Deutsche Produktion auf Disney+

Interview mit Hauptdarsteller von "Sam – Ein Sachse": "Er wollte etwas mit allen notwendigen Mitteln durchsetzen"

17.04.2023, 13.15 Uhr
von Julian Lorenz
Malick Bauer kommt aus Bremen und spielt Samuel 'Sam' Meffire in der Disney-Serie.
Malick Bauer kommt aus Bremen und spielt Samuel 'Sam' Meffire in der Disney-Serie.  Fotoquelle: PascalBuenning

"Sam – Ein Sachse" ist eine hochkarätige deutsche Serie und erzählt die wahre Geschichte des ersten Schwarzen Polizisten Ostdeutschlands: Wir haben mit Schauspieler Malick Bauer unter anderem über den Namensgeber der Produktion sowie den Dreh der ersten deutschen Disney-Serie, die ab dem 26. April verfügbar ist, gesprochen.

Hallo Herr Bauer, Ihre Rolle in “Sam – Ein Sachse” ist Ihre bisher größte Performance als Schauspieler. Was hat Ihnen an den Dreharbeiten am besten gefallen und welche Herausforderungen haben sich ergeben?

Mir als Schauspieler, der vom Theater kommt, sind die komplexen Figuren aus der griechischen Mythologie und von Shakespeare heilig. Mit „Sam“ erzählen wir dank der Idee von Tyron Ricketts und den unglaublichen Drehbüchern von Chris Silber und Jörg Winger, der auch mit der UFA produziert hat, einen aktuelleren Moment der Zeitgeschichte, aber die Geschichte und die Figur ist ähnlich tragisch. Disney+ hat uns durchweg unterstützt. Inhaltlich sowie ökonomisch. Das war ein Geschenk, aber Aufgabe zugleich. Ich habe in diesem einen Projekt sehr viel erleben dürfen. Das unter der Lead Regie von Soleen Yusef zum Glück mit einer exzellenten Anführerin, die das Projekt auch aus voller Passion angegangen ist. Sie und ihr kongenialer Kameramann Stephan Burchardt haben großes geleistet und etabliert. Mit der entdeckungsfreudigen Sarah Blaßkiewitz und Max Preiss kamen starke Talente mit einer Vision nach. Cast und Crew waren der Wahnsinn. Das Beste waren die Menschen. Als erste deutsche Disney+ Serie und erste deutsche Highend Serie mit Schwarzem Protagonisten war das eine besondere Herausforderung und Verantwortung. Aber das wollte ich ja immer so haben. Und Pressure makes Diamonds.

Während des Drehs hatten Sie sicherlich viel Zeit, um sich in den Namensgeber und die Vorlage der Disney-Serie, Samuel Meffire, hineinzuversetzen. Was glauben Sie, welche Werte und Motive den vielschichtigen Mann einerseits zum Promi-Polizisten und andererseits zum Kriminellen gemacht haben?

Samuel ist genau wie ich bekennender Deutscher. Dieses Land kann aber noch besser werden. Er ist immer bereit gewesen sich dafür einzusetzen und zu riskieren. Tut er auch immer noch. Er hat enorm viel Energie und eine hohe Intensität. Viel innerer Handlungsdruck. Er hat des Weiteren viel Gewalt in der Familienbiografie erleiden müssen. Sein Vater wurde ermordet. Seine Mutter danach allein und trotz enormer Intelligenz überfordert. Das führt zu einer anderen Alarmbereitschaft.

Als dann nach der Wende Übergriffe wie Hoyerswerda, Lichtenhagen oder Thiendorf auf einen langsamen Polizeiapparat treffen, besonders für sein inneres Tempo, passierten ihm Fehler. Er wollte etwas mit allen notwendigen Mitteln durchsetzen. Für das Gute war er bereit das Schlechte zu tun. Fehlentscheidungen, zu denen er offen steht und für die er ja auch, wenn wir an das Justizsystem glauben, seine Strafe abgesessen hat.

Was war Ihrer Meinung nach die größte Herausforderung für den ersten schwarzen Polizisten in Sachsen?

Der kometenhafte Aufstieg durch die „Ein Sachse“ Werbekampagne in Kombination mit seinem eigenen Tempo und Tatendrang vs. die langsamen, aber notwendigen Systeme des Polizeiapparats. Diese verschiedenen Geschwindigkeiten und der Frust - das hat er nicht zusammen gekriegt. Die gleichzeitige Verrohung gegenüber Gewalt und der Dienst an der Bruchkante zum Bürgerkrieg, zumindest aus seiner Perspektive führten zu aktiven Fehlern. Niemand ist nur Opfer des Schicksals. Auch in der Serie spiele ich jemanden der entscheidet. Keinen Spielball der Zufälle.

Wie fallen die digitalen Reaktionen auf Ihre Rolle in der Serie aus? Sind diese größtenteils positiv oder haben Sie dort auch mit Hass und Hetze zu kämpfen?

Bis hierhin fühle ich, dass die Serie mit Spannung erwartet wird. Sowas gab es noch nicht. Und wir haben mit einem Team, das so aussieht wie die tatsächliche deutsche Gesellschaft und den starken Partnern von Disney, sowie der UFA abgeliefert. Ob es Leute geben wird, die sich daran stören, bleibt abzuwarten. Aber auch das gehört dann evtl. dazu. Hauptsache wir werden ein Land, das für alle die hier leben besser funktioniert. Darum geht es uns.

Was können wir aus der Handlung dieser Geschichte, die sich vor 30 Jahren abspielte, heute noch lernen?

Schmerz ist eine große Kraftquelle. Vielleicht die größte. Wir müssen weise wählen, wie wir ihn einsetzen. Der Held und der Bösewicht starten vom selben Punkt. Wer wollen wir sein? Wir erzählen aus der Perspektive von mindestens zwei Minderheiten. Schwarze Deutsche und Ostdeutsche Menschen. Wir müssen uns als Deutschland mit unserer Kolonialgeschichte und unserer ungleichen Wiedervereinigung auseinandersetzen. Die Fehler anerkennen und reparieren.

Und vor allem will ich mit der Serie beweisen, dass gute Geschichten allgemeingültig sind und es egal ist, wie die ProtagonistInnen aussehen. Menschen in ihrer Kernsubstanz bewegen und zum Nachdenken zwingen.

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