Regierende Bürgermeisterin Berlins

Franziska Giffey äußert sich zum Machtverzicht: Markus Lanz vermutet andere Beweggründe stecken dahinter

17.04.2023, 14.50 Uhr
von Natascha Wittmann

Markus LanzIn der Talkrunde von Markus Lanz stellte sich die amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) den kritischen Fragen nach der krachenden Wahlniederlage. Dabei versuchte der Moderator herauszufinden, was hinter dem Machtverzicht der Politikerin in Wirklichkeit steckt. 

Nachdem die SPD Anfang im Februar ihr bislang schlechtestes Wahlergebnis in der Berliner Stadtgeschichte eingefahren hatte, ging die CDU als Sieger aus der Wiederholungswahl hervor. Bei "Markus Lanz" (ZDF) sprach die amtierende Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey nun über ihre Entscheidung, in eine Große Koalition unter CDU-Bürgermeister Kai Wegner einzutreten, ihre politische Zukunft und eine Nachricht von Angela Merkel.

Lanz vermutete einen machtpolitischen Schachzug

Zunächst stellte Giffey im Gespräch mit Markus Lanz klar: "Wir haben erfolgreich einen Koalitionsplan mit der CDU ausgehandelt. Am 27. April wird es die Regierungs-Neubildung geben und diese Zeit wird genutzt, um den Regierungswechsel gut vorzubereiten."

Wie schwer ihr die Entscheidung gefallen sei, den Posten als Bürgermeisterin aufzugeben, wollte Lanz wissen. Die SPD-Politikerin gab zu: "Das ist natürlich kein leichter Schritt". Aber es gehe darum, ein Wahlergebnis zu respektieren und zu schauen, wo die Wähler Kritik zum Ausdruck gebracht habe. "Das sind Dinge gewesen, die Veränderungen bedürfen." Giffey weiter: "Ich habe mir angeschaut, was der beste Weg für die Stadt ist." Eine Aussage, die Lanz der Politikerin nicht so richtig abkaufen wollte: "So selbstlos?" Der Moderator vermutete vielmehr einen machtpolitischen Schachzug: "In Wahrheit geht's doch darum, die Grünen kleinzuhalten und in Wahrheit geht's um die Wiederwahl von Olaf Scholz?"

Die Schwierigkeit mit der Beweislast

Franziska Giffey ließ die Stichelei nicht zu und antwortete prompt: "Es geht dabei nicht um eine Liebesheirat. Aber ich bin der Meinung, dass ein sozialdemokratisches Bündnis mit der CDU gut für die Stadt sein wird." Journalist Michael Bröcker von "The Pioneer" zollte dem Verhandlungsgeschick Giffeys Respekt, weil das Koalitionspapier stark von SPD-Themen geprägt sei und eigentlich kaum christdemokratische Akzente enthalte – "geschickt gemacht, politisch sehr klug." Weiter mutmaßte er: "Da war die CDU offenbar äußerst flexibel in den Verhandlungen [...] Das ist eigentlich ein Linksbündnis mit einem schwarzen Bürgermeister."

Respekt gab es offenbar auch von anderer Seite: Angela Merkel (CDU). "Sie hat mit dem Wort 'Chapeau' kommentiert", verriet Giffey, als Lanz auf eine Nachricht und ein Telefonat mit der Altbundeskanzlerin zu sprechen kam. Journalist Michael Bröcker relativierte aber auch: "Wenn Sie sich für Rot-Rot-Grün entschieden hätten, hätte es einen wahnsinnigen Shitstorm gegeben."

Mit Blick auf die Berliner Silvesternacht, in der unter anderem Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte attackiert wurden, schwenkte Lanz zu einem anderen Schwerpunkt über, den er sich wohlfeil überlegt hatte: "Man parkt falsch und das Gesetz schlägt sofort zu, aber bei so etwas passiert weitestgehend nichts. Das kann's doch nicht sein!" Es gebe zudem noch kein einziges Urteil, warf Bröcker ein. Giffey verteidigte sich: Natürlich sei ihr das ein wichtiges Anliegen, dem man sich annehmen müsse. Aber: "Es ist schwierig, die Beweislage zu ermitteln in so einer Nacht", so die SPD-Politikerin – und wandte sich an den Moderator. "Es geht aber um Beweise, Herr Lanz, Sie können nicht einfach jemanden in Haft nehmen, wo Sie keine Beweise haben. Deswegen ist das Thema Beweisführung so wichtig, deswegen ist das Thema Bodycams so wichtig." Ein Argument, das für den Moderator nicht zählte: "Damit schieben Sie den Schwarzen Peter in Richtung Justiz."

Mobilität nicht nur am Auto festmachen

Dann griff Lanz den Satz der Politikerin auf: "Das Thema ist Ihnen ein Anliegen. Also könnten Sie sich vorstellen, mal Bundesinnenministerin zu werden? Die noch amtierende Regierende Bürgermeisterin antwortete nüchtern: "Wir haben heute eine Diskussion über ein mögliches Bündnis und in diesem Bündnis möchte ich mitarbeiten. Alles andere steht überhaupt nicht zur Debatte im Moment. Jetzt steht an, dass Berlin mich braucht." Lanz reagierte lachend: "Das war ein klares Ja!" Doch Giffey konterte: "Ich finde es lustig, was Sie da hineininterpretieren."

Und was sie vom Posten als Bau-Senatorin in Berlin halte, hakte Lanz nach: "Das schreit doch nach Ihnen!" Giffey dementierte auch dies mit einem Lächeln und sagte: "Nein, wir verteilen heute keine Posten!" Der Moderator lenkte die Diskussion deshalb auf ein anderes Thema: die Zukunft des Städtebaus.

Dazu lieferte Architektin Fabienne Hoelzel die wohl steilste These, als sie sagte: "Die Autos müssen raus aus der Stadt. Ich glaube, dass das Auto, so wie wir es jetzt kennen, nicht zukunftsfähig ist. Das Auto ist nicht gut  - egal, ob es steht oder fährt." Bauingenieurin Christine Lemaitre sah dies kritisch und ergänzte: "Ich glaube, wir müssen schon über das Thema Mobilität reden, aber wir dürfen es nicht immer nur am Auto festmachen. Wir müssen das Leben in unseren Städten überdenken." Daraufhin warnte Lemaitre vor einer Zukunft, in der weltweit alle 30 Sekunden eine Klimaanlage verkauft wird. "Die Kühltage haben sich verdoppelt in den letzten Jahren. Wir laufen auf ein Erwärmungsklima zu – Kühlung wird immer wichtiger", so Lemaitre am Donnertag. Die Bauingenieurin scherzte daher in Richtung Franziska Giffey: "Frau Giffey, wir sind nur eingeladen worden, weil uns gesagt wurde, dass wir Ihnen alles mitgeben können und Sie setzen es um."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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