Vom Straßenjungen zum Streetworker
24.06.2025 • 22:15 - 22:45 Uhr
Info, Gesellschaft + Soziales
Lesermeinung
Schon im Alter von zehn Jahren wird Kalle, der eigentlich Pascal heißt, von der Kamera begleitet. Er wuchs in Berlin als Schlüsselkind auf und verbrachte viel Zeit im Kiez, bis er in den Knast wanderte. Heute möchte er seine Ausbildung als Erzieher abschließen. Die "37°"- Reportage begleitet den heute 25-Jährigen.
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Bereits im Jahr 2011 beginnt das Team von "37°" Kalles Weg filmisch zu dokumentieren. Nach der Schule ist er viel alleine im Kiez unterwegs.
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Kerstin, Kalles Mutter, arbeitet heute in einem Supermarkt. Schon damals musste sie im Schichtdienst arbeiten und hatte wenig Zeit für ihren Jungen.
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Kalle, der eigentlich Pascal heißt, möchte Erzieher werden. Er will den Kindern und Jugendlichen Tipps geben, die dabei helfen, die Herausforderungen im Alltag zu meistern.
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Eine kleine Zeitreise: Pascal ist heute in der Arche Hellersdorf tätig und betreut dort Kinder und Jugendliche. Vor 15 Jahren verbrachte er selbst viel Zeit an diesem Ort.
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Heute kann Kalle auf sein früheres Ich zurückschauen. Schon 15 Jahre wird er von der Kamera durch Höhen und Tiefen seines Älterwerden begleitet.
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Die Geschichte von Kalle wurde verfilmt. "Kalle Kosmonaut" trifft auf große Resonanz bei den Zuschauern. Bei einer Podiumsdiskussion berichtet Kalle von der Zeit im Gefängnis.
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Originaltitel
Vom Straßenjungen zum Streetworker
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2025
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Kindheit, Knast und Neubeginn

Von Paula Oferath

Die "37°-Reportage "Vom Straßenjungen zum Streetworker" erzählt eine bewegende Geschichte. Über 15 Jahre hinweg begleitete das ZDF Kalle durch Kindheit, Jugendknast und seine zweite Chance.

Wie kann soziale Ungerechtigkeit das Leben beeinflussen? Die "37°"-Reportage "Vom Straßenjungen zum Streetworker" (Dienstag, 24. Juni, um 22.15 Uhr, im ZDF, am Sendetag ab 8 Uhr auch im Stream) geht unter anderem dieser Frage nach. Die realitätsnahe, emotionale Langzeitbeobachtung zeichnet das Porträt von Kalle, dessen Lebensweg von Instabilität, Einsamkeit und Glücksmomenten geprägt ist. Aber auch von dem festen Willen, seinen Platz in der Welt zu finden und etwas zu verändern. Wird ihm dies gelingen? Der Film von Tine Kugler und Günther Kurth gibt die Antwort.

Bei den Dreharbeiten zu einem ZDF-Beitrag zum Thema "Schlüsselkind" lernten die beiden Autoren Kalle bereits 2011 kennen. Im Fokus standen seinerzeit Kinder, die ihren Alltag ohne Betreuung selbstständig meistern. "Damals haben wir unter anderem auch mit Kalle gesprochen. Als die Dreharbeiten vorbei waren, war für uns schon bald klar, dass wir weiter mit ihm drehen wollten, weil wir uns so gut verstanden haben und ihn sehr mochten. Irgendwann haben wir dann gemeinsam mit seiner Mutter beschlossen, sein Leben weiter zu begleiten", berichtet Tine Kugler im Interview mit dem Portal kinofenster.de.

"Das Gefängnis war ein Teil seines Lebens"

Das Team des ZDF begleitet Kalle also seit mittlerweile fast 15 Jahren auf seinem Weg durchs Leben. Heute ist er 25 Jahre alt und arbeitet mit benachteiligten Kindern. Pascal, so sein eigentlicher Name, wächst in Berlin-Hellersdorf auf. Seine Mutter Kerstin arbeitet im Schichtdienst, oft ist sie nur wenige Stunden am Tag zu Hause. Die Kommunikation läuft häufig über kleine Zettel, die sie ihm hinterlässt. Einer davon lautet: "Pascal, wenn du wach bist, rufe mich bitte an. Dann esse was und ziehe dich an. Kein Blödsinn. Fernseher bitte auslassen. Mama."

Weil sie kaum präsent sein kann, ist Kalle oft auf sich allein gestellt. Er verbringt viel Zeit in der Arche, einer Einrichtung, die sich um sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche kümmert. Die Kamera begleitet ihn auf Augenhöhe. Kalle ist ein Kind mit großen Träumen, das langsam zum Jugendlichen heranwächst. Die Reportage zeigt die erste Liebe, erste Irrwege und schließlich den Absturz. Mit 16 Jahren kommt Kalle wegen Körperverletzung und anderer Delikte in den Jugendknast. Das hat auch den Dreh des ZDF beeinflusst, wie Tine Kugler im Interview verrät: "Ich kann mich noch gut an die Situation erinnern, als feststand, dass er ins Gefängnis kommt. Da hatten wir intensive Gespräche mit ihm und seiner Mutter, um zu entscheiden, wie wir im Film mit der Situation umgehen. Natürlich hätten Kalle und seine Mutter jederzeit entscheiden können, wir hören jetzt auf. Aber das Gefängnis war ein Teil seines Lebens und gerade, weil solche Erfahrungen häufig tabuisiert werden, war und ist es Kalle wichtig, das nicht auszublenden. Im Gefängnis selbst durften wir leider nicht drehen."

"Kalle Kosmonaut"

2019 gelingt Kalle die Rückkehr in ein geordnetes Leben. Von der Zeit nach dem Gefängnis erzählt auch der Dokumentarfilm "Kalle Kosmonaut", ebenfalls von Tine Kugler und Günther Kurth produziert. Das dokumentarisches Porträt fürs Kino stieß sowohl beim Publikum als auch bei Kritikern auf große Resonanz. Offen und eindrücklich thematisiert er die Frage, welchen Einfluss Herkunft und Umfeld auf die Entwicklung junger Menschen haben. So auch die "37°"-Reportage "Vom Straßenjungen zum Streetworker".

Heute steht Kalle, mittlerweile Familienvater, erneut an einem Wendepunkt. Er ist dabei, seine Ausbildung zum Sozialassistenten abzuschließen, und kämpft um finanzielle Unabhängigkeit. Kalle möchte etwas in dieser Welt verändern. "Ich fall auch immer noch auf die Schnauze, und das gehört dazu. Ich lerne dazu. Aber dafür mache ich andere Sachen verdammt richtig", sagt er. Wird Kalle die Ausbildung, die für ihn ein wichtiger Schritt in ein strukturiertes Leben ist, schaffen?

37°: Vom Straßenjungen zum Streetworker – Di. 24.06. – ZDF: 22.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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