Im 16. Landkrimi aus Österreich ist wieder das Salzburger Land an der Reihe. In Zell am See wird am Seeufer die Leiche eines Callgirls gefunden.
Das "Ibizagate" mit dem FPÖ-Politiker Strache und der getürkten Nichte eines russischen Oligarchen war zur Drehzeit noch ein paar Monate weit. Aber im neuen Landkrimi aus dem Salzburger Land (2019) wird das politische Leben in Österreich dennoch nicht verschont – und Videos spielen auch hier eine entscheidende Rolle, wenngleich (nur) von einer Hotel-Überwachungskamera gedreht und später manipuliert. Staatsmänner aus aller Welt residieren gerade am schönen Zeller See, eine geplante Pipeline verspricht Arbeitsplätze und Milliardengewinne für Österreich. Da kann man ein totes Callgirl, das in der Nähe eines Nobelhotels im See gefunden wird, nicht gebrauchen und hilft sehr gerne bei der Vertuschung eines Skandals.
Leider versucht der kritische Heimatkrimi "Das dunkle Paradies" (2019) zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Die beiden Handlungsstränge sind ja, jeder für sich genommen, ein Schwergewicht und verhaken sich etwas umständlich ineinander: Die ermittelnde Polizistin Franziska (Stefanie Reinsperger) soll einen Tatverdächtigen fassen, der ausgerechnet der verwitwete Bruder ihrer Liebsten (Andrea Wenzl) ist. Wobei sich Franziskas privates Drama immer wieder vor die eigentliche Krimihandlung, also den Dirnenmord und dessen Vertuschung, schiebt. Franziska wagt es nämlich nicht, sich im beliebten Touristennest zu ihrer Verlobten zu bekennen. Immer wieder verbietet sie sich das Outing vor ihren Spießereltern, immer wieder probt sie die entscheidenden Sätze – und immer wieder wird sie von der enttäuschten Lebensgefährtin dafür hart gerügt.
Das ist ein gewaltiges Drama im so kleinbürgerlichen wie saturierten Familienambiente. Die Regisseurin Catalina Molina lässt den Protagonistinnen in ihrem zweiten Salzburg-Krimi viel freien Lauf. Allerdings wird das zuweilen allzu pathetische Spiel von Stefanie Reinsperger und Andrea Wenzl auch zu einem unausgesprochen starken Plädoyer für Vernunft und Toleranz. Sehr nah schlittert die Geschichte dieser Frauenliebe gar am Selbstmord im See – mit Unterwasser-Kamera! – vorbei, um dann doch in einer versöhnlichen Pointe zu enden.
Alles andere wirkt da fast wie kriminalistischer Zierat. Aber es ist eben doch unterhaltsam, wenn Franziska den alten Hotelconcierge (Nikolaus Paryla) an der Hotelbar im Smalltalk zu einer entscheidenden Zeugenaussage animiert. "Schleimen Sie gerade?", sagt der Concierge. Und sie antwortet frech: "Ja, ich schleime!" Mit ihrem neuen Wissensvorsprung nimmt sie dann das Heft immer mehr in die Hand und zieht den anfänglich so zaghaften wie obrigkeitshörigen Inspektorenkollegen (Manuel Rubey) auf ihre Seite.
Was das Titel-Paradies betrifft, so geht das auf eine Stelle im Koran zurück, wie der alte Cocierge erklärt: Dort werde das Paradies als See zwischen hohen schneebedeckten Bergen beschrieben. Aha, deswegen fahren also reiche Araberfürsten so gern ins Salzburger Land! Manchmal treten sie dann dort in gewinnbringende Pipeline-Verhandlungen ein – oder sie machen sich vielleicht des Mordes an einem Callgirl in einem Edelbordell verdächtig. Im Film werden sie dann aber – Achtung Spoiler! – freigesprochen. Das wirkt dann doch ein wenig kleinmütig bei der sonst so gewagt ironischen Beschmutzung des eigenen Nests.
Das dunkle Paradies – Mo. 24.08. – ZDF: 20.15 Uhr