Im "ZDF-Morgenmagazin"

Michael Roth mit dunkler Prognose: "Der Stalinismus in Russland wird jetzt zunehmen"

26.06.2023, 14.16 Uhr

Der Aufstand des Wagner-Chefs Jewgeni Prigoschin gegen Wladimir Putin bestimmt weiterhin die Nachrichtenlage. Im "ZDF-Morgenmagazin" warnte am Montag der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, und SPD-Politiker Michael Roth: "Der Stalinismus in Russland wird jetzt zunehmen."

Nach den Ereignissen um die Söldner-Truppe Wagner am Wochenende versuchte Dunja Hayali im "ZDF-Morgenmagazin" am Montag Ordnung in die teils undurchsichtige politische Lage zu bringen: "Die US-Geheimdienste sollen vor einer bewaffneten Operation Prigoschins in Russland gewarnt haben", sagte sie zu Beginn eines Interviews mit dem Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth: "Hatte die Bundesregierung oder der BND denn eigentlich auch irgendeine Ahnung?"

Der SPD-Politiker gab offen zu: "Das weiß ich nicht." Er habe sich nur "wie viele andere" gefragt, wie lange Prigoschin seine Narrenfreiheit noch nutzen könne: "Er hat ja ganz offen das System kritisiert, hat sich mit dem Verteidigungsminister, mit dem Generalstabschef angelegt und dann vor wenigen Tagen damit begonnen, die ganzen Putinschen Lügenmärchen zu entlarven." Damit sei er "zu einer immer stärkeren unkalkulierbaren Gefahr für das System Putin" geworden.

"Wir sind jetzt in einem ganz entscheidenden Jahr"

Ob der angebliche Putschversuch von langer Hand geplant war oder nicht, konnte Roth nicht beantworten. Eines war für ihn allerdings klar: "Hier hat jemand aufs Ganze gesetzt". Prigoschin habe die Machtfrage gestellt. "Und das ist in einer Diktatur eigentlich etwas völlig Inakzeptables. Ein Diktator muss immer darauf achten, dass seine Macht niemals infrage gestellt ist." Deshalb sei die Demütigung Putins so gefährlich: "Ich fürchte, der Stalinismus in Russland wird jetzt zunehmen. Das heißt Putin wird jeden aus dem Weg räumen, der sich ihm in den Weg stellt."

Über den Rückzug der Gruppe Wagner konnte der 52-Jährige ebenfalls nur spekulieren: "Vermutlich hat er eingesehen, dass er nicht genügend Unterstützung hat." Dennoch habe der Söldner "Putins Bild vor allem in der russischen Öffentlichkeit erheblich angekratzt, und er hat eines gezeigt: Wenn Putin richtig unter Druck stehe, "wenn ihm das Wasser bis zum Hals steht, dann ist Putin zu Zugeständnissen und Kompromissen bereit".

"Er wird mit noch größerer Brutalität gegenüber der Ukraine auftreten"

Hayalis Rückfrage, ob er sich also für weitere Waffenlieferungen ausspreche, beantwortete Roth mit einem klaren "ja": "Wir sind jetzt in einem ganz entscheidenden Jahr. Wenn in diesem Jahr sich die Ukraine nicht zu befreien vermag von der russischen Okkupation, dann wird es ganz, ganz schwer." Deswegen solle gerade die Nato nochmal ins Gespräch kommen und überlegen, wie die Ukraine noch entschlossener, noch umfassender und vor allem noch schneller unterstützt werden könne. Putin brauche vor allem Erfolge, erklärte er weiter: "Das heißt, er wird mit noch größerer Brutalität gegenüber der Ukraine auftreten." Deshalb sei es wichtig, die Verteidigung der Ukraine zu stärken.

Angeblich befindet sich Prigoschin derzeit im Exil in Belarus, nachdem dessen Präsident Alexander Lukaschenko als Vermittler zwischen ihm und Putin fungiert hatte. Diese Funktion sei "ein sehr weites Zugeständnis" für einen Diktator wie Putin, urteilte Roth. "Wie es mit Herrn Prigoschin weitergeht, darüber möchte ich nicht spekulieren, aber wenn Herr Putin konsequent bleibt, wird Herr Prigoschin ernsthafte Probleme bekommen." Einen solchen Gegner, dann auch in Belarus, werde Putin nicht lange dulden können. Und so wiederholte der SPD-Mann zum Abschluss noch einmal die Warnung vom Anfang des Gesprächs: "Wir erleben den Stalinismus in Reinkultur und das wird noch schlimmer werden!"


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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