Der Astronom und Mathematiker Johannes Kepler berechnete die Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne exakt und schuf damit ein neues Weltbild. ARTE zeigt ein faszinierendes Dokudrama über den Wissenschaftler.
Johannes Kepler – das war doch ...? – Richtig, der Mathematiker und Astronom, der die Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne berechnete und bewies, dass Kopernikus und Galilei Recht hatten mit ihrer Theorie vom anderen, neuen Weltbild und der Erde, die keineswegs länger der Welten Mittelpunkt war.
Da hat unsereins, bei der Ankündigung eines Dokudramas über "einen der bedeutendsten Astronomen der Geschichte" (ARTE / SWR) gleich ein schwerfälliges Trum Naturunterricht vor Augen. Modelle und Berechnungen, die keiner – schon gleich, wenn er der Mathematik ohnehin nicht so viel abgewinnen kann – sowieso nicht versteht. Und dann sind da in solchen Fällen ja auch noch immerzu jene "Experten" zugange, die einen den Spaß an jedem leidenschaftlich inszenierten Dokuspiel vermiesen können. Letztere, das sei gleich gesagt, sind hier erstens weiblich und glücklicherweise mit ihren strahlend vorgetragenen Expertisen numerisch zurückgenommen. Zwei-, dreimal tauchen sie auf, das war's dann schon. Stattdessen erlebt man teils recht hochwertiges Reenactment, einen Kepler, der – wir sind im Jahre 1600 – gleich zwischen die Fronten eines Hofastrologen und dessen schlimmem Assistenten gerät. Christoph Bach, der den Kepler spielt, erträgt das alles unterkühlt. Wenn er die neue Himmelslehre vorträgt, hat das zupackende pädagogische Qualität. Die Schurken haben es da schon schwerer, die dem Neuen am Prager Hof in die Quere kommen. Intriganten halt, wie sie im Buche stehen.
Wer mit vielen hölzernen Planetenmodellen und Sextanten gerechnet hat, wird weitgehend in Ruhe gelassen. Statt dessen wird ihm – sehr kühn – ein Hofzwerg als baldiger Freund und Ratgeber Keplers serviert. Der von Michael Sideris in großartigem Eidinger-Stil gespielte Kaiser Rudolf will nämlich unbedingt ein Horoskop in für ihn gefährlichen Zeiten – soll er's doch haben! Der kleinwüchsige Schauspieler Peter Brownbill macht aus dem historisch kühn eingefügten Astrologenflüsterer namens "Jeppe" jedenfalls eine breite Nummer. Da gibt einer Anweisungen, so oft und so gut er nur kann.
Aber auch sonst bietet das Drehbuch (Susanne Utzt, Regie: Christian Twente) genügend Spielraum für die fröhliche astrologisch-theologische Wissenschaft. Es lässt im Kopf die Planeten kreisen, beschreibt "faule" Planeten, die sich mal der Sonne entziehen, dann wieder nähern. Sparsam eingesetzte Digitaleffekte erhärten: "Es ist kein Ei, es ist eine Ellipse", was der Mars auf seiner Umlaufbahn beschreibt. Keplers forschender Kampf wird gewonnen, sechs Jahre und tausende Berechnungen erweisen sich als nicht umsonst. Die Erde bewegt sich und wir uns mit ihr. Das machte die Planetenberechnung so schwer. Die in Metern von Folianten aufbewahrten Beobachtungen des dänischen Kepler-Vorgängers und Hofastrologen Tycho Brahe (Heiko Pinkowski), eines zornigen Menschen mit abgeschlagener Nase, waren nicht umsonst. Das neue Weltbild ward bewiesen – gegen allen Neid und Widerstand.
Die Macher des SWR / BR /ARTE-Films (ARTE-Erstsendung) reduzierten Keplers bewegten Lebenslauf recht geschickt auf die Prager Jahre bis 1612, flochten dabei aber auch noch Rettung von Keplers Mutter vor der Hexenverbrennung in der Heimat ein und ließen die Sterne am nächtlichen Himmel kreisen. Kepler zwischen Mond und Sonne, die reine Vernunft zwischen einem zwergischen Helfer und einem debilen habsburgischen Kaiser – dass da bloß nicht alsbald ein Musical draus werden wird! Der Stoff schreit jedenfalls schon mal recht laut danach.
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH