Ostseereport - Das grüne Dilemma

Die Winter in Nordnorwegen sind milder geworden. Häufig liegen die Temperaturen über dem Gefrierpunkt, der Schnee taut an und gefriert wieder. Eine harte Eisschicht entsteht. Für die Rentiere, die ihr Futter unter der Schneedecke suchen, bedeutet das Hunger und Gefahr. Der junge Rentierhirte Niilas Andersen muss den Tieren den ganzen Winter lang zufüttern, bis sie in die küstennahen Sommergebiete weiterziehen. Mit großem Aufwand muss er mit dem Schlitten Futter bis in die Berge bringen. Das bedeutet weite Strecken mit dem Scooter im Schnee. Das indigene Volk der Sami lebt hier seit Jahrhunderten im Einklang mit der Natur. Es kämpft in Nordnorwegen an zwei Fronten: gegen die Folgen des Klimawandels und gegen die Maßnahmen, die ihn eigentlich aufhalten sollen, die Windparks. Sie entstehen oft genau in den Weidegebieten der Rentiere. Die großen Windparks, die Europas Energiewende voranbringen sollen, zerstören die uralten Zugrouten der norwegischen Rentiere. Auch werden sie an der Küste an Orten errichtet, wo die Herden im Frühsommer ihre Kälber zur Welt bringen. Die Rentiere gewöhnen sich nicht an die Windräder und werden in ihrem Lebensrhythmus gestört. Der Same Per Olaf Persen war früher im Bankwesen tätig, unterstützt aber seit einigen Jahren die Rentierhirten in ihrem Kampf gegen die Windparks. "Wir können das Klima nicht retten, indem wir die Natur zerstören", sagt er, und wittert vor allem rein wirtschaftliches Interesse hinter den Windparks. Für ihn steht nicht nur eine Art zu leben, sondern die ganze Kultur der Sami auf dem Spiel. Die Regierung in Oslo möchte aber die Windkraft stärken, um Norwegen zukunftsfähig zu halten. Wie "grün" ist grüne Energie, wenn die Sami fürchten ihre Lebensgrundlage zu verlieren?