Money Maker
21.12.2022 • 21:45 - 22:15 Uhr
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Produktionsland
D
Produktionsdatum
2022
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Die Krux mit dem Kryptomillionär

Von Christopher Schmitt

30 Minuten reichen für diese Geschichte eigentlich nicht aus: Dadvan Yousuf flüchtete in die Schweiz und wurde dort mit 17 Jahren dank Bitcoins zum Multimillionär. Unumstritten ist er nicht, Vorwürfe stehen im Raum. Doch diese ARD-Doku konzentriert sich auf seinen Luxus.

Bereits die ersten Sekunden geben die Richtung der Dokumentation vor: "Als ich so zwölf, 13 Jahre alt war, fing ich an zu sagen: Wenn ich mit 25 nicht Millionär bin, geb ich mir die Kugel", berichtet Dadvan Yousuf aus seiner Kindheit. Dann fügt er an: "Später wurde ich es mit 17." Ohne jeden Zweifel: Yousufs Geschichte ist faszinierend, fast zu außergewöhnlich, um wahr zu sein. Es ist die Geschichte eines Flüchtlingskindes aus Kurdistan, einer autonomen Region im Nordirak, das in Armut aufwächst, aber mit Bitcoins in der Schweiz zum Multimillionär wird.

Die dritte Folge der ARD-Reportagereihe "Money Maker" widmet sich einer kapitalistischen Erfolgsgeschichte, deren Wahrscheinlichkeit wohl im niedrigen Promillebereich zu verorten ist. Doch sie wird von schweren Vorwürfen überschattet, das Schweizer Finanzamt ermittelt. Das SRF (Schweizer Radio und Fernsehen) schrieb über vermeintlich verdächtige Transaktionen. Bedauerlicherweise kann der Film von Danny Voigtländer und Sandro Gerber nichts zur Aufklärung beitragen. Beim SRF schweigt man zum laufenden Verfahren – Yousouf verklagte es aufgrund vermeintlicher Rufschädigung. Der Kryptomillionär nimmt im Film zwar Stellung, aber streitet wie im Vorfeld bereits alles ab.

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Stattdessen darf der 22-Jährige sein "modernes Märchen" erzählen: Wie er es als Kind mittelloser geflüchteter Eltern zu unfassbarem Reichtum schaffte. Der von der ARD versprochene Einblick in sein Leben wirkt eher wie eine Inszenierung. Zudem reist Yousuf zurück nach Kurdistan, um nach eigener Aussage seine Wurzeln zu erforschen.

Alles begann mit 10 Bitcoins für 15 Dollar

Die Ästhetik der Reportage mutet für eine öffentlich-rechtliche Produktion ungewöhnlich an. Dass eine junge Zielgruppe adressiert wird, ist unübersehbar. Coole Aufnahmen, schnelle Schnitte, moderne Musik von Elektro bis HipHop und riesige rosa Inserts. In Kombination mit dem plakativ zur Schau gestellten Reichtum könnte es sich auch um eine fiktive Netflix-Serie handeln – oder um einen Imagefilm.

Und tatsächlich klingt die Story wie von Autoren erdacht: Im Jahr 2003 ergreifen der kleine Dadvan und seine Eltern die Flucht aus dem Irak. Eigentlich soll sie die "Route des Todes" nach Skandinavien führen, aber sie landen in der Schweiz im Kanton Bern. Dass die Familie sehr arm ist, nimmt der Junge erst wahr, nachdem er mit dem gespendeten Pulli eines Klassenkameraden die Schule betritt und sich in Grund und Boden schämt.

Als Elfjähriger kauft Dadvan, um seine kranke Großmutter in der alten Heimat zu unterstützen, zehn Bitcoins für 15 Dollar. Da er nicht so wirklich weiß, wie man mit Kryptowährungen umgeht, verliert er sein kleines Investment aus den Augen. Ein Jahr später schaut er wieder auf die Website und findet einen vierstelligen Betrag vor. Spätestens als Yousuf in der zehnten Klasse von der Schule fliegt, taucht er tief ein in die Welt der Kryptowährungen, mit irrwitzigem Erfolg.

Zurück in Kurdistan

Kein Wunder, dass die Bank hellhörig wurde, als Yousuf erstmals Bitcoins gegen reales Geld tauschte: Plötzlich landete ein siebenstelliger Betrag auf einem Bankkonto, auf das vorher monatlich 900 Franken flossen. Das Konto wurde eingefroren, ihm hat man die Kreditkarte eingezogen. Der Neureiche reagierte mit dem Umzug in ein luxuriöses Fünf-Sterne-Hotel, weil man da mit Bitcoin zahlen konnte. Dann ging es auf Weltreise. Er lebt in der Schweiz und Frankreich, hat in bester Pariser Lage ein opulentes Apartment.

Wie riskant das Spekulieren mit dem Bitcoin sein kann, musste auch Yousuf trotz seines Erfolgs bereits am eigenen Leib erfahren. Als die Kryptowährung einen steilen Absturz hinlegte, löste sich ein Teil seines Vermögens in Luft auf. "Ich habe effektiv sicher zwei- bis dreihundert Millionen Dollar verloren", erklärt der Jungmillionär in einem Tonfall, als ginge es um einen dreistelligen Betrag.

Die Rückkehr nach Kurdistan, wo Yousuf in der Großstadt Erbil auf arme Kinder trifft, von denen er selbst eines sein könnte, ist ein äußerst interessanter Aspekt. Leider reichen insgesamt 30 Minuten Laufzeit jedoch nicht aus, um deren Bedeutung zu erfassen. Stattdessen darf sich Yousuf mit einem Glas Wein in der Hand auf dem Penthouse-Balkon seines Luxus-Hotels inszenieren. Blick in den Sonnenuntergang über die Stadt, in der er aufwuchs. Trotz der großzügigen Spenden, die er in Kurdistan plant, inszeniert er sich gerne als jemand, der es nach oben geschafft hat. Diese Doku ist dabei gerne behilflich.

Money Maker – Mi. 21.12. – ARD: 21.45 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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