Rückkehr bei Amazon

Das "Pumuckl"-Comeback im neuen Glanz

von John Fasnaugh

Nach mehrjähriger TV-Abwesenheit kehrt "Meister Eder und sein Pumuckl" bei Amazon Prime Video auf den Bildschirm zurück. Was hat der internationale Streaming-Riese von diesem Coup? Und wie gut funktioniert die bayerische Kultserie überhaupt noch im Jahr 2019?

"Hurra! Hurra! Der Pumuckl ist wieder da!" – Nachdem er sich zuletzt für einige Jahre unsichtbar gemacht hatte, kehrt der berühmte Kobold mit dem roten Haar nun auf den Bildschirm zurück – allerdings nicht nur im klassischen TV beim BR, sondern auch bei einem Streamingdienst. Und wie: Ab 1. März sind alle 52 Folgen der Kinderserie "Meister Eder und sein Pumuckl", die auf den Büchern und Hörspielen von Ellis Kaut basiert, digital restauriert und in HD bei Amazon Prime Video zu sehen – und zwar in Deutschland und Österreich. Bei einer Preview mit den ersten beiden Episoden wurde im Münchener Hotel Bayerischer Hof bereits erprobt, ob und wie gut der Pumuckl 37 Jahre nach seiner TV-Premiere beim Bayerischen Rundfunk noch funktioniert.

Eine einstmals sehr beliebte, aber eben auch recht alte Kinderserie wird in das Programm von Amazon Prime Video integriert – um das zu feiern, wirkt das Nobelhotel im Zentrum Münchens fast etwas überdimensioniert. Vielleicht geht es hier aber auch um mehr als "nur" um den Pumuckl. Dr. Christoph Schneider jedenfalls, Geschäftsführer von Prime Video Deutschland, macht bei der Präsentation deutlich, wie wichtig das Projekt Pumuckl für ihn ist. "Als ich vor sieben Jahren hier anfing, war es meine erste Amtshandlung zu sagen, dass wir den Pumuckl zu Prime Video holen müssen", erklärt er halbernst.

In jedem Fall sei er sehr stolz, dass es nun nach jahrelangem Ringen und vielen Gesprächen endlich geklappt habe, so Schneider. Neben ihm sind unter anderem auch die Zeichnerin Barbara von Johnson, Ellis Kauts Tochter Uschi Bagnall, die Witwe des damaligen Produzenten Tita Korytowski sowie Cornelia Liebig-Marciniak von der Pumuckl Media GmbH vor Ort, um zu feiern.

Der Pumuckl, der Reime liebt, gerne Schabernack treibt und nur dann sichtbar wird, wenn er irgendwo klebenbleibt – kennen die Kids von heute diese Figur überhaupt noch? Immerhin ist es inzwischen sieben Jahre her, dass der liebenswerte Quälgeist zuletzt im TV zu sehen war, und noch viel länger, dass der Pumuckl "aktuell" war. Die Kinder im Bayerischen Hof verweisen auf Nachfrage auf die Hörspiele, ein paar haben auch schon Ausschnitte der Serie bei YouTube gesehen. Das ist aber vielleicht auch gar nicht so wichtig: Der entscheidende Hebel sind nicht die Kleinen, sondern ihre Eltern, die im Idealfall immer noch das heimische Programm bestimmen.

Das weiß auch Cornelia Liebig-Marciniak, Geschäftsführerin der Pumuckl Media GmbH, wenn sie mit einem kleinen Ächzen erklärt: "Es gibt heute so viel Stoff, das Programm wird immer komplexer." Wer selbst Kinder hat, der versteht genau, was sie meint. Im frei empfangbaren Fernsehen gibt es inzwischen mehrere speziell auf Kinder zugeschnittene Sender, Netflix veröffentlicht jährlich Dutzende eigenproduzierte Serien für die Kleinen und Kleinsten, Disney bringt demnächst einen eigenen Streamingdienst an den Start, und auch Apple arbeitet gerade an einer exklusiven VoD-Plattform, die dem Vernehmen nach großen Wert auf Familienfreundlichkeit legen wird.

Ein Stück deutsche Fernsehgeschichte

Aus dem erschlagenden Überangebot das Richtige für die Kinder herauszufiltern, ist jetzt schon schwierig, und es wird in naher Zukunft noch schwieriger. Deswegen ist ein Nostalgie-beladenes und bewährtes Format wie "Meister Eder und sein Pumuckl" heute auch wieder viel wertvoller als noch vor fünf oder sechs Jahren. Dass der Pumuckl ein Sinnbild für saubere, charmante und kindgerechte Unterhaltung ist, muss man niemandem erklären, der mit ihm aufgewachsen ist. Da, wo der Pumuckl ist, fühlt man sich zwischen all den unbekannten neuen Formaten vielleicht sogar ein bisschen zuhause.

Hinzukommt: Die Kultserie mit dem bayerischen Volksschauspieler Gustl Bayrhammer als Schreinermeister Eder und Hans Clarin als Pumuckls Stimme ist auch ein kleines Stück deutsche Fernsehgeschichte, die ab sofort bei Amazon weiterlebt. Das ist marketingtechnisch eine andere Hausnummer, als für den internationalen Markt eine deutsche Serie wie "You Are Wanted" mit Matthias Schweighöfer zu produzieren und sie dann in über hundert Ländern zu zeigen, kann für sich aber auch eine gewisse Signalwirkung haben. Amazon Prime Video tritt hier nicht als der übermächtige globale Streaming-Riese auf, der das klassische Fernsehen zerstört, sondern bietet Ikonen mit überschaubaren Zielgruppen eine neue Heimat (siehe auch "Pastewka"). Das ist zumindest nicht unsympathisch.

Wenig überraschend zeigt der kleine "Test" im Kino des Hotels Bayerischer Hof dann auch, dass "Meister Eder und sein Pumuckl" als Unterhaltungsformat für kleine Kinder immer noch hervorragend funktioniert. Feilen fliegen wie von Geisterhand aus dem Regal in Meister Eders Werkstatt, Scharniere verschwinden und Socken werden wegversteckt, worauf sich die Großen richtig schön ärgern – das begeistert junge Zuschauer auch im Jahr 2019. Zudem wurde der Pumuckl bei der Restaurierung wirklich schön "rausgeputzt", wie Christoph Schneider es formuliert – wie alt diese Bilder tatsächlich sind, erkennt man nur noch an der Ausstattung.

Vollkommen "zeitlos" ist die 1982 erstausgetrahlte Kinderserie natürlich trotzdem nicht. Einmal muss in Eders Werkstatt eine kleine Sauerei aufgewischt werden (der Pumuckl war's), da entreißt eine Kundin dem Schreinermeister den Lappen mit dem Kommentar "Eine Frau kann das viel besser"; ein anderes Mal schimpft der Bernbacher Schorsch (Willy Harlander) lapidar auf seine Frau, nachdem die vermeintlich ihre Perücke mit dem Bügeleisen ruiniert hat (der Pumuckl wieder): "So eine Schlamp'n!" – In diesen vereinzelten Momenten zuckt man heute natürlich kurz zusammen und hofft, dass die Kinder an anderer Stelle genauer hinhören – etwa, wenn Meister Eder seinem Pumuckl nach allzu grobem Spuk erklärt: Ein bisschen triezen darf man die Leute, aber wo man anderen Schaden zufügt, ist Schluss! Nach solchen Botschaften muss man in heutigen Kinderserien bisweilen lange suchen.

Ab 2020 ist die restaurierte HD-Fassung von "Meister Eder und sein Pumuckl" auch im BR Fernsehen zu sehen. Bereits ab Montag, 15. April 2019, zeigt das Bayerische Dritte in Doppelfolgen die Serie "Pumuckls Abenteuer" aus dem Jahr 1999 (montags, 13.30 Uhr, mit Hans Clarin als Pumuckls Stimme).


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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