Podcast mit Markus Lanz

Precht mit neuer Kritik an Baerbock: Außenministerin hätte eine "Firewall" aufgebaut, "weil sie eine Frau ist"

29.04.2023, 09.00 Uhr

Nicht nur Richard David Precht und Markus Lanz sind erstaunt über die Aufregung, die ihr gemeinsamer Podcast ausgelöst hat. Darin kritisiert der Philosoph scharf die Außenministerin. Die Wortwahl von Precht war bemerkenswert. "Was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist!", sind Sätze, die dabei Precht über die Lippen kamen. Nun befeuerte er die Diskussion erneut und legte mit neuen Vermutungen gegen Baerbock nach.

Was ein Podcast-Gespräch nicht alles auslösen kann! Offenbar sind Markus Lanz und Richard David Precht von der Wirkung ihrer Gesprächsreihe selbst bisweilen überrascht. Zumindest versuchen sie aktuell den Eindruck zu erwecken. "War ja richtig was los nach unserer letzten Folge!", stellte Lanz lapidar zu Beginn des neuen "Lanz & Precht"-Podcasts fest, und bekam von seinem Gegenüber die Antwort: "Es ist erstaunlich, was wir auslösen! Man unterhält sich im öffentlich-privaten Rahmen. Es ist schon irre, wenn man bedenkt, welche Bedeutung dem beigemessen wird."

Künast: "männliche Überheblichkeit und Arroganz" 

Mit seinen Aussagen über Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte Richard David Precht unter der Woche in der Tat für große Aufregung und mediale Beachtung gesorgt – insbesondere beim Kurznachrichtendienst Twitter wurden seine prägnantesten Zitate kontrovers diskutiert. Anstoß nahmen etliche Kommentatoren an Einlässen sie diesem: "Was für ein Unfall, dass diese Frau Außenministerin geworden ist!" Auch die Bemerkung, Baerbock hätte "unter normalen Bedingungen im Auswärtigen Amt nicht mal ein Praktikum gekriegt", wurde teils empört aufgenommen. Grünen-Politikern Renate Künast etwa las hier "männliche Überheblichkeit und Arroganz" heraus.

Precht wünscht sich vergangene Außenminister zurück

Dass die Formulierung "unter normalen Bedingungen" erklärungsbedürftig sei, räumte Precht nun beim erneuten Zwiegespräch (Folge 86) mit ZDF-Talker Lanz ein. Gemeint habe er damit: "aufgrund der fachlichen Qualifikation". Zwar gelte für viele Bundesminister, dass die Fachqualifikation für ihr jeweiliges Ressort zu wünschen übrig lasse. Im Auswärtigen Amt seien diplomatische Vorerfahrungen jedoch von entscheidendem Vorteil. "Ich finde es schade, dass das diplomatische Sprechen keine wichtige Qualifikation mehr ist", trauerte Precht etwa Frank-Walter Steinmeier nach, der diese Fertigkeit besessen hätte.

Markus Lanz äußerte nun die Vermutung, Baerbocks Bestrebungen, Außenministerin zu werden, hätten etwas mit der Rivalität zu Robert Habeck im Kampf um die nächste Kanzlerkandidatur zu tun. Als Wirtschaftsminister lege sich Habeck jeden Tag "mit halb Deutschland" an, so Lanz, als Außenministerin hingegen "kannst du glänzen auf dem internationalen Parkett, produzierst interessante Bilder". Das Spiel mit den Medien beherrsche Baerbock "meisterhaft", sie wirke "sehr erfrischend".

"Flapsige Wortwahl" beim promovierten Germanisten

Kontrovers beurteilten Lanz und Precht Baerbocks rhetorische Patzer, etwa ihr verrutschtes Statement in Straßburg, man kämpfe "einen Krieg gegen Russland". Während Lanz dies angesichts der Last des Amtes für verzeihlich hält ("Manchmal muss man die Menschen auch Menschen sein lassen"), betonte Precht, er wünsche sich "in so einer Situation einen Hans-Dietrich Genscher oder Frank-Walter Steinmeier, denen so etwas nicht passiert wäre".

Was Precht noch wichtiger ist: dass deutsche Diplomaten angesichts einer "aufgeheizten Weltlage" zur Deeskalation beitragen, anstatt zu moralisieren und zu drohen. "Aus diesem Unbehagen ist meine Kritik gekommen und die eine oder andere flapsige Bemerkung", ordnete der promovierte Germanist und ZDF-Philosophie-Talk-Gastgeber ("Precht") die eigene Wortwahl ein. "Mir geht es nicht um die Person Annalena Baerbock, die ich in meinem Leben noch nie getroffen habe. Mir geht es um eine in meiner Wahrnehmung falsche Ausrichtung der Außenpolitik."

Markus Lanz, dem zuletzt vorgeworfen wurde, den Aussagen seines Gegenübers nicht ausreichend widersprochen zu haben, wollte nun sogar "eine Lanze" für Precht brechen. Er stelle "im Umfeld" seines ZDF-Talks sehr oft fest, dass Gäste im Vertrauen Sorgen äußerten, die sie öffentlich nicht aussprächen. Lanz: "Aus der ersten Reihe der Politik erlebe ich ständig entscheidende Menschen, auch aus anderen Parteien, die unglaublich hadern mit diesem Kurs und die sagen: 'Was zerschlagen wir alles gerade an Porzellan auf diplomatischem Parkett! Und wie unerträglich ist unsere Doppelmoral!'"

Fühlen sich Precht und Lanz als Männer nicht gleichberechtigt?

Auch erinnerte er seinen Gesprächspartner daran, einst den vormaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier scharf kritisiert zu haben, was Precht bestätigte. Er habe auch damals schon "die eine oder andere drollige Formulierung" benutzt, "darüber hat sich aber niemand aufgeregt, weil er ein alter weißer Mann ist", mutmaßte der Bestsellerautor. Lanz sprang ihm erneut zur Seite: "Du hast doch nicht Annalena Baerbock als Frau kritisiert!" Precht wies derlei von sich und kritisierte die Art und Weise, wie Baerbock verteidigt worden sei: "Eine Firewall um sie zu machen, weil sie eine Frau ist, widerspricht der Gleichberechtigung."

Auch hier waren sich Richard David Precht und Markus Lanz einig. Der ZDF-Talker nannte den "Reflex", immer gleich eine Diskurs-Front zwischen Frauen und Männern aufzumachen "befremdlich" und paraphrasierte das Lebensgefühl eines Friedrich Merz, wie er es wahrnehme: "Ich möchte als Mann nicht ständig nur noch das Problem sein, während Frauen prinzipiell die Lösung sind. So einfach ist das alles nicht."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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