Bei "Markus Lanz"

Karl Lauterbach verteidigt Klinikreform und warnt: "Wir kommen in ein unkontrolliertes Kliniksterben"

24.06.2023, 08.49 Uhr
von Natascha Wittmann

Karl Lauterbach hat "gigantische" Pläne. Der SPD-Politiker strebt eine Klinikreform an. Bei "Markus Lanz" verteidigte der Bundesgesundheitsminister das Vorhaben, der Moderator hingegen malte deren Folgen in drastischen Farben aus.

Schon vor Monaten warnte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach vor einem "unkontrollierten Kliniksterben" in Deutschland. Bei "Markus Lanz" bezog der SPD-Politiker am Donnerstagabend Stellung zu seiner geplanten Reform und erklärte, warum diese unabdingbar sei, um das deutsche Gesundheitssystem zu retten und zu revolutionieren. Seine Pläne wurden in der Sendung vom ZDF-Moderator und von Journalistin Cordula Tutt scharf kritisiert.

Tutt sagte zu Beginn der Talk-Ausgabe, dass Lauterbach mit allen Mitteln versuche, seine "Reform anzuschieben". Dabei habe er bereits einigen Mitstreitern "vor den Kopf gestoßen." Tutt warnte in dem Zusammenhang: "Die Länder müssen mitmachen, wenn Herr Lauterbach eine Reform macht." Die Zusammenarbeit laufe jedoch bislang eher schleppend.

Dies sah der verantwortliche Bundesminister im ZDF-Studio völlig anders. Der SPD-Mann schwärmte von seinen Plänen und sagte: "Das ist eine gigantische Reform." Lauterbach hoffe demnach, dass die Reform bereits im Januar 2024 in Kraft treten werde. Er versprach zudem voller Optimismus: "Wir werden das Gesetz über den Sommer schreiben."

Klinikreform soll Menschenleben retten

Das Gesundheitssystem wie bisher weiterlaufen zu lassen, sei hingegen keine gute Option, die von ihm geplante Reform sei "seit 10 bis 15 Jahren überfällig". "Wir kommen in ein unkontrolliertes Kliniksterben", griff Karl Lauterbach noch mal seine drastische Warnung auf. Er konkretisierte: "Ohne die Reform würden wohl 25 Prozent der Krankenhäuser sterben." Insgesamt sollen 1.719 deutsche Kliniken von Lauterbachs Reformplänen betroffen sein und künftig einheitlichen Qualitätskriterien folgen.

Im Gespräch mit Lanz machte der Gesundheitsminister deutlich, dass er vor allem die Krankenhausfinanzierung sowie Krankenhausplanung optimieren wolle, um "nicht nur viel Geld" zu sparen, sondern auch "viele Menschenleben" zu retten. Lauterbach habe demnach vor, die deutschen Krankenhäuser künftig in drei Level einzuordnen, die je nach Qualitätsstandard entsprechend vergütet werden sollen.

Lauterbach bei "Markus Lanz": "So prüfen wir in jeder Klinik: Wer kann was gut? (...) Der Laie muss doch wissen, wo es gut ist und wo es nicht gut ist." Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung sollen mithilfe einer interaktiven Karte veröffentlicht und mit entsprechenden Farben gekennzeichnet werden. Dazu stellte Lauterbach klar: "Nach einer Übergangsphase bezahlen wir nicht mehr, wo die Qualität schlecht ist."

Schlechtes "Ausleseprinzip"?

Ein knallharter Plan, den Journalistin Cordula Tutt als "Ausleseprinzip" bezeichnete. ZDF-Moderator Markus Lanz nannte es einen "darwinistischen Ansatz", nach dessen Prinzip nur die stärksten Kliniken eine Überlebenschance hätten. "Das ist ein natürlicher Tod, der eintritt, ohne dass man selber das Messer führen wird", griff der Talk-Gastgeber zu einer martialischen Metapher.

Diesen Vorwurf wollte Karl Lauterbach nicht auf sich sitzen lassen und verteidigte sein Vorhaben mit den Worten: "Das ist eine ehrliche politische Verbesserung unseres Krankenhauswesens. (...) Wir müssen die Patienten schützen und wir müssen die Qualität auch öffentlich machen. Das ist doch keine Trickserei!"

Zwar räumte Lauterbach ein, dass nicht alle Kliniken in Deutschland fortbestehen würden, stellte hierzu aber lapidar fest: "Diese Schließungs-Diskussion ist für mich nicht so spannend." Lanz konterte prompt: "Für die, die da arbeiten, schon."

Elektronische Patientenakte für 80 Prozent der Deutschen bis 2025

Statt sich die womöglich negativen Aspekte seiner geplanten Klinikreform weiter ins Auge zu fassen, versprach Lauterbach: "Wir werden dafür sorgen, dass im Jahr 2025 80 Prozent der Deutschen die elektronische Patientenakte haben." Gleichzeitig kündigte er einen nationalen Hitzeschutzplan an und erklärte mit ernstem Blick: "Im Sommer sterben in Deutschland mittlerweile zu viele Menschen den Hitzetod."

Laut Lauterbach handle es sich "unnötigerweise" um 4.000 bis 6.000 Todesfälle pro Sommer. Auch Feuerökologe Johann Georg Goldammer warnte mit Blick auf den Temperaturanstieg in Deutschland: "Wir sehen hier in Europa, dass wir Brände haben zu Jahreszeiten, wo wir das nicht gewohnt waren."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren