Porträt bei ARTE

"Die Hardy-Krüger-Story": der lässigste Hund von allen

von Wilfried Geldner

Hardy Krüger prägte in der Nachkriegszeit das Bild vom anderen Deutschen. Seinen großen Durchbruch schaffte er ausgerechnet durch einen britischen Film.

ARTE
Die Hardy-Krüger-Story
Dokumentation • 10.11.2019 • 22:30 Uhr

Er war der Held des deutschen Nachkriegskinos – gut aussehend, blond blauäugig – und mit einer Stimme beschenkt, wie sie sonst nur Hollywood-Stars eigen ist. Ohne, dass er es wollte, formte Hardy Krüger das Bild des Deutschen im Ausland neu. Dabei wäre er beinahe in einer modernen deutschen Nouvelle Vague hängengeblieben. Wenn er auf dem Berliner Kudamm in der Ost-West-Geschichte "Zwei unter Millionen" fragt: "Willst du mich heiraten?" und sich erst mal die Falsche nach ihm umdreht, hat man nicht nur das ewig forsche Jungengesicht vor Augen – auch die Zeit von 1961 ist wieder da. Und mit ihr das Pathos, das Hardy Krüger immer begleitete: Der Film wurde, so sagt er in einem der zahlreichen früheren Interviewschnipsel in der neuen Dokumentation "Die Hardy-Krüger-Story" von Patrick Zeilhofer, "von der Geschichte überholt". Oder anders: "Diese Burschen ha'm die Mauer gebaut, während wir in Berlin gedreht haben!"

Also erst mal weg von Berlin, ab nach "Hollywood". Es folgten Filme wie "Hatari!", "Der Flug des Phoenix" oder "Die Brücke von Arnheim" in den 60er- und 70er-Jahren. Da hatte er aber auch schon seinen Karriere-prägenden Film gedreht: "Einer kam durch", 1957, Krüger in der Rolle des deutschen Jagdfliegers Franz von Werra, der dreimal aus der britischen Gefangenschft entfloh. Krüger als lässiger, unbeugsamer Held, der seinen Weg geht. Eine Rolle, die ihm auf den Leib geschnitten war. Und das in einem britischen Film. Das britische Kino wollte den deutschen Markt erobern, England brauchte einen Star.

Es wurde die Rolle seines Lebens: Deutsche in Uniform zu spielen, gute Deutsche, die keine Nazis waren, sondern vernunftbegabte Menschen. Aus der Rolle des Sonnyboys, den er in seichten Nachkriegsfilmen der 50er-Jahre spielte, war Krüger damit heraus, es folgten viele, womöglich zu viele Filme, in denen er deutsche Offiziere mimte. Mitte der 80er sagte Krüger diesem Klischee ade, zog sich nach Afrike in seine "Hatari"-Lodge am Fuß des Kilimandscharo zurück und schrieb über sein abenteuerliches Leben.

Wie jedes Personenporträt, folgt auch die nach Art der ARD-Legenden geformte "Hardy-Krüger-Story" (ZDF, Erstaufführung bei ARTE) dem Lebensweg des ungewöhnlichen deutschen Stars. Die Eltern schickten den 1928 Geborenen als Zwölfjährigen auf die Nazi-Eliteschule Ordensburg in Sonthofen. Für ihn eine harte, grausame Zeit. "Es darf nie wieder passieren, dass Jugendliche in Deutschland unter ihrer Erziehung so leiden müssen, wie ich in der Nazizeit", sagt er in einem der eingeblendeten Interviews, in dem er auch von seiner wundersamen Rettung, mit der er kurz vor Kriegsende einer Hinrichtung wegen Befehlsverweigerung entging. Sechs Monate wirkte er während der Internatszeit im Propagandafilm "Junge Adler" von 1944 mit, lernte dabei Hans Söhnker kennen, der ihm die Augen über die Nazis öffnete.

Es sind dann immer wieder die Filmszenen, alle mehr oder weniger symbolgeladen, die sich einprägen. Immer wieder der Traum vom Fliegen, die Flucht vor der Vergangenheit, vor dem Trauma des Krieges und der Nazizeit. Erstaunlich, wie persönlich aufgeladen auch die Heldenfilme sind, alle haben etwas mit Krügers Vita zu tun, und in jedem Klischee steckt ein Stück der Krügerschen Wahrheit. 60 Filme, 20 Bücher hat der Schauspieler, Autor und professionelle Hobbyflieger geschrieben. Originaltöne reißen seine "Weltenbummler"-Reportagen (1987 bis '95) wieder auf. "Meistens rollst du deinen Schlafsack unter Sternen auf. In die Flüsse gehst du nicht gern rein, weil da Krokodile sind". Ein schwieriger Träumer, der niemand an sich heran ließ.

Krüger war "der lässigste Hund von allen", wie im Film ein Kinokenner sagt. Schade, dass er nicht (mehr) im Live-Interview zu hören ist. Aber die Zeitzeugen bis hin zum allzeit emsigen Mario Adorf geben sich ja doch alle Mühe, um den jungen Alten – etwas verspätet nach dem 90. im vergangenen Jahr – recht angemessen zu würdigen.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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