Ende einer Legende
15.03.2018 • 20:15 - 21:00 Uhr
Serie, Drama
Lesermeinung
Paul Finchley (Robbie Coltrane) muss sich zu den Anschuldigungen äußern.
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Paul Finchley (Robbie Coltrane) muss sich zu den Anschuldigungen äußern.
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Marie Finchley(Julie Walters) wird von den aufkommenden Gerüchten überrascht.
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Paul Finchley (Robbie Coltrane) erklärt den Reportern seinen Standpunkt.
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Ist dies das Ende der Legende Paul Finchley (Robbie Coltrane)?
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Paul (Robbie Coltrane, li.) präsentiert den Preis für das Lebenswerk seines Langzeitkollegen Karl (Tim McInnerny, re.).
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Paul Finchley (Robbie Coltrane) und seine Frau Marie (Julie Walters) werden von den Reportern bedrängt.
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Hint
Synchronfassung, Produktion: The Forge Entertainment, Online verfügbar von 15/03 bis 23/03
Originaltitel
National Treasure
Produktionsland
Großbritannien
Produktionsdatum
2016
Serie, Drama

Mit dem Rücken zum Pranger

Von Jens Szameit

Ein Comedy-Star wird 20 Jahre nach der vermeintlichen Tat mit Missbrauchsvorwürfen konfrontiert. Ein tragfähiger Debatten-Beitrag zur "MeToo"-Debatte. Dabei stammt die Miniserie mit Robbie Coltrane ("Für alle Fälle Fitz") aus dem Jahr 2016 ...

Er gilt als einer der größten Komiker des Landes, doch Paul Finchley ist nicht gekommen, um Späße zu machen. "Warum wird das öffentlich gemacht?", echauffiert sich der korpulente Mann im Radio-Studio gegenüber der Moderatorin. "Man klagt mich eines Verbrechens an, und ich denke, es gibt eine Vorverurteilung." Seinen Job in einer Fernseh-Show hat er verloren, seit Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihn erhoben wurden. Seine Frau und Tochter gehen durch "ein üble Vorhölle". Er wolle ja auch, dass sein Fall untersucht wird, "nur nicht auf diese Art", sondern lieber im Stillen.

Man könnte problemlos den Kopf des englischen Schauspielers Robbie Coltrane abschrauben und den eines Dieter Wedel oder Kevin Spacey montieren – die Szene bliebe stimmig. Nachdem ARTE schon in der Vorwoche ein Vergewaltigungsdrama in vier Akten ins Programm nahm ("Nachdem ich ihm begegnet bin"), folgt jetzt die nächste Miniserie, die zur "MeToo"-Debatte passt wie die berühmte Faust aufs Auge: "Ende einer Legende" (Regie: Marc Munden) ist sie treffend betitelt.

2016 wurde die viermal 45 Minuten lange Eigenproduktion vom britischen Privatsender Channel 4 ausgestrahlt – deutlich vor Harvey Weinstein und allem, das folgte. Indes: Auf der Insel gab es seinerzeit schon einschlägige Fälle, in denen mächtige Männer der Unterhaltungsindustrie über Missbrauchsskandale stolperten. Sie werden von Drehbuchautor Mark Thorne selbstbewusst zitiert. Der des Radio-DJs Paul Gambaccini etwa – die Anschuldigen gegen ihn erwiesen sich als haltlos, aber rufschädigend. Und auch der des BBC-Superstars Jimmy Savile, der posthum als einer "schlimmsten Sexualverbrecher in der Geschichte des Landes" (Scotland Yard) entlarvt wurde. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Channel-4-Serie bisweilen brillant.

Robbie Coltrane, den ZDF-Zuschauer in den 90-ern als depressiven Profiler in der Brit-Krimiserie "Für alle Fälle Fitz" kennenlernten, verkörpert die Ambivalenzen des gefallenen Unterhaltungsstars bravourös. Ist er Opfer oder Täter? Oder beides zugleich? Nachdem man zunächst mitleidet mit einem verdienten Comedy-Senior, der wie aus heiterem Himmel in Pantoffeln überrascht und abgeführt wird, kommen immer mehr Abgründe seiner Vita zum Vorschein.

Ein notorischer Frauenheld und Fremdgänger war er, was seine strenge Gattin Marie (Julie Walters) ihm lange nachsah. Dass er vor 20 Jahren wirklich das 15-jährige Kindermädchen vergewaltigt haben soll, mag sie nicht glauben. Doch als die Anschuldigungen öffentlich werden, sehen sich die Eheleute samt klinisch depressiver Tochter (Andrea Riseborough) von einer Lawine überrollt. Am Ende sind es insgesamt sieben Frauen, die Missbrauchsvorwürfe erheben.

"Heute will jeder ein Opfer sein, weil es die einfachste Erklärung für ein gescheitertes Leben ist." – Messerscharfe Sätze wie dieser machen den Vierteiler, der es ohne "MeToo" vielleicht nie ins deutsche Fernsehen geschafft hätte, zum dankbaren Debattenvehikel. Dass die Medien hier einmal mehr schlecht wegkommen, verblüfft wenig. Auch wenn es sich gegen Ende sehr auf ein Charakterdrama und einen Justiz-Thriller verengt, fühlt man sich an eine Stellungnahme erinnert, die vor wenigen Wochen der Regisseur Dieter Wedel verlautbarte.

"In diesem Klima der Vorverurteilung, der sogenannten 'Verdachtsberichterstattung', die auf keine erwiesenen Fakten gestützt sein muss, kann ich den Kampf um meine Reputation nicht gewinnen", schrieb er in eigener Sache. Bei all der erdrückenden Indizienlast in der Causa Wedel: Über diesen Satz lohnt es sich, im größeren Zusammenhang nachzudenken.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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