TVNOW-Dokumentation

"23 Tage auf der Alan Kurdi" – Stofftiere gegen das Grauen

von Rupert Sommer

Auch Wochen nach ihrem gefährlichen Vor-Ort-Einsatz auf dem Flüchtlingsschiff steckt der RTL-Reporterin Carolin Unger der Schock des Erlebten noch immer in den Knochen. "Zu sehen, wie Kinder ihren Lebensmut verlieren, war für mich besonders erschütternd", erzählt sie über die Zeit, die sie an Bord eines Rettungskreuzers verbrachte. Ihre Dokumentation "Das Drama auf dem Mittelmeer – 23 Tage auf der Alan Kurdi", die der Streaming-Dienst TVNOW ab sofort ausstrahlt, bringt den fast vergessenen alltäglichen Horror von Flüchtlingsschicksalen in heimische Wohnzimmer.

Es ist ein Tatsachenbericht über ein Geschehen, das weiterhin tagtäglich die Abendnachrichten dominiert, bei dem viele Zuschauer aber schamhaft, betroffen lieber wegsehen. Manche macht das, was sich im Mittelmeer abspielt, auch wütend oder zynisch. Es wird wahrlich viel debattiert, aber kaum jemand setzt sich mit dem wahren Geschehen auseinander. Gerade deshalb sind solche Reportagen wichtig.

23 Tage lang durfte Carolin Unger auf dem Rettungsschiff verbringen. Es kreuzt für gewöhnlich vor der libyschen Küste, in der sogenannten "Search and Rescue Zone", die auch in diesem Jahr schon für Hunderte von Hoffnungslosen zu einem nassen Grab geworden ist. Dabei wurde die taffe Reporterin, der das Schicksal der Menschen an Bord sichtlich nahe ging und die immer Gefahr lief, ihre journalistische Distanz zu verlieren, immer wieder ins dramatische Rettungsgeschehen hinenigezogen. Unger fühlte sich letztlich als Teil der Crew, die den Ernstfall ständig probt und die von unglaublichen Geschichten zu berichten weiß.

"Für uns zählen die Menschenleben"

Besonders beeindruckt hat die Reporterin der liebenswerte Schiffskoch der "Alan Kurdi". Der Mann, der sich längst im Rentenalter befindet, müsste sich die Strapazen der Aktionen, die das Team der Seenotrettungsorganisation "Sea Eye" oft in den scharfen Konflikt mit den Behörden der Mittelmeer-Anrainerstaaten führt, eigentlich gar nicht mehr zumuten. Doch der Smutje ist ein Idealist. Stets führt er eine stattliche Sammlung an Stofftieren mit sich. Denn immer öfter fischen die Retter ganz junge Flüchtlinge aus dem Wasser.

Auch den jungen Maschinenbauer Felix Pfeifer treiben Idealismus und die übergreifende Idee der bedingungslosen Humanität an. "Unser Auftrag ist es, per se nicht zu unterscheiden, aus welchem Land diese Menschen kommen", sagt er der Reporterin. "Für uns zählen die Menschenleben." Unter Dauerstress an Bord stehen auch die Sanitätskräfte, die es zum Teil mit psychisch wie physisch völlig ausgebrannten Geretteten zu tun bekommen.

Besonders nahe gehen in der sehenswerten Dokumentation die Momente, in denen auch die hoch motivierten Helfer an ihre Grenzen stoßen. Etwa dann, als sie junge Tunesier aus dem Wasser fischen, von denen man weiß, dass sie kein Land aufnehmen möchte. Diesem Schock standzuhalten und trotzdem an Bord Corps-Geist zu wahren, war auch für die Reporterin eine der bislang größten Herausforderungen ihrer TV-Karriere.

TVNOW, die Streaming-Plattform der RTL-Gruppe, stellt die äußerst sehenswerte Dokumentation "Das Drama im Mittelmeer – 23 Tage auf der Alan Kurdi", zum Abruf bereit. Es ist ein Programm, dem man einen soliden Sendeplatz auch im "regulären" linearen Fernsehen gegönnt hätte.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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