Morbides aus Österreich: In der Thrillerserie "Totenfrau" entpuppt sich die scheinbare Idylle eines alpenländischen Skiparadieses als Brutstätte für Gier, Verschwörungen und düstere Geheimnisse. Mittendrin sinnt eine rachsüchtige Bestatterin auf Vergeltung für den Tod ihres Ehemannes.
Verschneite Berge und scheinbar unbefleckte Natur kollidieren verhängnisvoll mit Geldgier, mörderischen Trieben und anderen Abgründen: Mit diesem Erfolgsrezept glückte Sky und ZDF mit "Der Pass" eine faszinierende Thrillerserie mit unglaublichen Hauptdarstellern, angesiedelt im alpenländischen Grenzgebiet zwischen Deutschland und Österreich.
Mit inhaltlich und ästhetisch ähnlich inszeniertem Stoff versuchten der ORF und Netflix im Frühjahr 2023 nachzuziehen: Nun debütiert die sechsteilige Produktion "Totenfrau", eine Adaption von Bernhard Aichners Bucherfolg, auch im deutschen Free-TV. Das Erste zeigt alle Folgen am Stück.
Der Tod gehört zum Alltag von Blum (Anna Maria Mühe). Doch als die Bestatterin den Unfalltod ihres geliebten Mannes mit eigenen Augen mitansehen muss, bricht eine Welt für sie zusammen. Weil der Unfallverursacher flüchtet und die Polizei in den Augen Blums nur wenig Ermittlungswillen aufbringt, nimmt sie die Sache selbst in die Hand. Sie ist überzeugt: Hinter dem vermeintlichen Unfall steckt Mord. Beim anschließenden Rachefeldzug wechselt Blum schon bald die Rollen und wird von der Jägerin zur Gejagten.
"Wir sind hier alle eine große Familie", lässt die einflussreiche Unternehmerin und "Schneekönigin" Johanna Schönborn (Michou Friesz) an einer Stelle in "Totenfrau" fallen. Doch erfahrene Serienschauer ahnen bereits: Genau das Gegenteil ist der Fall. Jeder im vordergründig anmutenden Skiparadies scheint etwas zu verbergen und auch etwas zu verlieren zu haben.
Polizeichef Wilhelm Danzberger (Robert Palfrader) fürchtet aus diffusen Gründen um sein Amt, Polizist Massimo (Felix Klare) unterstützt Blum zwar, wirkt aber auch geheimnisvoll. Dazu frönt eine Gruppe um Pfarrer Jaunig (Simon Schwarz) und dem Künstler Edwin Schönborn (Shenja Lacher) einem ganz und gar unheiligen Hobby – Stichwort: schwarze Latexmasken.
Inmitten dieses Sumpfs aus Gier, Verschwörungen und düsteren Geheimnissen sucht Blum nach Antworten, auch mit drastischen Mitteln, wenn sie ihr nötig erscheinen. Dass sie selbst mit traumatischen Erinnerungen konfrontiert wird, ist da nicht unbedingt hilfreich.
"Totenfrau" wurde in zwölf Sprachen synchronisiert. Für den internationalen Markt sei die Serie konzipiert, ließen die Macher bei der Veröffentlichung verlauten. Im englischsprachigen Ausland wird die Thrillerserie unter dem Titel "Woman of the Dead" beworben. ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz hoffte nach der TV-Premiere im ORF im November 2022: "Heimisches Talent und Bilder aus Österreich werden dadurch weltweit sichtbar gemacht."
Schöne Bilder bietet "Totenfrau" auf jeden Fall. In düsteren, grau-kalten Bildern ist die tolle Naturkulisse in Nicolai Rohdes Serie stimmungsvoll eingefangen. Und doch wirkt die ORF-Netflix-Koproduktion wie eine Thrillerserie von der Stange.
Ja, die vielen Geheimnisse tragen zu einer ordentlichen Spannungskurve bei. Skurrile Morbidität und ein tiefschwarzer Schmäh, oft typische Kennzeichen österreichischer Top-Serien, sucht man über weite Strecken jedoch vergebens – wohl auch, weil der Großteil des Ensembles eben nicht in der Alpenrepublik beheimatet ist. Schade eigentlich, hätte das Setting doch eine Mischung aus David Schalkos brillant-bösen "Aufschneider"-Filmen und Thrillerelementen aus "Der Pass" durchaus hergegeben.
Totenfrau – Sa. 25.11. – ARD: 20.15 Uhr