Die Heimsuchung
25.09.2021 • 20:15 - 21:45 Uhr
Spielfilm, Thriller
Lesermeinung
Vergrößern
Vergrößern
Vergrößern
Vergrößern
Originaltitel
Die Heimsuchung
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2021
Spielfilm, Thriller

Kann man Wachkomapatienten nach Jahren wecken?

Von Maximilian Haase

Ein Mensch liegt seit Jahren im Koma, der Grund dafür liegt in der düsteren Vergangenheit: Kostja Ullmann kundschaftet in "Die Heimsuchung" als traumatisierter Ermittler aus, was die Psyche in einem Menschen anrichten kann.

Unsere Psyche ist unergründlich, lautet eine Binsenweisheit. So viele Fortschritte Psychiatrie und Neulologie auch machen: Was in unserem Gehirn abläuft, lässt sich nicht allein durch biochemische Prozesse, bildgebende Verfahren oder verschiedene Therapieansätze erklären. Es ist diese rätselhafte Blackbox, die uns fasziniert – und die filmisch besonders gut zum Tragen kommt. Das Spiel mit fehlenden Erinnerungen und kaputten Seelen wurde im Hollywoodkino von "Memento" bis "Fight Club" längst perfektioniert – und hat auch hierzulande selbst im "Tatort" (Borowski lässt grüßen) seinen Platz. Und doch ist ein Psychothriller wie "Die Heimsuchung", der nun im Ersten Premiere feiert, noch immer eine Ausnahme. Inhaltlich wagt der Film mit Kostja Ullmann viel. Nur in der Umsetzung gerät er ab und zu ins Stolpern.

Ullmann gibt darin in typischer Ullmann-Art (Frage des Geschmacks) einen traumatisierten Polizisten. Der BKA-Beamte Ben fühlt sich für den Tod eines Mädchens verantwortlich, das er als Personenschützer nicht vor den Kugeln eines Entführers bewahren konnte. Um zu entspannen, fährt er mit seiner Freundin Marion (Kristin Suckow) zu seiner Familie an die Ostsee. Doch von Erholung kann keine Rede sein – schließlich sieht er seine Eltern Ralph (Martin Feifel) und Anke (Deborah Kaufmann) erstmals seit Jahren, zudem holt ihn ein Kindheitstrauma wieder ein: Einst kam sein bester Freund Timmi (Ilja Bultmann) bei einem Unfall ums Leben. In düsteren Szenen erinnert sich Ben an den schrecklichen Vorfall, den er mit seinem aktuellen Versagen verknüpft.

Ein Netz von Lügen und Verdrängung

Regisseur Stephan Rick inszeniert dies mysteryhaft, mit der wohl unvermeidlichen Kinderspieluhrmusik im Hintergrund. Alles scheint Bedeutung zu haben, aber zu viel Bedeutung kann schließlich auch ermüden. Sehr konstruiert scheint zudem so manche der Wendungen, die allerdings zugleich den Reiz des Drehbuchs von Thorsten Wettcke ausmachen: So erfährt Ben erst in der alten Heimat, dass Timmi (als Erwachsener: Felix Phönix Lehmann) doch noch lebt – nach dem Unfall allerdings seit Jahren im Wachkoma liegt. "Ihr habt mir gesagt, er wäre tot", beschimpft Ben seine Eltern – "Das ist er ja praktisch auch!", schießt der Vater zurück. Und schwupps, da ist sie, die ethische Debatte um Wachkomapatienten und die Frage, wie lange man einen nicht ansprechbaren Menschen am Leben lassen sollte.

Praktischer- und "zufälliger"-weise ist Freundin Marion auch zugleich Ärztin, die auf Wachkomapatienten spezialisiert ist und die Diskussion daher mit fachlichen Fakten grundieren kann. Das gerät leider in manchem Dialog sehr gestelzt ("Also, ein funktionelles MRT misst die Durchblutungsänderung im Gehirn"), ist für den Nicht-Experten aber wohl manchmal notwendig. Schließlich wollen Ben und Marion zum im Krankenhaus liegenden Timmi mithilfe der MRT-Technik Kontakt aufnehmen. Der Plan: Auf das Trauma (Unfall? Absicht? Missbrauch?) angesprochen, soll er wieder aufwachen. Blöd nur, dass Timmis Vater (Michael Witte) daran kaum Interesse zeigt – und auch der Rest des Dorfes die Sache lieber begraben will.

Hier beginnt es, wirklich interessant zu werden. Ben stößt auf ein Netz von Lügen und Verdrängung – das er auch in sich selbst geknüpft zu haben scheint. Rätselhafte Flashbacks und hübsch in Szene gesetzte Orientierungslosigkeiten stellen die Geschichte auf den Kopf. Welches Geheimnis umgibt Ben und seine Vergangenheit? So sehr man sich an Ullmanns Lonesome-Guy-Spiel stören kann, so sehr sich hier bekannter Thrillersprache bedient wird: Spannend und reizvoll bleibt "Die Heimsuchung" zwischen Gruseldorfstimmung am Meer und kühlen MRT-Hirnbildern dennoch bis zum Schluss – und ein wenig "Fight Club"-Atmosphäre kommt auch noch auf.

Die Heimsuchung – Sa. 25.09. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das beste aus dem magazin

Dr. med. Heinz-Wilhelm Esser ist Oberarzt und Facharzt für Innere Medizin, Pneumologie und Kardiologie am Sana-Klinikum Remscheid und bekannt als "Doc Esser" in TV und Hörfunk sowie als Buchautor.
Gesundheit

Adventszeit: Genießen mit gesunder Gelassenheit

Die Weihnachtszeit muss nicht ungesund sein. Mit ein paar einfachen Tipps kann man die Adventszeit genießen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Entscheidend ist, was man das ganze Jahr über macht.
Oliver Mommsen vor einem Weihnachtsbaum.
HALLO!

Oliver Mommsen über seine Rolle in "Eine fast perfekte Bescherung"

Im Weihnachtsfilm „Eine fast perfekte Bescherung“ müssen die Anwohner eines Berliner Viertels an Weihnachten ihre Wohnungen verlassen, weil eine Weltkriegsbombe entschärft wird. In einer Turnhalle findet sich eine bunt gemischte Truppe zusammen, die nun mit dieser Situation umgehen muss. Oliver Mommsen spielt Pfarrer Klaus Meier. Mit prisma hat er über den Film und über Weihnachten gesprochen
Carsten Henn lehnt an einer Wand.
HALLO!

Carsten Henn: „Wein ist ein bodenständiges Produkt“

Bestsellerautor Carsten Henn ist thematisch breit aufgestellt. Neben seinen Bestsellern wie „Der Buchspazierer“ und „Sonnenaufgang Nr. 5“ hat er sich einen Namen als Verfasser kulinarischer Kriminalromane gemacht. Da blitzte seine Liebe für den Wein schon hier und da auf. In seinem neuen Weinbuch schenkt der renommierte Weinjournalist und Weinbauer sein fundiertes fachliches Know-how nun einzigartig praktisch und unterhaltsam ein: Mit 66 wohldosierten und klug ausgewählten Fragen nimmt er seine Leser in „Simply Wine“, erschienen bei ZS, mit in die Welt des Weins. prisma hat mit ihm über sein neues Buch gesprochen.
Doc Julia Fischer
Gesundheit

Wenn der Harndrang zum Rätsel wird

Ständiger Harndrang, Schmerzen, keine klare Diagnose: Wenn die Blase Probleme macht, beginnt oft eine jahrelange Suche nach Ursachen. Warum Ärzte manchmal ratlos sind und was hilft, wenn Beschwerden chronisch werden.
Eine Grafik mit Händen zum Thema Aids.
Gesundheit

Aidshilfen rufen zu Solidarität auf

Der Welt-Aids-Tag am 1. Dezember macht seit 1988 auf HIV und Aids aufmerksam. Mit dem Motto "Gemeinsam. Gerade jetzt." rufen deutsche Organisationen zu Solidarität auf.
Markus Oelze mit rosa Hemd
Gesundheit

Wechselwirkungen mit Medikamenten: Vorsicht bei diesen Lebensmitteln

Ein Apotheker erklärt, welche Wechselwirkungen zwischen Lebensmitteln und Medikamenten zu beachten sind. Besonders Milch, Alkohol und Grapefruitsaft können problematisch sein.