Bei "Illner"

SPD-Politikerin Manuela Schlesig über die "Realität auf kommunaler Ebene": "Gemeinsame Sache zwischen CDU und AfD"

05.04.2024, 08.59 Uhr

Wie ist der richtige Umgang mit der AFD und gibt es eine "Brandmauer" von der CDU-Chef Merz berichtete? Bei "Maybrit Illner" wurde über die rechte Partei diskutiert und über die Zukunft der Ukraine. 

Bosbach betonte: "Ich bekämpfe die AfD, weil ich konservativ bin"

2021 noch beschwor CDU-Chef Friedrich Merz die "Brandmauer" zur AfD. Diese wurde seither viel zitiert – wenngleich die Glaubwürdigkeit der Aussage nun einmal mehr auf dem Prüfstand steht. Hintergrund: Im Dresdner Stadtrat schloss sich die CDU bei einem Antrag zu einer möglichen Bezahlkarte für Asylbewerber dem Ansinnen der AfD an.

Parteichef Merz selbst verurteilte das Verfahren als "inakzeptabel", und auch sein Kollege Wolfgang Bosbach befürchtete am Donnerstagabend im ARD-Talk "Maybrit Illner": "Wenn das Schule macht, werden wir im Hinblick auf den Bundestagswahlkampf riesige Probleme bekommen."

Während Bosbach betonte: "Ich bekämpfe die AfD, weil ich konservativ bin", wagte Manuela Schwesig (SPD) einen Realitätscheck. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin konstatierte: "Die Realität vor Ort auf kommunaler Ebene ist schon längst so, dass es gemeinsame Sache zwischen CDU und AfD gibt." Auch Landrat Dirk Neubauer aus Mittelsachsen bezweifelte, dass es die Brandmauer je "richtig gegeben" habe.

Landrat bemängelt schleppende Digitalisierung

Laut Neubauer offenbare die Diskussion um die Bezahlkarte für Asylbewerber aber noch ein ganz anderes Problem: Weil der Bund nicht in die Gänge komme, starten die Kommunen einen Alleingang, was neue Schwierigkeiten nach sich ziehe. Unter anderem – aber nicht nur – auf die schleppende Digitalisierung bezogen, wählte der Kommunalpolitiker drastische Worte: "Wir laufen nicht mal mehr hinterher. Wir sind komplett lost." Angesichts der fehlenden Entwicklung seit der Flüchtlingskrise bilanzierte Neubauer resigniert: "Wo ist die Lernkurve?"

Probleme machte der Landrat aber nicht nur an dieser Stelle fest, er sah auch Bundeskanzler Olaf Scholz und dessen Kommunikationsstil kritisch. Er vermisse eine "klare Linie", monierte der 53-Jährige. "Es ist mir alles viel zu still, und diese Stille füllt sich mit unglaublich viel Unsinn, frei erfunden aus dubiosen Quellen", so Neubauer. Schon zuvor hatte er zu bedenken gegeben: "Was wir jetzt haben, sind Vernichtungsdebatten."

Dazu gehöre auch die Kontroverse um Waffenlieferungen in die Ukraine, wie sich die Gäste von Maybrit Illner einig waren. Die Ablehnung derselben bei vielen Bürgern im Nordosten nutze die AfD zu ihren Gunsten, merkte Manuela Schwesig an. Trotzdem müssen laut der SPD-Politikerin die anderen Parteien weiter klare Kante zeigen. Bei "Couchdebatten" dürfe man nicht einknicken", so Neubauer. "Krieg darf sich nie wieder lohnen", betonte Wolfgang Bosbach. Zum öffentlichen Diskurs gab er zu bedenken: "Im Moment haben wir 80 Millionen Militärexperten."

Die Situation in Österreich

Bosbachs Blick in die Zukunft fiel derweil recht düster aus. Selbst wenn die Ukraine Russland nun einen Teil ihres Territoriums des Friedens Willen zugestehe, bedeute das nicht, dass der Frieden anschließend lange bestehe, befürchtete er: "Wo steht denn geschrieben, das Putin sich nicht in drei Jahren den Rest holt? Frieden muss mehr sein als Abwesenheit vom Krieg!" Deshalb sei es alternativlos, russische Truppen dorthin zurückzudrängen, "wo sie hingehören, nämlich nach Russland, dann ist sofort der Krieg zu Ende".

Den Glauben an eine diplomatische Lösung mit Russlands Präsident Wladimir Putin hat Manuela Schwesig mittlerweile jedenfalls verloren, wie sie einräumte. Sie hätte ursprünglich "daran geglaubt, dass es möglich ist, kritischen Dialog zu führen" und gleichzeitig eine wirtschaftliche Zusammenarbeit zu pflegen. Doch Putin habe "eine totale rote Linie überschritten". In diesem Zusammenhang griff die 49-Jährige zu einem drastischen Vergleich: "Du versuchst ständig, mit einem schwierigen Nachbarn klarzukommen, und dann kommt er rüber und zündet das Haus an. Das kann man nicht durchgehen lassen. Wir stehen an der Seite der Ukraine!"

Gegen Ende des Polittalks schwenkte die Diskussion einmal mehr in Richtung der AfD und dem richtigen Umgang mit der rechtspopulistischen Partei. Dafür wagte Gastgeberin Maybrit Illner einen Blick über den deutschen Tellerrand hinaus – nach Österreich. In der Alpenrepublik war die rechtspopulistische Partei FPÖ bereits mehrfach in der Regierung, derzeit strebt Parteichef Herbert Kickl eine Rückkehr in der Regierung bei der Wahl im Herbst an.

Mit Blick auf die Ibiza-Affäre 2019 stellte die österreichische Journalistin Eva Linsinger zwar fest, dass die FPÖ "nicht seriös regieren" könne. Gleichwohl habe der Partei bislang kein Skandal so nachhaltig geschadet, dass sie entzaubert worden wäre. Deshalb warnte Linsinger abschließend: "Das ist ein Sekundenerfolg, der dann vom großen Katzenjammer abgelöst wird."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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