Romanverfilmung

"Tschick": Roadtrip im geklauten Lada

15.01.2023, 10.41 Uhr
von Jasmin Herzog

Gelungene Verfilmung des erfolgreichen Jugendromans: "Tschick" war 2016 einer der deutschen Kinohits - und das durchaus zurecht.

ARD
Tschick
Drama • 15.01.2023 • 23:35 Uhr

Das Buch: ein Mega-Bestseller, von Jugendlichen und Erwachsenen gleichermaßen gefeiert und an vielen deutschen Schulen schon Pflichtlektüre. Die Verfilmung: einer der deutschen Kinohits des Jahres 2016 mit mehr als 800.000 Zuschauerinen und Zuschauern. Nun wird "Tschick" im Ersten wiederholt. Das eigene Leben in all seiner Großartig- und Fürchterlichkeit selbst in die Hand zu nehmen: Darum geht es in "Tschick", der Romanvorlage des 2013 verstorbenen Wolfgang Herrndorf.

Die große Frage bei der Verfilmung lautete: Würde es gelingen, den Protagonisten Leinwand-Gesichter zu verleihen, die nicht aus dem Fundus des wahlweise moralischen oder klamaukigen deutschen Jugendfilms stammen? Kurze Antwort: Es gelang Regisseur Fatih Akin, dessen autobiographisches Gangster-Drama "Rheingold" im Oktober 2022 in die Kinos kam, beeindruckend. In Tristan Göbel und Anand Batbileg fand er zwei herausragende junge Hauptdarsteller.

Die Handlung hält sich klugerweise nah an der Vorlage. Maik Klingenberg, dem Göbel eine sympathische frühpubertäre Lustlosigkeit verleiht, ist trotz reicher Familie unglücklich: Die Mutter säuft, der Vater hat eine Affäre, Freunde besitzt der langhaarige 14-Jährige kaum. Doch eines Tages kommt Tschick. Andrej Tschichatschow, gespielt vom Newcomer Batbileg, ist neu in der Klasse, stammt aus Russland und trägt Plastiktüten und Jogginghosen. Zunächst hasst Maik den Neuling – bis beide als einzige nicht auf die Geburtstagsparty von Maiks Schwarm eingeladen werden. Außenseitertum vereint. Bald steht Tschick zum Beginn der Sommerferien mit geklautem Lada vor Maiks Haus. Die Reise kann beginnen.

In der Klapperkiste begeben sich die von elterlichen und schulischen Verhältnissen entnervten Teenager auf den schönsten, kuriosesten Roadtrip seit langer Zeit. Ziellos ist dieser keineswegs. In die Walachei soll es gehen, wo Tschicks Großvater wohnt. Natürlich kommen die beiden dort niemals an. Dafür treffen sie unterwegs unter anderem auf brandenburgische Öko-Hippies und ein verlottertes Mädchen namens Isa (Nicole Mercedes Müller), das auf einer Müllkippe haust und weiß, wie man per Schlauch Sprit aus LKWs klaut.

In Sprache und Ästhetik nähert sich "Tschick" sympathisch agendalos rebellierenden Jugendlichen, ohne sich mit sozialarbeiterhafter Moral oder gut meinenden Botschaften anzubiedern. Von kitschigem Coming-of-Age samt politischen Korrektheiten und verklärender Reise-Romantik zeigt sich Akins Werk meilenweit entfernt. Als Jugendfilm besitzt "Tschick" im besten Sinne keinen erzieherischen Wert – und gelingt deshalb: Humanistisch feiert der Film, was das Menschsein trotz aller gesellschaftlichen Widrigkeiten ausmacht. Wolfgang Herrndorf hätte es gefallen.

Tschick – So. 15.01. – ARD: 23.35 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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