Das Premiumprodukt wird zerhackt

von Andreas Schöttl

Fans der Fußball-Bundesliga müssen sich zu Beginn der neuen Saison auf Änderungen einstellen. Unter anderem wurden die Anstoßzeiten erweitert. Zudem teilen sich nun zwei Pay-TV-Anbieter einen nur einzigen Spieltag auf.

Der Fußballfan an sich ist treu, traditionsbewusst und eigentlich recht genügsam, wenn es um seinen Sport und seinen Verein geht. Nach einer Niederlage ist er zumeist nicht lange verärgert, schließlich folgt immer eine nächste Partie bereits in wenigen Tagen – und dann wird er eben wieder dabei sein: im Stadion oder per Live-Übertragung im Fernsehen. Es ist nicht so leicht, diesen Fan, Gemütsmensch, der er ist, aus der Ruhe zu bringen. Solange sich an den gewohnten Abläufen und Ritualen nichts ändert, alles gut. Doch nun, da der Saisonstart naht, herrscht zunehmend Aufruhr im Lager der Fußball-Junkies, die, so scheint es fast, selbst einen Abstieg ihres Klubs besser verkraften könnten als solche gravierenden Änderungen, wie sie nun ins Haus stehen. Folgende Fragen werden im Angesicht der nahenden Saison 2017/2018 nervöser diskutiert als jede Kaderplanung: Welcher Sender überträgt wann welche Spiele? Wo sind die Highlights und Zusammenfassungen zu sehen? Was ist mein Sky-Abo jetzt noch wert?

Fakt ist: Sky hat seine Exklusivrechte für alle Bundesliga-Spiele der Saison verloren. Dem in der Werbung lange Zeit mit Inbrunst und zu Recht gegebenen Versprechen, alle Spiele live zu zeigen, können die Unterföhringer nicht mehr entsprechen. Denn auch Eurosport mischt nun mit exklusiven Übertragungsrechten mit. Die neun Begegnungen eines Bundesligaspieltages steigen nun am Freitagabend, samstags, einige sind für Sonntagmittag terminiert, sogar Montagabends wird nun auch in Liga Eins angepfiffen. Dieses ganze Durcheinander hat viele Fans bereits verärgert – erst recht, nachdem die Deutsche Fußball Liga (DFL) kürzlich bekanntgab, wann welcher Verein an welchem Tag spielt. Aber auch diese erste Terminierung gilt nur für die ersten sechs Spieltage der Saison.

Das hat es in der Geschichte der Bundesliga so noch nicht gegeben. Erstmals teilen sich zwei Pay-TV-Angebote die Livespiele. 40 von insgesamt 306 Partien werden nicht bei Sky gezeigt. Der Sender musste die Partien nach der Vergabe der neuen Bundesligarechte abgeben an den Konkurrenten Eurosport, Tochter des US-amerikanischen globalen Medien- und Unterhaltungsriesen Discovery Communications. Dort sind in der neuen Saison alle 30 Freitagsspiele zu sehen. Zudem jeweils fünf Partien am Sonntag, um 13.30 Uhr, und am Montag, um 20.30 Uhr. Diese beiden Anstoßzeiten sind jeweils neu. Ärgerlich ist für viele Kritiker am neuen Modus: Die Spiele sind vorerst nur im Internet zu sehen – im Stream in einem sogenannten Eurosport-Player. Für diesen allerdings muss auch gezahlt werden. Ein Einstiegsabo, das bis 31. August gültig ist, liegt für die Saison bei 29,99 Euro, der Tagespass kostet 9,99 Euro. Will der Fußball-Fan alles haben, braucht er also neben dem Sky-Paket auch dieses Abo sowie natürlich eine schnelle und stabile Internet-Leitung und idealerweise einen Smart-TV, um dort die Spiele über die App in guter Qualität auf dem großen Bildschirm zu verfolgen. Ansonsten muss er zum PC, Laptop oder Tablet greifen. Die kleinen Monitore mindern zumindest den Überblick auf das Feld. Zudem kränkeln die Streaming-Lösungen noch immer unter einer gewissen zeitlichen Verzögerung.

Vor allem die Sky-Kundschaft ist erbost darüber, dass nun nicht mehr das volle Fußballpaket auf der Plattform zu sehen ist. Aus den Kommentaren in den einschlägigen Foren lässt sich erahnen, dass da noch einiges auf die Unterföhringer zukommen könnte. Eine Umfrage des Verbraucherportals "Aboalarm" ergab, dass es für 85 Prozent der Sky-Kunden ein Grund sei, fristlos ihr Abonnement zu kündigen, wenn die Bezahl-Plattform nach der Neuverteilung nicht seine Preise anpasst und ein verbessertes Angebot unterbreitet. Dieser Umfragewert dürfte die Verantwortlichen aufschrecken. Immerhin hatten 715 Abonnenten von Sky daran teilgenommen.

Immerhin gibt es auch gute Nachrichten: Gewohnt bei Sky am frühen Samstagabend bleibt die hochaktuelle Zusammenfassung "Alle Spiele, alle Tore" – sie ist direkt nach Abpfiff in den Stadien der 15.30-Uhr-Spiele zu sehen. Für die Internet-Verwertung hat sich der Streamingdienst DAZN die Highlight-Rechte gesichert. Zuvor lagen diese bei Axel Springer. 40 Minuten nach Abpfiff sind bei DAZN künftig ebenfalls Zusammenfassungen aller Spiele zu sehen.

Damit Eurosport mit der qualitativ gewohnt kompetenten Übertragung und Rahmenberichterstattung von Sky mithält, hat der Discovery-Sender in eine namhafte Belegschaft investiert. Matthias Sammer beispielsweise, immerhin ein Meister-Trainer und ehemaliger Sportvorstand des FC Bayern, führt eine Expertenriege an. Zusammen mit Sammer bildet Moderator Jan Henkel, ehemals Sky, das Bundesliga-Gespann von Eurosport vor der Kamera. Mit Marco Hagemann und Matthias Stach werden zwei der renommiertesten Sportreporter aus den eigenen Reihen die Bundesliga-Spiele kommentieren. Beide wurden erst im Februar 2017 für ihre Reporterleistung bei Eurosport mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Als Field-Reporter gibt es ein Wiedersehen mit Wolfgang Nadvornik.

Diese Personalie überrascht. Nadvornik war bis 2011 jahrelang eines der Sport-Gesichter des Bayerischen Fernsehens ("Blickpunkt Sport") und in der ARD (unter anderem "Sportschau"). Nach einer Zeit im Hintergrund, unter anderem als Tennislehrer, bekommt er vor der Kamera nun eine neue Chance. "Ich habe mir bewusst Zeit gelassen und auf die richtige Gelegenheit für meine Rückkehr gewartet", erklärte Nadvornik zu seiner Verpflichtung bei dem Münchner Sender. "Dieser Zeitpunkt ist jetzt für mich bei Eurosport gekommen. Der Sender bietet mir eine einmalige Chance und mit Einsätzen in der Bundesliga sowie bei Olympischen Spielen ein Aufgabengebiet, das reizvoller nicht sein könnte."

Für Nadvorniks liegt der Reiz auch darin, dass er sogleich recht namhafte Spiele begleiten darf. Wie es scheint, ist die DFL seinem neuen Partner entgegengekommen. Sie setzt für Eurosport an den ersten sechs Spieltagen durchaus attraktive Paarungen an. Der FC Bayern München ist gleich zweimal dabei – der Deutsche Meister ist allerdings einmal auch im Free-TV zu sehen: Das Eröffnungsspiel gegen Leverkusen läuft am, Freitag, 18. August, 20.15 Uhr, im ZDF.

Fans des HSV hingegen werden sich wohl besonders nachdrücklich überlegen, ob sie nicht doch schnell den Eurosport-Player buchen. Immerhin spielt der Traditionsklub aus der Hansestadt zunächst gleich dreimal am Freitagabend – und ist damit nur beim neuen Anbieter live zu sehen: beim 1. FC Köln (25. August), gegen RB Leipzig (8. September) und im Nord-Derby gegen Aufsteiger Hannover 96 (15. September).

In einem großen Durcheinander bei den Pay-TV-Sendern bleiben wenigstens die Urgesteine im Free-TV, die "Sportschau" (ARD) und "Das aktuelle Sportstudio" (ZDF), konstant. Beide zeigen wie gewohnt samstags Spielzusammenfassungen und liefern zudem Hintergründe und Interviews. Wobei die "Sportschau" einen Neuzugang vermeldet: Jessy Wellmer wird künftig die Moderation im Wechsel mit ihren männlichen Kollegen Alexander Bommes, Gerhard Delling und Matthias Opdenhövel übernehmen. Sie ist ist nach Monica Lierhaus die zweite Moderatorin in der Geschichte der Bundesliga-"Sportschau".

Auch bei SPORT1 bleibt, was die Bundesliga angeht, alles wie gewohnt. Wie bisher gibt es die Zusammenfassungen zur Bundesliga am Sonntag – vormittags und am frühen Nachmittag bis 15 Uhr, dazwischen läuft der "Doppelpass".

Ein Neueinsteiger ins Bundesligageschäft ist hingegen RTL Nitro. Der Spartensender verspricht ab dem 31. Juli das "wöchentliche Komplett-Angebot für alle Fußballfans". Immer montags, 22.10 Uhr bis 00.15 Uhr, präsentiert der Männersender unter dem Titel "100 % Bundesliga" die ausführlichen Zusammenfassungen aller 18 Spiele des Spieltags – in der Bundesliga und in der zweiten Liga. Herzstück des Rechtepakets ist die exklusive Erstverwertung des Montagabendspiels im Free-TV ab 23 Uhr. Die Moderatoren sind Thomas Wagner (bisher Sky) und Laura Wontorra (bisher SPORT1).


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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