Diskussion über Corona-Ausbruch

Virologe Kekulé: "Da wird zu viel diskutiert, nachgedacht und abgewogen

Virologe Prof. Alexander S. Kekulé hat in der Talkshow von Markus Lanz kritisiert, dass zu langsam auf Fälle wie den in einer Fleischfabrik reagiert werde. Er wagt einen düsteren Blick in den Herbst.

Die Infektion von zahlreichen Mitarbeitern des Schlachtbetriebs Tönnies mit dem Coronavirus hat in den vergangenen Tagen zu einem Lockdown im Kreis Gütersloh in Nordrhein-Westfalen geführt. In der jüngsten Ausgabe der ZDF-Talkshow "Markus Lanz" sprach der Moderator mit dem Arzt und Virologen Prof. Alexander S. Kekulé, der eine klare Meinung zu dem Ausbruch und der Quarantänezeit in Gütersloh hat – und die langsame Reaktion darauf kritisierte.

Er habe Gütersloh und die Tönnies-Krise mit Peking verglichen: Während in der chinesischen Hauptstadt nach 150 bestätigten Corona-Fällen der Lockdown recht schnell vonstattenging, habe man in Gütersloh erst einmal gewartet, beobachtet und erst sehr viel später reagiert. "Wenn so etwas ganz plötzlich passiert und man sehr schnell reagieren muss, dann haben wir einen zu langsamen Mechanismus zu antworten. Da wird zu viel diskutiert, nachgedacht und abgewogen, und bis es dann so weit ist, dass man sagt, 'Da müssen wir jetzt etwas tun', sind die Mitarbeiter möglicherweise schon über alle Berge."

Außerdem werde sich die aus dem neuen Ausbruch entstandene Krise seiner Meinung nach länger ziehen als die angesetzte Quarantänezeit von einer Woche. "Ich bin natürlich auch kein Orakel, aber ich bin da nicht so optimistisch. Weil wir wissen ja grundsätzlich, dass die Inkubationszeit bis zu zwei Wochen dauern kann." In dieser Zeit können die Menschen aber auch erst krank werden. "Deshalb hätte ich wahrscheinlich gleich zwei Wochen gesagt, weil das der Standardzeitrahmen ist."

Das Problem liege vor allem darin, die Infizierungskette heute noch nachzuvollziehen. "Das ist extrem schwierig, das alles nachzuverfolgen", so der Virologe. "Selbst wenn so ein lokales Gesundheitsamt hundert Fälle hat, ist das schon fast eine Überforderung. Wir sprechen hier von einer Zahl, die weltweit historisch ist." Andere Länder sehen Deutschland als das Land, das es weltweit mit am besten geschafft hat, mit der Pandemie umzugehen. "Das jetzt so ein Ausbruch in Deutschland ist, das ist sozusagen historisch."

Den kommenden Herbst sehe er ebenfalls sehr kritisch – seine Prognose dazu ist düster. "Sowas ähnliches wird sich wiederholen in Deutschland", so der 61-Jährige. "Und wir müssen uns überlegen, wie wir im Herbst, wenn dann solche Fälle auch häufiger auftreten, einfach auch durch das Klima, mit so was umgehen können. Dass wir selektiver und schneller reagieren. Das hat hier halt einfach nicht funktioniert."


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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