Wenn Babys zur Ware werden - das Leihmutter-Business
29.10.2025 • 02:35 - 03:05 Uhr
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Originaltitel
Wenn Babys zur Ware werden - das weltweite Leihmutter-Business
Produktionsland
D
Produktionsdatum
2025
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Wenn Babys zur Ware werden - das Leihmutter-Business

Das team.recherche des NDR begibt sich auf Spurensuche im weltweiten Leihmutter-Business. Ausgangspunkt ist der Fall von Ruby: ein kleines Mädchen, das von einer Leihmutter in Südamerika für ein deutsches Paar zur Welt gebracht wurde. In dem Heimatland der Leihmutter ist sie der "Fall Null", der Ermittlungen wegen Menschenhandels in mehreren Dutzend Fällen ausgelöst hat. Er führt zu dubiosen und global vernetzten Leihmutter-Agenturen, die mit dem Kinderwunsch Geschäfte machen - weitgehend unkontrolliert und unreguliert. Das Reporterinnen-Team zeichnet nach, wie Leihmutter-Agenturen womöglich Gesetze umgehen, welche Märkte für Leihmutterschaft florieren - und wer den Preis dafür zahlt: Kinder, die geradezu zur Ware werden, und Frauen, die ohne Schutz und Regulierung für Geld gebären. Ein über eine Leihmutter-Agentur bestelltes Baby eines deutschen Paares hat in Argentinien Ermittlungen wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Ausbeutung ausgelöst. Die Recherchen des NDR für das neue investigative Doku-Format der ARD "team.recherche" rekonstruieren in "Wenn Babys zur Ware werden - das Leihmutter-Business" den Fall von Ruby*- und geben Einblicke in einen milliardenschweren und weitgehend unregulierten Markt. Heike und Claude hatten sich nach einem Besuch auf der Kinderwunsch-Messe "Wish for a Baby" für eine Agentur entschieden, die Leihmutterschaft in Argentinien anbietet. Das deutsche Paar, das zu diesem Zeitpunkt schon über 50 Jahre alt war, zahlte umgerechnet fast 50.000 Euro. Zum Vergleich: In den USA, wo Leihmutterschaft in einigen Bundesstaaten streng geregelt ist, kostet ein Kind aus Leihmutterschaft etwa viermal so viel. Obwohl Leihmutterschaft in Deutschland verboten ist, dürfen Agenturen hier über die Möglichkeiten im Ausland informieren. Wenn dann Kinder in anderen Ländern zur Welt kommen, erkennen deutsche Behörden sie in der Praxis unter bestimmten Voraussetzungen an. Nach Recherchen von "team.recherche" bieten einige Agenturen Wunscheltern jedoch auch Möglichkeiten an, die rechtliche Graubereiche ausnutzen oder offenbar illegal sind. Auch im Fall von Ruby verstießen die beteiligten Agenturen offenbar gegen geltendes Recht, wie Recherchen des NDR nun zeigen. Rubys Leihmutter Alejandra M. gibt im Interview mit "team.recherche" an, dass sie 10.000 Dollar, umgerechnet etwa 8.600 Euro, in bar bekommen habe. Dabei ist in Argentinien Leihmutterschaft gegen Bezahlung laut Staatsanwaltschaft verboten. Man habe ihr am Handy Anweisungen gegeben, dass sie auf die Straße kommen und in ein Auto steigen solle, um die Bezahlung zu erhalten. Die Entscheidung für die Leihmutterschaft habe sie aus finanzieller Not getroffen, erklärt die alleinerziehende Mutter: "Ich war in einer schwierigen Situation. Ich brauchte Geld", sagt Alejandra M. Die Staatsanwaltschaft geht von einem weit verzweigten Netzwerk aus, in dem Agenturen, Kliniken, Rechtsanwälte und Notare zum Nachteil der Leihmütter agierten. Die Behörden vermuten, dass Argentinien ein neuer Hotspot für das internationale Leihmuttergeschäft werden sollte. Zur Verschleierung hoher Millionenbeträge und zur Umgehung von lokalen Gesetzen sei es wahrscheinlich, dass die Agenturen Offshore-Firmen etwa auf Zypern gegründet hätten. Auch der Agenturmitarbeiter Carlos Leiva, der für den Ruby-Fall zuständig war, ist ins Visier der Staatsanwaltschaft gerückt. Leiva lebt in Spanien und soll hier bereits ausgesagt haben. Gegenüber "team.recherche" erklärt er, nichts falsch gemacht zu haben. "Es gibt kein Gesetz, das Leihmutterschaft in Argentinien verbietet oder erlaubt", also sei alles in Ordnung gewesen. Darüber hinaus habe die Leihmutter Alejandra M. keinen kommerziellen Vertrag unterschrieben, sondern nur eine Einverständniserklärung. Gegen ihn und andere ermittelt nun die argentinische Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts des Menschenhandels und der Ausbeutung; insgesamt in 48 Fällen, in denen Agenturen Kinder aus Leihmutterschaft an ausländische Paare vermittelt haben sollen. Auch das deutsche Paar Heike und Claude wurde von Leiva offenbar nicht ausreichend beraten. "team.recherche" liegt ein Dokument vor, wonach er den beiden mitteilte, Geburtsurkunde und argentinischer Pass würden ausreichen, um die Elternschaft des deutschen Paares zu belegen. Doch bei einem Arztbesuch in Deutschland zweifelten Mitarbeitende einer Klinik offenbar an dieser Elternschaft - wohl auch, weil das Mädchen nur einen argentinischen Pass besaß. Heike habe zudem ein sehr unsicheres Verhalten mit dem Säugling gezeigt. Das Jugendamt nahm das Kind daraufhin wegen des Verdachts der Kindeswohlgefährdung in Obhut. Das Thema Leihmutterschaft wird im aktuellen Koalitionsvertrag nicht ausdrücklich behandelt. Auf Nachfrage des NDR teilte das Familienministerium außerdem mit, man habe sich bislang noch nicht mit den Ergebnissen der unter der vorherigen Ampelregierung eingesetzten Kommission beschäftigt. "team.recherche" ist ein investigatives Doku-Format der ARD für die Mediathek. Junge Reporter-Teams von BR, MDR, NDR, SR, SWR und WDR liefern monatlich exklusive Recherchen mit starkem Storytelling. Im Fokus stehen die Recherchen zu gesellschaftlich relevanten Themen - spannend und nah erzählt. Federführer der Formatredaktion sind BR und SWR. Seit 20. Oktober 2025 in der ARD Mediathek.

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