Für ihr Ziel der Klimagerechtigkeit gehen Aktivistinnen und Aktivisten der Letzten Generation nicht nur auf die Straße, sondern auch ins Gefängnis. Auch Handgreiflichkeiten durch Autofahrer sind längst keine Seltenheit mehr. Wie kommen die "Klima-Kleber" privat mit dem Gegenwind zurecht?
Sie wollen die Welt retten. Dass sich nicht nur das Klima, sondern zunehmend auch die Debatten um die Aktionen der Aktivistinnen und Aktivisten erhitzen, macht die Sache jedoch nicht einfacher. Mit den immer extremeren Protestaktionen ziehen Umweltschutzbewegungen wie Extinction Rebellion oder Letzte Generation große Aufmerksamkeit und ebenso großen Ärger auf sich. Was die Menschen bewegt, die Kartoffelbrei auf Monet-Gemälde werfen oder Sitzblockaden auf Autobahnen veranstalten, zeigt nun die "37°"-Dokumentation "Radikal, gehasst, verzweifelt".
Der Film von Broka Herrmann begleitet Aktivistinnen wie Carla Hinrichs. Carla ist 25 Jahre alt, Juristin – und Sprecherin der Letzten Generation. Das zweite Staatsexamen hat sie noch nicht geschrieben. Der Abschluss als Volljuristin kann warten; der Planet steht an erster Stelle. Der Beruf ist nicht wichtig, "bis mit der Letzten Generation wesentliche Erfolge erzielt wurden", sagt Carla. Seit die gebürtige Bremerin als Mitbegründerin der Klimabewegung in der Öffentlichkeit steht, ist ein "normales Leben" derzeit ohnehin nicht denkbar.
So wurde Ende Mai Carlas Wohnung von Polizeibeamten durchsucht, nachdem die Münchner Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen gegen sie und sechs weitere Mitglieder der Letzten Generation aufgenommen hatte. "Plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Weste an deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich", berichtete Carla später von der Razzia. Als Vollzeitaktivistin ist die Wahl-Berlinerin nicht nur ständig mit Hasskommentaren im Netz konfrontiert, sondern auch ins Visier der Polizei geraten – ein ungewöhnlicher Alltag für eine junge Frau, die einst Richterin werden wollte und eigentlich bloß die Welt, wie sie selbst sagt, ein Stück "gerechter" machen will.
Die Entschlossenheit, den Idealismus, aber auch den Frust teilt Carla mit Solvig. Ein Jahr ist die 41-Jährige mittlerweile Teil der Letzten Generation. Als Mutter von vier Kindern ist es Solvig wichtig, für die Zukunft auf die Straße zu gehen. Überzeugt hat sie Lina, ihre älteste Tochter. Das Mutter-Tochter-Gespann ist Attacken von Autofahrern, aber auch Geld- und Haftstrafen längst gewohnt. Für Aktivistinnen wie Solvig und Lina ist der gesellschaftliche Hass, der sich immer wieder gegen sie entlädt, ein kleiner Preis für eine große Sache. Vor allem eines wird im Film deutlich: Aufgeben werden Carla, Solvig, Lina und all die anderen "Klima-Kleber" so schnell nicht.
.@carla_hinrichs_ erzählt von der Hausdurchsuchung bei ihr heute Morgen:
„Plötzlich steht ein Polizist mit schusssicherer Weste an deinem Bett und richtet eine Waffe auf dich.“ pic.twitter.com/E7I6xRZfFu
37°: Radikal, gehasst, verzweifelt – Di. 20.06. – ZDF: 22.15 Uhr