Dreiteilige Dokumentation

"In den Fußstapfen von Lucky Luke": Ein Comic-Zeichner auf der Spuren seines Heldens

02.11.2024, 07.33 Uhr
von Matthias Deuring

Der Pariser Comic-Zeichner Jul begibt sich auf eine Reise in den Wilden Westen, inspiriert von seinem Helden Lucky Luke. In der dreiteiligen ARTE-Dokumentation entdeckt er Cowboys, Sheriffs und das Erbe des Western-Mythos in Amerika.

ARTE
In den Fußstapfen von Lucky Luke
Dokumentation • 02.11.2024 • 20:15 Uhr

Eine sich bis zum Horizont erstreckende Graslandschaft, darin ein Meer aus dunklen Punkten, mit Kühen und zwei Gestalten zu Pferde, melancholisches Pfeifen und Gitarrenmusik im Hintergrund. Der sich selbst so bezeichnende "Schreibtischhengst" Jul sitzt zum ersten Mal seit Jahrzehnten im Sattel und gibt freimütig zu: "Aus mir wird so schnell kein Cowboy". Wie er da im Herzen der USA mit leuchtenden Augen und ein wenig tapsig das Lasso schwingt, will man ihm da zustimmen. Und doch, mit seinen unbedarften Fragen entlockt er den Einheimischen oft genug das Zugeständnis, dass es doch ein wenig zugeht wie bei "Lucky Luke". Für die dreiteilige Dokumentation "In den Fußstapfen von Lucky Luke" von Xavier Lefebvre reist der Pariser Comic-Zeichner Jul durch den alten Wilden Westen, der die Geschichten des Comic-Cowboys prägte. ARTE zeigt alle drei Filme am Samstag, 2. November, um 20.15 Uhr, an einem Stück.

Bei seinem Besuch im Waffenladen will Jul wissen, ob es Duelle so wie im Comic auch hier gegeben habe. Ja, so sei es gewesen und die Verkäuferin gibt auch zu verstehen, dass die letzte tödliche Schießerei noch gar nicht so lange her ist. Auch der Sheriff Heavrin, nur echt mit siebenzackigem Stern auf der Brust, kann von einem filmreifen Gefängnisausbruch in der Nachbarschaft berichten. Dazu das perfekte Panel aus den bereits über 100 Ausgaben von "Lucky Luke": Ein Ganove buddelte sich mit der Schaufel in die Freiheit. Man könnte meinen, diesen Wilden Westen, den gibt es wirklich noch.

Der Wilde Westen und die heutigen USA haben einiges gemeinsam

Doch Greenhorn Jul bekommt die Kindheitsphantasien im Laufe seiner Reise auch ein wenig ausgetrieben. Nicht nur schießt niemand schneller als der eigene Schatten, Lucky Luke ist auch sonst nicht repräsentativ für seine Zunft: Die allgegenwärtige Blue Jeans war genauso wenig Uniform wie ein Cowboy bei der Arbeit einsam. Doch einen wahren Kern scheint die Wild-West-Romantik doch zu haben, denn untergehen möchte die Cowboy-Kultur nicht. Hier wird gepocht auf Freiheit original amerikanischer Geschmacksrichtung, und sei es die Freiheit, beim Rodeo das zeitliche Segnen zu können.

So unbedarft der Zugang über die Comics und so schön die Bilder aus den so verschrienen Flyover-States auch sein mögen, romantisierend ist die Reihe nicht. Sie zeigt auch, was der Mythos vom rauen, freien, wilden Westen für ideologische Blüten treiben kann. Auf Prügeleien angesprochen, antwortet eine Barkeeperin in den Rocky Mountains: "Manche trinken zu viel und streiten dann über Politik" – über ihr hängt ein Banner der Trump-Wahlkampagne von 2020. Eben jener Donald Trump war es, der den wegen allzu harter Maßnahmen gegen Immigranten angeklagten Law-and-Order-Bürgermeister Joe Arpaio begnadigte. Auch für ihn findet sich ein Vorbild in "Lucky Luke".

Dabei hat "In den Fußstapfen von Lucky Luke" garantiert keine besondere politische Stoßrichtung. Die kleinen Jungs sind einfach erwachsen geworden; sie haben sich zwar ihre Faszination erhalten, können aber ein wenig an der schönen Fassade der Cowboy-Lebensweise vorbeilugen. Wer sich früher auch in die Stiefel des Ausnahmeschützen wünschte oder heute noch mit Western-Ästhetik liebäugelt, wird damit viel anfangen können. Wessen Augen beim Anblick von Colts nicht so funkeln wie die von Jul, darf sich dennoch gerne darauf einlassen. Der Lohn ist ein unerwartet tiefer Einblick in die Seele einer Nation.

In den Fußstapfen von Lucky Luke – Sa. 02.11. – ARTE: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte dich auch interessieren