Giuseppe Pedersoli

Bud Spencers Sohn: "Mein Vater war ein Champion"

von Max Trompeter

Der Sohn des vor einem Jahr verstorbenen Bud Spencer, Giuseppe Pedersoli, spricht im Interview über seinen Vater, Bud Spencers Karriere und sein politisches Engagement.

Es war ein emotionaler Moment für Giuseppe Pedersoli: Am 23. Juni feierte die Dokumentation "Sie nannten ihn Spencer" (Kinostart: 27. Juli) Weltpremiere im Rahmen des Münchner Filmfests. Pedersoli? Spencer? Zur Verknüpfung beider Namen muss man kein Filmfreak sein: Bud Spencer, geboren als Carlo Pedersoli, war der Vater des ebenfalls stämmigen, doch etwas kleineren und nunmehr fast glatzköpfigen 56-Jährigen.

Ein paar Tränen flossen beim Italiener, die vor allem dem Zirkus rund um diese Uraufführung geschuldet waren: Der "Giesinger Bud Spenzer Heart Chor" sang Lieder aus den beliebten Hau-Drauf-Filmen der 70-er und 80-er, ein Double war anwesend, Hunderte Fans. "Es ist wunderschön zu sehen, wie viel Freude mein Vater den Leuten auch heute noch bereitet", begründete der in den USA und Rom lebende Drehbuchautor und Filmproduzent seine Rührung am roten Teppich. Im Interview spricht Giuseppe Pedersoli über seinen Vater Bud Spencer, der am 27. Juni 2016 im Alter von 86 Jahren verstarb.

prisma: Herr Pedersoli, zum Kinostart der Dokumentation "Sie nannten ihn Spencer" werden Sie wieder viel über Ihren Vater berichten müssen. Fällt es Ihnen nicht schwer, dass Sie immer wieder an Ihn erinnert werden?

Giuseppe Pedersoli: Ganz im Gegenteil. Für uns als Familie ist das alles sogar hilfreich, unseren Schmerz über sein Ableben zu ertragen.

prisma: Ist der Hype um Ihren Vater in Deutschland besonders groß?

Pedersoli: Bekannt ist er eigentlich überall. Aber in Deutschland und Ungarn gibt es einen echten Kult um ihn. In Italien, Frankreich und Spanien kennt aber auch jeder Bud Spencer. Wir bekommen sogar Briefe aus China, dem Iran, aus total unterschiedlichen Kulturkreisen. Besonders freute er sich, dass nach so vielen Jahren seine Filme noch immer im Kino laufen, was im Fernen Osten hin und wieder der Fall ist.

prisma: Gerade auf der offiziellen, liebevoll geführten Bud-Spencer-Facebook-Seite ist der Kult tagtäglich spürbar. Sind Sie verantwortlich für den Social-Media-Auftritt?

Pedersoli: Das ist ein Projekt von Fans, deutschen Fans sogar. Mein Sohn Alessandro hat damit mal begonnen, und ein paar Deutsche haben die Seite übernommen. Ich selbst bin nicht so sehr in den sozialen Netzwerken unterwegs. Aber ich finde es unglaublich, dass ein Mann, der 86 Jahre alt wurde, so viele junge Follower hat. Immer wieder drücken die Fans ihre Liebe für ihn aus. Für viele war Bud Spencer viel mehr ein Familienmitglied oder Freund als ein Filmstar.

prisma: Wie empfand Bud Spencer seine eigene Berühmtheit?

Pedersoli: Da war er zwiegespalten. Es war ihm nie wichtig, berühmt zu sein, es war auch nie sein Ziel. Allerdings war er bereits als Olympia-Schwimmer eine große Nummer und angesehen. Neu war der Umgang mit einem gewissen Ansehen, als er dann Filmstar wurde, also nicht für ihn. Er verstand es aber nie wirklich, warum er mit diesen Spaßfilmen einen solchen Erfolg haben und solche Reaktionen heraufbeschwören konnte.

prisma: Ihr Vater hatte zig Berufe und Berufungen. Neben der Schauspielerei und seiner Schwimmkarriere sang er neapolitanische Lieder, erfand Kurioses wie etwa ein Jagdgewehr mit drei Läufen, war studierter Jurist und einst Gründer einer Airline. Was war ihm am wichtigsten und am liebsten?

Pedersoli: Er war sehr stolz auf seine Karriere als Sportler. Das Fliegen war ihm sehr wichtig, und in seine Musikkarriere steckte er immer viel Leidenschaft. Viel mehr Leidenschaft als etwa in das Schauspiel. Das genoss er zwar auch, schließlich erntete er damit viel Ruhm und verdiente viel Geld. Gleichzeitig war ihm das aber auch nie so wichtig.

prisma: Deshalb gab es wohl auch nur wenige TV- und Kinoauftritte von Bud Spencer, als er älter war.

Pedersoli: Er war noch Teil einer italienischen TV-Serie, als er bereits 83 Jahre alt war. Die meisten Anfragen verlangten allerdings nach den immer gleichen Bud-Spencer-und-Terence-Hill-Prügeleien. Auch wenn mein Vater im Alter noch eine beachtliche Erscheinung hatte, ist es einfach nicht mehr plausibel, dass ein 80-Jähriger die bösen Buben verdrischt.

prisma: 2005 setzte er auch mal zum Ausflug in die Politik an. Wie viel Ernst steckte dahinter?

Pedersoli: Er war nie wirklich ein Politiker. Ihm ging es vor allem darum, Berlusconi zu unterstützen. Die beiden sind vielleicht keine Freunde, aber Berlusconi war einst als junger Medienmagnat ein großer Förderer der Filme von Bud Spencer und Terence Hill, im Prinzip förderten sie sich gegenseitig. Man darf nicht vergessen: Auch als Politiker war Berlusconi anfangs sehr beliebt, man traute ihm zu, dass er wirklich Veränderung bringen könnte. Leider kam es nie dazu. Mit all den Skandalen um seine Person hatte mein Vater auch so seine Probleme, persönlich kamen die beiden aber immer gut klar.

prisma: In "Sie nannten ihn Spencer", der kurz vor dem Tod Ihres Vaters gedreht wurde, scheint es so, als sei er auch mit Mitte 80 noch sehr aktiv gewesen. War dies wirklich so?

Pedersoli: Er arbeitete an seiner Musik, an seinen beiden Büchern. Und seine Sekretärin wurde teilweise mit Einladungen und Anfragen überflutet. Doch mein Vater war auch auf seine alten Tage ein sehr nahbarer Mensch, der gerne beim Kaffee oder bei einer Portion Spaghetti mit den Leuten ins Gespräch kam. Er hat sich nicht als Star aufgespielt.

prisma: Waren Bud Spencer und Carlo Pedersoli ein und dieselbe Person?

Pedersoli: Ich glaube schon. Mein Vater meinte zwar oft, dass es nicht so gewesen wäre, wahrscheinlich um damit auszudrücken, dass es einen Unterschied zwischen seinem Privatleben und dem in der Öffentlichkeit gab. Doch es steckte schon immer viel von ihm in seinen Rollen. Er hat sich nie verbiegen und sich in etwas hineindrängen lassen wollen. Allerdings war er äußerst friedliebend und legte sich nicht ständig mit fiesen Schurken an.

prisma: Wie erklärte Ihr Vater seinem noch jungen Sohn diese Art von Gewalt in seinen Filmen?

Pedersoli: Das musste er gar nicht. Diese Art von Gewalt versteht doch jedes Kind als Comedy-Element, als Show. Man sieht doch sogar, wenn man genauer hinsieht, dass das alles Stunt-Männer waren, die auch nach dem härtesten Schlag sofort wieder aufstehen konnten. In den Filmen meines Vaters starb ja keiner, kein Blut floss, und keiner hat wirklich Schmerzen davongetragen.

prisma: Wann haben Sie realisieren können, wie berühmt Ihr Vater wirklich ist?

Pedersoli: Das kann ich nicht sagen. Ich sah meinen Vater immer als meinen Vater. Mit "Die rechte und die linke Hand des Teufels" und "Vier Fäuste für ein Halleluja" explodierte das Ganze natürlich, in welchem Maße, das konnte ich erst später begreifen. In der Dokumentation heißt es, dass Bud Spencer in den 70-ern in Deutschland erfolgreicher als James Bond war. Das wusste ich bisher auch noch nicht.

prisma: Sahen Sie Ihren Vater überhaupt viel in Kindertagen?

Pedersoli: Er war tatsächlich wenig zu Hause. Seine Filme spielen ja auch oft in sehr exotischen Flecken der Welt. Später, als Teenager, sah ich ihn mehr, da ich immer wieder nachflog und ihn am Set besuchte. Abermals später arbeitete ich viel mit ihm, erst als Darsteller, später als Autor und Produzent. Das machte unser Verhältnis noch viel enger.

prisma: War die Berühmtheit Ihres Vaters ein großer Schatten für Ihre Bemühungen im Filmgeschäft oder konnten Sie den großen Namen als Sprungbrett nutzen?

Pedersoli: Ich sah ihn nie als einen Schatten oder als jemanden, auf den ich neidisch sein müsste. Das wäre ja selbstzerstörerisch gewesen – wie sollte ich so einen Champion herausfordern? Ich verehrte ihn und war immer stolz darauf, sein Sohn zu sein. Ich war stolz auf alles, das er anpackte. Es ist ein Privileg, einen solchen Vater zu haben.

prisma: Wie ist es für Sie, ein Jahr nach dem Tod Ihres Vaters so viel über Ihn zu sprechen?

Pedersoli: Um ehrlich zu sein, stimmt es mich gar nicht traurig. Ich vermisse ihn, aber mein Vater hatte ein langes Leben, ein erfolgreiches Leben, er genoss alles daran. Und gerade zuletzt genoss er das Zusammensein mit seiner Familie. Niemand hat darf ewig leben. Schade ist aber zum Beispiel, dass er diesen Film nicht noch hat sehen können.

prisma: Haben Sie eine Anekdote zu Ihrem Vater, die sie am liebsten mögen?

Pedersoli: Es gibt so viele, doch eine sehr emotionale gefällt mir am besten: Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften 2009 in Rom war mein Vater, damals 79 Jahre alt, eingeladen, um einem der Sieger eine Goldmedaille umzuhängen. Die Organisatoren des Schwimmverbands, wahrscheinlich Amerikaner oder Australier, wussten nicht, wer Bud Spencer ist und intervenierten. Also durfte er nur Blumen und nicht die Medaillen vergeben. Als er dann in die Schwimmhalle kam, standen 20.000 Zuschauer auf und applaudierten ihm. Man kann sich vorstellen, wie sich die unwissenden Organisatoren dann fühlten (lacht).


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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