Neustart in Kreuzberg

'Kanzlei Liebling Kreuzberg': Kann der neue Film ohne Manfred Krug überzeugen?

27.09.2024, 07.24 Uhr
von John Fasnaugh

'Kanzlei Liebling Kreuzberg' bringt ein Stück TV-Geschichte zurück auf den Bildschirm. Acht Jahre nach Manfred Krugs Tod zeigt die ARD eine würdige Neuinterpretation der Kultserie – diesmal mit zwei starken Frauen in den Hauptrollen.

ARD
Kanzlei Liebling Kreuzberg
Drama • 27.09.2024 • 20:15 Uhr

Ein unrasierter Kreuzberger Rechtsanwalt, launisch aber mit dem Herz am rechten Fleck, der gerne Schlapphut trägt und noch lieber Götterspeise isst – so einen Typen, so ein Original kann man nicht ersetzen. Die Figur Robert Liebling gehörte zu den großen Paraderollen von Manfred Krug, die Serie "Liebling Kreuzberg" (1986 bis 1998) bleibt bis heute als legendärer Straßenfeger in Erinnerung. Jetzt, über ein Vierteljahrhundert nach dem Ende der Serie und acht Jahre nach Krugs Tod, zeigt die ARD eine Neuauflage in Spielfilm-Form.

"Liebling Kreuzberg" ohne Manfred Krug – ein aussichtsloser Fall? Ja und nein. "Uns war sehr früh klar, dass es kaum möglich ist, die Serie Eins-zu-Eins zu adaptieren und einen 'neuen' Robert Liebling zu finden", erklärt das Produktions-Gespann Alban Rehnitz und Lynn Schmitz. Also ging man mit Autor Andrej Sorin und Regisseurin Franziska M. Hoenisch von vornherein einen komplett anderen Weg: "Kanzlei Liebling Kreuzberg" wird nicht von einem Mann getragen, sondern von zwei Frauen. Und diese beiden Protagonistinnen könnten unterschiedlicher kaum sein.

Zwei starke Frauen, die unterschiedlicher kaum sein könnten

Seit dem Tod von Robert Liebling vor etwa 20 Jahren hat seine letzte Geschäftspartnerin, Dr. Talia Jahnka (Gabriela Maria Schmeide), das alleinige Sagen in der Kanzlei, und die Expertin für Markenrecht hat viel verändert. Robert Liebling war stets ein Anwalt der kleinen Leute, dem es mehr um Gerechtigkeit ging als um hohe Honorare. Inzwischen gilt die Devise: "Weniger Wald und Wiese und mehr klares Wirtschaftssegment." Der Erfolg gibt der erfahrenen Anwältin Talia Jahnka recht, die Kanzlei hat sich sehr stabil entwickelt. Und dann steht da plötzlich eine quirlige Nachwuchs-Juristin vor ihr, die alles auf den Kopf stellen will.

Lisa Liebling (Luise von Finckh) kommt frisch von der Uni, wollte eigentlich erst einmal für die Antidiskriminierungsstelle des Bundes arbeiten. Aber dann wurde ihr ein Brief zugespielt, den ihr Großvater Robert Liebling hinterlassen hat: Weil Lisa schon als kleines Mädchen den gleichen Gerechtigkeitssinn wie er an den Tag gelegt habe, hat er ihr Anteile an seiner Kanzlei vermacht (und seinerzeit, typisch für das alte Schlitzohr, eine entsprechende Klausel im Partnervertrag mit Dr. Jahnka versteckt). Lisa ist jetzt also Co-Chefin in der eigenen Kanzlei – sehr zum Missfallen ihrer etablierten Kollegin, die bald ihr "Lebenswerk" in Gefahr sieht.

Annäherung statt Kampf der Generationen

Eine abgebrühte, nüchtern kalkulierende Anwältin mit vielen Jahren Berufserfahrung und ein aufgekratztes Jura-Küken, dem bei Stress die Nase blutet und das keinen Satz gelten lässt, wenn nicht gegendert wird: Da prallen Welten aufeinander. Und es dauert auch nicht lange, bis Lisa sich auf den Straßen von Kreuzberg die ersten Fälle angelacht hat. Zum Beispiel den von Hans Saffermann (Winfried Glatzeder), der nicht mehr in seine alte Stammkneipe darf. Klingt nach Altersdiskriminierung, Lisa will helfen. "Wie isn'n ihr Stundensatz?" – "Da finden wir schon eine Lösung." Die alten Glatzeder-Augen beginnen zu strahlen: "Also hat Kreuzberg wieder ... einen Liebling?"

Wie sich die einzelnen Fälle entwickeln, wie Konflikte entstehen und sich dann wieder auflösen – da werden die Tatsachen zugunsten der Wohlfühl-Unterhaltung immer wieder etwas simpel zurechtgedreht. Was jedoch positiv auffällt: Die Positionen der beiden Protagonistinnen werden nicht ideologisch gegeneinander ausgespielt. Dr. Jahnka und Lisa entstammen zwei ganz unterschiedlichen Positionen, aber beide sind starke Frauen und beide haben gute Gründe für ihre jeweiligen Entscheidungen. Nach und nach nähern sie sich gegenseitig an. Und wenn gar nichts mehr geht, hilft die Erinnerung an den alten Robert Liebling, der wie ein Geist über allem schwebt.

Eine würdevolle Hommage und vielleicht der Beginn von etwas Neuem

"Man muss sein Herz fragen. Da kriegt man manchmal keine passende Antwort, aber immer die richtige. Immer eine, auf die man sich verlassen kann." – Dieser Ratschlag von Robert Liebling kommt von einem alten Tonbandgerät, das Lisa von Anwaltsgehilfin Senta (noch aus dem alten Cast dabei: Anja Franke) in einem "Liebling-Starter-Paket" inklusive Götterspeise erhalten hat. Nach so vielen Jahren wieder die Stimme von Manfred Krug als Robert Liebling hören – ein herrlich nostalgischer Moment.

So ist "Kanzlei Liebling Kreuzberg" beides: der glaubhafte Versuch, etwas Neues zu erschaffen, aber auch eine charmante und stets würdevolle Hommage an die Originalserie. Ob das womöglich auch über einen einzelnen Spielfilm hinaus tragen könnte, vielleicht in Form einer kleinen Reihe oder gar einer neuen Serie? Ein entsprechend wohlwollendes Urteil des TV-Publikums vorausgesetzt, wär's schon denkbar. So oder so: Der alte Liebling wäre sicher mächtig stolz auf den neuen gewesen. Pardon, auf die neue!

Kanzlei Liebling Kreuzberg – Fr. 27.09. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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