Das rote Tuch – Sa. 12.03. – ZDF: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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