"2 unter Millionen"-Schauspielerin

Nadeshda Brennicke: "Habe genügend Drama gespielt"

13.01.2023, 13.12 Uhr
von Martina Maier

Was stellt man mit einem Lottogewinn an? Dieser Frage widmet sich die ARD-Komödie "2 unter Millionen". Hauptdarstellerin Nadeshda Brennicke betont im Interview glaubhaft, dass Luxusgüter ihr nichts bedeuten und sie erklärt, warum sie gerade lieber Filme mit leichten Stoffen dreht.

Eine Tarantel in der Bratpfanne kann ihr nicht viel anhaben, die wird halt vor die Tür gesetzt. Alleine ein Kind aufziehen? Erledigt. Ohne Partner Pferde züchten auf einem entlegenen Hof in Brandenburg? Längst Geschichte. Nadeshda Brennicke ist es gewohnt, Dinge anzupacken und dabei auf sich gestellt zu sein. Auch wenn sie den Pferdehof inzwischen aufgegeben hat und ihr Sohn mit 25 Jahren sein eigenes Leben lebt, langweilig wird es der 49-Jährigen nicht: Gerade hat sie ein Grundstück in Costa Rica gekauft, auf dem ein Baumhaus entsteht. Natürlich alleine.

Ihrer Heimat und dem Beruf bleibt sie trotzdem treu. Zum Gespräch nimmt sich die Schauspielerin ("Tatort", "Das Geheimnis des Totenwaldes") trotz heftiger Erkältung viel Zeit und beantwortet jede Frage ruhig und freundlich, als wäre es die einzige. Am Freitag, 13. Januar, ist sie im Ersten in der Romanze "2 unter Millionen" zu sehen (20.15 Uhr).

prisma: In Ihrem neuen Film geht es um einen Millionengewinn und darum, wie er das Leben der Protagonisten auf den Kopf stellt. Was würden Sie mit einer Million machen?

Nadeshda Brennicke: Mir macht es viel Spaß, Menschen, die ich mag, einen Wunsch zu erfüllen. Ich könnte nie reich sein, ich verleihe mein Geld immer an jeden. Allein kann ich an Geld keinen Spaß haben. Ich finde, es ist dazu da, um es zu teilen. Deswegen verstehe ich nicht, dass es in dieser Welt so wahnsinnig reiche Leute gibt, die zu wenig tun, um den Planeten ein bisschen besser zu machen.

prisma: Was bedeutet Ihnen materieller Besitz?

Nadeshda Brennicke: Nur insofern etwas, als dass ich unbeschwert leben möchte, was als allein erziehende Mutter in meinem Beruf natürlich nicht immer gegeben war. Es gab immer eine Zeit voller Bangen. Geld ist für mich vor dem Hintergrund ein Luxus, weil es schön ist, wenn man keine Not hat und wenn man sich ab und zu einen Wunsch verwirklichen kann, zum Beispiel reisen. Aber ich habe überhaupt kein Interesse an Luxusgütern und interessiere mich nicht für wahnsinnig teure Autos. Mit Handtaschen kann man mir absolut keine Freude machen, mit Schmuck auch nicht, das alles bedeutet mir gar nichts.

prisma: Dann schon eher ein schönes Pferd ...

Nadeshda Brennicke: Genau! Das habe ich mir meistens selbst gezogen. Alles, was man mit Geld kaufen kann und der Plan eines anderen ist, ist nicht mein Plan. Ich möchte gerne Dinge erschaffen, die aus meinen Ideen entsprungen sind oder die ich geplant und ins Leben gerufen habe. Ich finde auch Männer mit Geld meistens sehr unspannend.

prisma: Da geht es nicht jeder Frau so ...

Nadeshda Brennicke: (lacht) Es wäre auch zu praktisch. Mir liegen Menschen, die ein bisschen kämpfen mussten für das, was sie geschaffen haben und die schon einen Weg hinter sich haben. Ich mag Tiefen bei Menschen, die können auch mal unbequem sein.

prisma: Warum wollten Sie die Rolle gerne spielen?

Nadeshda Brennicke: Momentan mag ich gerne leichtere Stoffe. Ich habe genügend Drama gespielt in meinem Leben. Wenn man in ein gewisses Alter kommt und die Welt um einen herum so dramatisch wird, ist es sehr erfrischend, auch mal eine leichte Geschichte zu erzählen. Der Stoff ist etwas leichter und keine Literaturverfilmung, sondern ein Märchen (lacht), aber er hat eine schöne Zeit versprochen, die ich definitiv auch hatte. Ein toller Produzent, für den ich arbeiten durfte, ein klasse Sender, großartige Kollegen. Ich fand die Geschichte auch nicht zu platt, sondern ein liebenswert, klein und ehrlich. Die kann man sich gut angucken, wenn man mal auf andere Gedanken kommen will.

prisma: Schauen Sie solche Filme auch privat an?

Nadeshda Brennicke: Ich schaue nicht mehr so gerne dramatische Sachen an und kann mir auch nicht mehr die 27.000. Schlacht in irgendwelchen Fantasiewelten geben. Das interessiert mich nicht mehr, genauso wenig wie Blut, das spritzt, und alles was zu düster ist. Dabei liebe ich Mystik, aber nicht, wenn es immer nur dunkel ist. Vielleicht sucht man im Alter nicht mehr so viel nach Dramen, da will man einfach mehr Leichtigkeit und Lachen. Ich möchte mich gerne mit einer schönen Komödie, die auch ein bisschen Tiefgang hat, unterhalten lassen. Das macht mir im Moment am meisten Spaß.

prisma: Sie haben sich vor Jahren von Ihrem Hof und der Pferdezucht verabschiedet. Wie leben Sie jetzt?

Nadeshda Brennicke: Wenn man so verwachsen ist mit einem Ort, den man über einen langen Zeitraum gepflegt und entstehen lassen hat, dann gibt es Momente, wo er einem fehlt. Ich vermisse es vor allem, die Pferde am Haus zu haben, sie morgens zu versorgen, was immer eine Lektion in Demut bedeutet, sich erst rauszuquälen und danach fantastisch zu fühlen. Die Gegend fehlt mir nicht mehr so, weil ich da nicht großgeworden bin und man im Alter wieder mehr nach den Wurzeln sucht und nach Menschen mit dem eigenen Stallgeruch. Ich bin auch froh, nicht mehr in der Einsamkeit zu sein. Das war eine schöne Phase, aber jetzt habe ich auch gern wieder Menschen um mich herum, die ich zum Teil seit Kindertagen kenne. Und ich gehe auch gern mal wieder auf einen Berg! Ich finde es schön, Neues zu entdecken, und auf dem Hof gab es nichts mehr, was ich nicht schon entdeckt hätte. Da wäre ich nur noch alt und vielleicht einsam geworden, wenn ich keine Pension eröffnet oder mir ein neues Konzept ausgedacht hätte. Ich musste mich entweder vom Alten lösen oder ewig nur für die Erhaltung dieses Anwesens arbeiten, was für eine Person alleine überhaupt keinen Sinn macht.

prisma: Jetzt haben Sie sich ein Grundstück auf Costa Rica zugelegt, was für ein Traum! Ist das die neue Heimat?

Nadeshda Brennicke: Das ist nicht nur ein Traum, sondern auch ziemlich anstrengend. Es steht noch nicht mal ein Haus drauf. Aber was ich da vor mir habe, ist zumindest wieder ein Abenteuer. Man fühlt sich lebendig, man kann nochmal in einem ganz anderen Land mit einer ganz anderen Kultur etwas Neues ausprobieren. Es muss ja auch nicht für immer sein, man kann es auch wieder verkaufen. Die Gegend dort ist sehr angesagt, sehr am Wachsen, und ich finde es spannend, ein Teil davon zu sein. Als ich mir damals den Hof im Osten gekauft habe, wollte da noch kein Mensch hin, jetzt gibt es die große Landflucht in Berlin und alle wollen was außerhalb haben. Manchmal denke ich, das Abenteuer Costa Rica ist vielleicht eine Nummer zu groß für mich, weil man natürlich an seine Grenzen stößt, wenn man es ganz alleine macht. Aber ich sehe das alles nicht mehr so dramatisch. Wenn es nicht klappt, dann gebe ich es halt wieder auf.

prisma: Was haben Sie mit dem Grundstück vor?

Nadeshda Brennicke: Ich möchte ein Baumhaus bauen! Daran arbeite ich mit einigen Baumeistern, auf die ich meine Hoffnung gesetzt habe. Da in Costa Rica aber nichts vorangeht, wenn man nicht vor Ort ist, werde ich bald wieder hinfahren. Ich habe gerade gedreht und muss jetzt meine Pferdchen unterbringen für die drei Monate, die ich weg bin.

prisma: Sprechen Sie gut Spanisch?

Nadeshda Brennicke: Überhaupt nicht. Ich verstehe viel, weil ich ein relativ guter Lateiner war und viel Italienisch und Französisch gesprochen habe. Das war aber in dem Fall genau mein Handicap. Ich dachte immer, dass Sprachen mir ganz leicht von der Hand gehen, und obwohl ich jetzt schon so oft in Costa Rica war, kriege ich beim Sprechen immer einen Knoten in den Kopf und es kommt Italienisch raus. Die Leute lachen mich dann immer alle aus. Mein Gedächtnis nicht mehr so fit wie mit 20. Ich müsste mal einen Intensivkurs machen, aber bisher hatte ich dafür keine Zeit. In Costa Rica hat man so viele Israelis, Argentinier und Amerikaner um sich, dass man fast immer nur Englisch spricht. Ich schäme mich ein bisschen, dass ich es immer noch nur so schlecht kann.

prisma: Wo soll der Erstwohnsitz sein?

Nadeshda Brennicke: Der wird auf jeden Fall in Deutschland bleiben, weil ich sehr gerne hier arbeite. Außerdem ist meine Familie hier, mein Sohn, meine Mutter. Wenn jetzt nicht der Krieg über Europa ausbricht, sehe ich keinen Grund, das hier aufzulösen. Die Pferde werde ich auch nicht mit rübernehmen, weil das sehr kostspielig ist und auch gar nicht gesagt ist, dass die Tiere den Klimawechsel so wegstecken.

prisma: Sie sagten, Sie wagen das Abenteuer Costa Rica ganz alleine ... einen Mann gibt es zurzeit nicht?

Nadeshda Brennicke: Zumindest niemanden, der sich um mein Haus kümmert (lacht). Mein Sohn war schon mehrfach mit mir drüben, er ist auch Teil der Firma, die wir gründen mussten, um das Grundstück überhaupt erwerben zu können. Er ist jetzt 25 und soll es auch lernen.

prisma: Wie geht's Ihnen damit, bald 50 zu werden? Sie sagten einmal, dass es für Frauen, die auf die 50 zugehen oder älter sind weniger interessante Filmangebote gibt und dass sie allgemein benachteiligt werden. Wie empfinden Sie das heute?

Nadeshda Brennicke: Genauso. Ich finde das schade, und vielen Kolleginnen geht es auch so. Als Mann wird man immer reifer, für Frauen fehlt ein bisschen der Ansatz, obwohl sich das gerade ein wenig ändert, aber es könnte schon mehr ein Augenmerk drauf gelegt werden. Das ganze Pro und Kontra des Älterwerdens kann man ja auch lustig beleuchten über die Phase um die 50, da fehlen mir momentan die Stoffe. Im älteren Kaliber gibt es immer nur zwei, drei Kolleginnen, die dann alles machen, während viele andere hintenüber fallen. Ich habe trotzdem immer wieder das Glück, schöne Rollen spielen zu dürfen, zuletzt für Sky. Die Rolle war ganz anders als die in "2 unter Millionen": Da bin ich eine Frau, die am Rande ihrer Existenz und krank ist und und ihren Sohn sucht. Das war toll, weil man mich auch optisch sehr "runtergetuned" hat und der Mut der Macher da war, mich trotzdem zu besetzen und mir mit Make-up die Möglichkeit zu geben, der Rolle mehr zu entsprechen. Das passiert in Deutschland wenig. Man muss nicht ungepflegt und verhärmt werden im Leben, um sowas darstellen zu können. Ich genieße es, dass wir in so einer tollen Zeit leben, in der Frauen unseres Alters noch aktiv am sozialen Leben teilnehmen können. Eine Frau von 50 Jahren ist nicht mehr das, was sie vor 50 Jahren war. Wir haben ein Wahnsinns-Privileg, dass wir so einen Stellenwert in der Gesellschaft haben und dafür sorgen können, dass wir nicht wie 80 aussehen. Da sollte man nicht immer nur das Schlechte sehen und dankbar sein, dass es so ist und wir nicht ans Spinnrad verbannt sind oder mit der Strickerei an den Ofen (lacht).

prisma: Was bedeutet Ihnen Schönheit? Ist es Ihnen wichtig, immer gestylt rauszugehen?

Nadeshda Brennicke: Das ist bei mir oft thematisiert worden. Ich finde es schon toll, dass es Dinge gibt, mit denen man sich zumindest in Grenzen erhalten kann. Ich bin überhaupt nicht der gestylte Typ, ich bin immer der Turnschuh-Jeans-Sweatshirt-Typ, außer auf dem roten Teppich, und dafür kriegt man die Garderobe gestellt. Da gibt es Kleider von Designern, die ich mir im Leben gar nicht leisten würde. Ich glaube, ich habe mir noch nie ein Abendkleid gekauft und auch kein Interesse, eins zu besitzen. Zwei habe ich von Designern geschenkt bekommen, für die ich viel gearbeitet habe, die verstauben jetzt in meinem Keller, und ich überlege krampfhaft, wie ich die an irgendwen weitergeben kann, der da Freude dran hat (lacht). Ich besitze ein Abendkleid von meiner Mutter aus den 70er-Jahren, das würde ich am liebsten auf jedem Event anziehen, weil es sehr schlicht und schwarz und wunderschön ist, aber das darf man nicht, da wird man sofort beäugt (lacht). In meinem Alter aber vielleicht auch nicht mehr so sehr.

prisma: Wie stehen Sie zum Thema Schönheits-OPs?

Nadeshda Brennicke: Aus meinen Äußerungen dazu wird mir immer wieder ein Strick gedreht, aber ich finde es wunderbar, dass die Frauen sich verändern können, wenn sie sich dabei wohler fühlen. Für mich soll jeder mit seinem Körper machen dürfen, was er will, ob er jetzt vom Mann zur Frau werden will oder von der Frau zum Mann oder was auch immer: Ich finde es absurd, immer mit dem Finger auf andere Leute zu zeigen.

prisma: Was machen Sie, um fit zu bleiben?

Nadeshda Brennicke: Ich habe immer noch drei Pferdchen, die mich sehr beanspruchen, aber auch tolle Reitbeteiligungen, ohne die ich mir das gar nicht leisten könnte. Und mein Beruf hat mich immer fit gehalten. Ich surfe sehr viel in Costa Rica. Und das Leben in diesem Land, in dem man kaum etwas zu essen braucht, weil man einfach keinen Hunger hat, ist immer mein Jungbrunnen. Drei Monate dort unten und die Fettpölsterchen sind weg, die Haare locken sich, die Fingernägel werden schön und man kriegt eine tolle Haut, weil man sich hauptsächlich von Kokoswasser und frischen Säften ernährt. Ich merke jetzt im Winter schon wieder, dass ich mich jeden Tag nur von Pasta und Pizza ernähren könnte, weil ich das brauche, wenn es draußen kalt wird. Da fehlt mir Costa Rica und dieses ungiftige Leben.

prisma: Obwohl Sie dort ja eine Tarantel in der Bratpfanne hatten ...

Nadeshda Brennicke: (lacht) Ja, das war sehr spannend. Da wohnte ich bei einer Freundin auf einer Farm, wo es ein bisschen wilder ist, mitten im Dschungel. Alles war offen und ebenerdig, das Haus nicht auf Stelzen. Wenn man da in eine Schublade greift, wie selbstverständlich eine Pfanne rausholt und so ein Viech da drin sitzt, dann kriegt man einen wahnsinnigen Schreck und trägt es vorsichtig ein Stück weiter vom Haus weg, als man das normalerweise tun würde. Ich habe Respekt vor der Natur, deswegen passiert mir auch nichts, weil die Tierchen das spüren, und ich bin auch nicht dumm und gehe nachts barfuss über die Terrasse. Da schüttelt man die Schuhe aus, bevor man sie anzieht und man legt auch keine Handtücher auf den Boden. Darauf muss man achten. Aber ich habe erstaunlich wenig Berührungen gehabt mit Viechern, obwohl ich teilweise in Unterkünften lebe, die eher rustikal sind, wo alles offen ist bis auf das Schlafzimmer, wo man ein Moskitonetz hat. Das ist schon deshalb gegeben, weil ich so zerstochen werde! Die erste Zeit sehe ich immer aus als hätte ich Masern im Endstadium.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren