Tragikomödie in der ARD

"Meine Nachbarn mit dem dicken Hund": gemeinsam einsam

von Sarah Kohlberger

Die neuen Nachbarn sind so gar nicht nach dem Geschmack der Witwe Susanne. Und einen dicken Hund haben sie auch noch! Susanne mag keine Hunde. Doch es kommt, wie es kommen muss: Mithilfe der Chaoten von nebenan findet die verbitterte Dame etwas Lebensfreude zurück.

ARD
Meine Nachbarn mit dem dicken Hund
Komödie • 18.10.2019 • 20:15 Uhr

Eigentlich will Susanne Brendel (Steffi Kühnert) nur ihre "7.23 Uhr-Bahn" kriegen. Doch dann sitzt plötzlich ein dicker Hund im Aufzug. "Nicht bewegen, dann sabbert sie nur!", schallt es von unten herauf. Dann muss Susanne eben laufen – der Hund hinterher. Währenddessen lässt die siebenjährige Saphir (Theodora Tetzlaff) Kartons voller weißer Verpackungschips durch das gesamte Treppenhaus schneien. Und dann tritt Susanne auch noch in den Hundehaufen, den die Bordeauxdogge eben im Eingangsbereich hinterlassen hat. Dazu die ausgestreckte Hand der dazugehörigen alleinerziehenden Mutter und Hundebesitzerin Kim (Zoë Valks): "Wir sind die Neuen, freut mich!"

Prost Mahlzeit! Das hat Susanne in der Tragikomödie "Meine Nachbarn mit dem dicken Hund", die nun in der ARD ausgestrahlt wird, gerade noch gefehlt. Vor einem halben Jahr hat ihr Mann sie verlassen. Seitdem vergräbt sie sich nicht nur in ihrer Berliner Wohnung und kapselt sich gesellschaftlich vollkommen ab, sondern spielt ihren Arbeitskollegen und Bekannten immer noch die glücklich verheiratete Ehefrau vor. Auch ihr Sohn ist ihr keine große Hilfe: Er lebt in Kanada. Einzig ihre Arbeit in einem paläontologischen Museum, ihr Synchron-Wasserballett und ihre beste Freundin Maria (Johanna Gastdorf) sind ihr geblieben. Und vor allem: Sie mag keine Hunde!

Klar, dass ihr die neuen, nervigen Nachbarn erst mal ziemlich auf den Wecker gehen. Saphir ist unerzogen, Kim verantwortungslos, und das riesige Tier mit dem seltsamen Namen Frau Hirschberger sabbert wie verrückt. Trotzdem oder gerade deswegen muss Susanne die "totalen Chaoten" durchs Fenster beobachten. Ob der Turm aus Tisch und Stühlen, auf den Saphir gerade mit Stöckelschuhen klettert, wirklich hält? Und wer ist diese seltsame Dame mit den Rastalocken, die Kim scheinbar Drogen gibt? Als dann plötzlich Frau Hirschberger weg ist, muss Susanne Saphir einfach helfen, den Hund wiederzufinden ...

Susanne Brendel, eine graue Maus, die sich seit einem halben Jahr in Lügen verstrickt und eigentlich nur ihre Ruhe will, wird in dem ARD-Freitagsfilm aus ihrem Versteck gelockt. Denn trotz ihrer Antipathie gegenüber den neuen Nachbarn, bieten ihr diese ein wenig Abwechslung in ihrem tristen und einsamen Alltag. Vor allem Saphir wächst ihr schnell ans Herz, denn sie haben eine große Gemeinsamkeit: Beide sind oft allein. Schon bald nimmt sie die Rolle der "Ersatz-Oma" ein. Ein Wink auf ein häufiges Problem in Großstädten wie Berlin, wie Regisseur Ingo Rasper beschreibt: "Dreieinhalb Millionen Menschen leben auf einem Fleck und trotzdem sind viele davon einsam."

Als dann der mühsam aufrechterhaltene Lügenberg einzustürzen droht, wird Susanne mehr denn je mit ihrer verbitterten Gesamtsituation konfrontiert. Und auch Kim hat ihr Leben nicht ganz so im Griff, wie sie sich das vorstellt. "Sie hat ein großes Herz, doch versteckt sie dieses immer wieder hinter einer Schutzmauer. Sie will keine Schwäche zeigen und von niemandem Hilfe annehmen", beschreibt Valks Kims inneren Twist. Rasper stellt diese zwei gänzlich gegensätzlichen Charaktere gegenüber und lässt die separaten Welten aufeinanderprallen – Vorurteile und Missverständnisse inbegriffen. Dabei sind die beiden eigentlich nicht so unterschiedlich, wie es scheint.

Aus der sensiblen Geschichte aus der Feder von Drehbuchautorin Kathi Liers entstand ein gefühlvoller Film über Einsamkeit, Familie, Nachbarn und die Macht eines Kindes, das Leben eines Menschen völlig auf den Kopf zu stellen. Gespickt ist das Ganze mit zahlreichen Konflikten und tragischen Momenten sowie viel Humor. Die Narration wird nicht durch unnötige Nebenstränge zerstört, sondern konzentriert sich auf das Wesentliche: die Beziehung zwischen den beiden verlassenen Müttern und Saphir. Die Hündin spielt nur eine kleine Rolle, agiert aber als wichtige Schlüsselfigur. Wunderbar besetzt überzeugt der Film mit Witz und erstaunlicher Tiefe.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren