Hauptrolle im ZDF-Drama "Südstadt"

Anke Engelke: "Ich war nie nur Komikerin"

von Maximilian Haase

Wenn Anke Engelke in der Vergangenheit im Film auf ernst machte, handelte es sich meist um komödiantische Überzeichnungen der strengen Karrieristin, Mutter, Lehrerin. Seit einigen Jahren scheint sich dies zu ändern: Mehr und mehr reüssiert die 52-Jährige in gänzlich unironischen Rollen, spielt in Krimis ("Tödliche Geheimnisse") und dreht mit "Deutschland 86" einen historischen Thriller par excellence. Im ZDF-Film "Südstadt" wagt sich die Allrounderin nun an ein waschechtes Beziehungs- und Freundschaftsdrama, das ihre Heimatstadt Köln in den Fokus rückt. Warum sie dort so gern lebt, warum sie trotz Prominenz am liebsten Straßenbahn fährt und ob sie derzeit eine ernste Offensive fährt, verrät Anke Engelke im Gespräch.

prisma: "Südstadt" ist nach dem Kölner Stadtteil benannt. Ist Ihr aktueller Film ein Köln-Film?

Anke Engelke: Magnus Vattrodt ist ja ein Kölner Autor. Und dann wird man oft gefragt, ob die Geschichte auch in Berlin am Prenzlauer Berg hätte spielen könnte. Das weiß ich doch gar nicht! Mir ging es um das Miteinander der Menschen, die vielleicht von einer Stadt geprägt sind, von einer Zugänglichkeit gefärbt, die man in Köln so spürt. Aber eigentlich interessant finde ich die Beziehungen der Paare zwischeneinander. Eigentlich werden ja auch große Themen verhandelt, mit denen aber lokal umgegangen wird – große Welt, aber doch provinziell. Das ist schon sehr Köln.

prisma: Sie leben dort seit langer Zeit. Wie gefällt Ihnen die Stadt denn?

Engelke: Ich mag es sehr gern. Ich komme auch damit klar, dass es eine sehr hässliche Stadt ist. Ich komme damit klar, dass es so eine kumpelhafte Stadt ist. Aus dem Kumpelhaften ziehe ich etwas anderes heraus: ein aneinander Interessiert-Sein. Das mag ich total. Die Menschen hier laufen nicht aneinander vorbei, sondern auch mal ineinander. Oder bleiben stehen und schauen einander zu. Sie schauen aufeinander – das heißt aber nicht unbedingt achtgeben. Es kann hier trotzdem passieren, dass der aus dem ersten Stock nicht mitbekommt, dass im fünften seit drei Tagen eine Leiche liegt.

prisma: Wie haben Sie andere Städte im Vergleich dazu wahrgenommen?

Engelke: Ich habe noch nie in anderen deutschen Großstädten gelebt, ich habe bisher nur hier gewohnt. In Berlin oder München, wo ich viele Drehs hatte, erlebe ich einen anderen Umgang mit dem eigenen Leben und Stellenwert. München hat diese Kombination aus dem total Großstädtischen und dem selbstbewussten Feiern der Rituale. Und Berlin hat etwas sehr Internationales, möchte aber diese Rotzigkeit immer behalten.

prisma: Werden Sie zu Hause in Köln eigentlich oft erkannt? Und ignoriert man Sie dann eher?

Engelke: Ignoriert nicht. Man wird wahrgenommen, aber das ist wirklich nicht wichtig. Köln war ja mal die deutsche Medienstadt, davon ist etwas geblieben, daher ist das unbedeutend. Es gibt zwei, drei ganz armselige Pressefotografen, die immer hoffen, dass irgendwas passiert. Die haben aber nicht verstanden, dass die Stadt das nicht will. Ich werde aber zum Glück in Ruhe gelassen. Ich habe eine Vereinbarung mit der Stadt: Ich lasse sie ihr Ding machen, und sie lässt mich mein Ding machen. Deshalb habe ich zwar ein Auto, aber fahr damit kaum herum. Ich fahre meist mit der Straßenbahn.

prisma: Da werden Sie nicht angesprochen?

Engelke: Nein, es interessiert nicht so sehr. Ich gehe fest davon aus, dass der Mensch neben mir in der Straßenbahn ein genauso wichtiges Leben führt – da ist keiner wichtiger als der andere. Diese Nahbarkeit passt besser zu mir als ein Szeneleben wie beispielsweise in München. Deshalb transportiert sich die Schönheit dieser Stadt für mich statt über die Architektur über die Menschen.

prisma: Die Menschen in "Südstadt" scheinen ein bestimmtes Milieu, eine bestimmte Generation zu repräsentieren ...

Engelke: Erst mal ist das vor allem eine Beobachtung des Autors. Der Film ist ja sehr gegenwärtig. Ob es da eine Schnittmenge gibt aus den Themen der sechs Figuren im Film und mir, da müsste ich mal genau hinschauen. Das hab ich aber genauso, wenn ich die "Simpsons" synchronisiere! Da denke ich oft: Versteh ich, kenn ich! Oder kürzlich in "Deutschland 86" – da habe ich eine KoKo-Mitarbeiterin gespielt, eine DDR-Offizielle. Und selbst die Frau habe ich manchmal verstanden. Wenn auch seltener als die Figuren in "Südstadt". Man könnte diese kleinen Geschichten in "Südstadt" wahnsinnig dramatisieren, aber es sind nun mal kleine Geschichten.

prisma: Ihre öffentliche Wahrnehmung wird noch immer bestimmt von komödiantischen Rollen und Shows. Zuletzt spielten sie im Kapstadt-Krimi, in "Deutschland 86", sehr ernst in "Südstadt". Ist das eine Offensive Ihrerseits?

Engelke: Nö. Ich war ja auch nie nur Komikerin, ich hatte nie ein Stand-up-Programm. Wenn jemand Kategorien braucht, ist das total okay, aber ich lege mich am liebsten gar nicht auf ein einziges Genre fest.

prisma: Ärgert Sie es, wenn Sie von außen eingeordnet werden?

Engelke: Das Kategorisieren, nö, das ist in Ordnung. Ich komme ja aus dem ernsten Fach, ich habe lange beim Südwestfunk gelernt und gearbeitet. Ich präsentiere zum Beispiel Kinderkonzerte – aber deshalb bin ich ja nicht die Kindertante. Man kann das nicht auf ein Genre reduzieren, das ist das Schöne an der Schauspielerei. Ich sehe den Beruf als etwas ganz Allumfassendes – da gehört das Synchronisieren dazu, ebenso das Moderieren und meine Reportagen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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