"WaPo Bodensee" startet in zweite Staffel

Floriane Daniel: "Anspruch mit dem Vergnüglichen verbinden"

von Markus Schu

Schauspielerin Floriane Daniel wirkt mit ihrer Hauptrolle im ARD-Vorabend-Krimi "WaPo Bodensee" dem Jugendlichkeitswahn des deutschen Fernsehens entgegen. Im Interview erzählt die Mittvierzigerin, warum es mehr solcher Rollen braucht.

Nationale Bekanntheit erlangte die Berlinerin Floriane Daniel mit ihrer Rolle in Tom Tykwers Kinofilm "Winterschläfer". Im Anschluss machte sie vor allem als TV-Schauspielerin Karriere. Mit dem ARD-Vorabend-Format "WaPo Bodensee" geht sie jetzt in die zweite Staffel. Dort spielt sie eine Kommissarin der Wasserpolizei, die neben allerlei kniffligen Fällen auch ein chaotisches Privatleben in den Griff kriegen muss. Im Interview erklärt sie, warum es mehr Frauenfiguren für Darstellerinnen jenseits der 40 im deutschen Fernsehen braucht, inwiefern der Norden und Süden der Republik grundverschieden sind und wie man Mutterdasein und Berufsleben auf dem Bildschirm und zu Hause unter einen Hut bekommt.

Die acht Folgen der neuen Staffel ihrer beliebten Krimi-Serie starten am 6. März und sind immer dienstags, 18.50 Uhr, im Ersten zu sehen. Im ARD-Film "Küss die Hand, Krüger" ist sie zudem noch am Samstag, 10. März, zur besten Sendezeit erneut als Filmtochter von Horst Krause im dritten Teil der "Paul Krüger"-Reihe zu bewundern.

prisma: Bei der "WaPo" geht es mitunter turbulent zur Sache. Gab es schon gefährliche Situationen bei den Dreharbeiten am Bodensee?

Floriane Daniel: Ja, die gab gibt's immer wieder! Aus dem ersten Jahr werde ich einen Moment nie vergessen: Der Bodensee war relativ warm, und wir haben nachts gedreht. Und weil es eben so warm war, haben wir im Dunkeln echt eine Weile gebraucht, um zu realisieren, dass wir auf dem Boot im Wasser stehen – bis zur Wade und weiterhin ansteigend! Und dieses Jahr ist es einmal passiert, dass unser Boot plötzlich anfing zu rauchen und zu dampfen. Dunkler, grauer Rauch – da kriegt man dann schon ein bisschen Muffensausen! Aber wir können ja alle schwimmen, und explodieren wird schon nichts!

prisma: Sind Sie eine gute Schwimmerin?

Daniel: Überhaupt nicht. Aber es würde reichen, bis man mich dann rausfischt! (lacht)

prisma: Hatten Sie und das Team zur Vorbereitung viel Kontakt mit ehemaligen oder aktiven Wasserschutzpolizisten?

Daniel: Die WaPo am Bodensee haben wir erst zu Drehbeginn kennengelernt. Ansonsten habe ich glücklicherweise eine Berliner Freundin, die aktive Wasserschutzpolizistin ist. Ihr konnte ich natürlich jede dämliche Frage stellen. Letztlich sehen diese Leute dann unsere Serie im Fernsehen und denken nur "Oh mein Gott". Denn im richtigen Leben findet man nicht andauernd Leichen! Und auch die Tatsache, dass mein Dienstgrad immer mitermittelt, ist schon eine spezielle Sache meiner Figur. Das ist dem Format und der Persönlichkeit meines Charakters geschuldet. Die Nele geht gerne raus und ermittelt selbst!

prisma: Nele Fehrenbach läuft dem gängigen Bild von Ermittlerinnen im TV zuwider. Selbstbewusst, aktiv, Mitte vierzig...

Daniel: Und sie steht gut im Futter! (lacht)

prisma: Das haben Sie jetzt gesagt! Aber sie ist definitiv ein Gegenstück zur Mittzwanzigerin mit Modelmaßen, die sonst so über den Bildschirm flimmert. Braucht es mehr solcher Frauenfiguren?

Daniel: Unbedingt! Die Zuschauer nehmen das total dankbar an. Nele ist eine Identifikationsfigur: Man kann Mitte 40 sein, mit Kindern, auf der Suche nach einem Lebensgefährten, Probleme mit der Mutter, einen Job und ein Ernährungsproblem haben – und trotzdem erfolgreich sein! Das ist auch im wahren Leben so, schauen Sie sich um! Aber das wird ignoriert im Fernsehen, so vieles wird dort ignoriert, an Farben und Formen.

prisma: Was im deutschen Fernsehen nicht ignoriert wird, ist die Berufsgruppe der Polizisten. Gibt es auch Berufe, die im deutschen TV unterrepräsentiert sind?

Daniel: Es ist nun mal so, dass diese Krimigeschichten den Zuschauer bei der Stange halten. Aber natürlich wäre eine Serie über andere Berufsgruppen toll! Zum Beispiel eine Serie über Menschen, die sich um Obdachlose kümmern oder um Flüchtlinge. Um die, die in der Gesellschaft zu kurz kommen oder dort keinen richtigen Platz haben.

prisma: Warum hängt das deutsche Publikum so sehr an den Heimat-, Familien- und Krimi-Formaten?

Daniel: Weil am Ende alles gut wird. Und weil alles so schön aussieht. Wer guckt nicht gerne Geschichten mit gutem Ende vor schöner Landschaft? Gerade auch zu unserer Sendezeit, wo vielleicht die Kinder noch wach sind und Fernsehen schauen. Da muss man jetzt keine harten, dunklen, düsteren Krimis senden. Aber so ein bisschen was zum Miträtseln oder Mitfiebern, das mögen die Leute.

prisma: Ist es schwierig, neben Eskapismus noch Anspruch ins Vorabendprogramm zu integrieren?

Daniel: Das ist natürlich das, was wir alle wollen. Wir haben hoch bezahlte, kluge Köpfe, die sich unsere Geschichten ausdenken und darüber verhandeln, in welchem Maße auch schwierige Themen im Vorabendprogramm erzählt werden können. Wir alle wollen den Anspruch mit dem Vergnüglichen verbinden.

prisma: Wie ist es für Sie, von Ihrer Heimat im Norden Deutschlands in den Süden zu kommen?

Daniel: Es ist ein gewaltiger Unterschied! Die Mentalität ist im Süden eine komplett andere. Die Leute haben alle mehr Geld als die Menschen in meiner Heimatstadt Berlin. Am Bodensee ist alles so ordentlich und sauber. Und Berlin ist einfach unfassbar dreckig und laut. In Berlin würde keiner gucken, wenn ich morgens im Bademantel zum Bäcker gehe! Keiner! Am Bodensee würde ich wahrscheinlich eingewiesen werden! (lacht)

prisma: Berufsleben und Mutterleben – als Privatperson und in der Rolle als Nele Fehrenbach müssen Sie das unter einen Hut bringen. Hilft einem da die Erfahrung aus dem eigenen Leben?

Daniel: Unbedingt! Ich hatte mal vor vielen Jahren ein Casting, bei dem ich die Mutter eines Babys spielen sollte. Ich fand, dass ich das gut gespielt hatte, und der Regisseur sah das genauso, aber er sagte dann, dass er lieber eine Schauspielerin nimmt, die wirklich Mutter ist. Ich kann es nicht genau erklären, aber es macht tatsächlich einen Unterschied. Natürlich sind jetzt auch meine Filmkinder und meine eigene 15-jährige Tochter in einem ähnlichen Alter – das passt dann sehr gut.

prisma: Was sagt Ihre Tochter, wenn sie die Mama in Uniform auf dem TV-Bildschirm sieht?

Daniel: Sie findet es natürlich witzig, wenn ich mit der Waffe hantiere und "Stehenbleiben!" rufe. Ich gebe zu: das liegt mir auch nicht so ganz und gelingt mir auch nicht so einfach. Die lacht sich kaputt und spielt mich immer nach! (lacht) Aber sie liebt die Sendung sehr.

prisma: Schätzen die Menschen am Bodensee das "WaPo"-Team und das Format an sich? Werden Sie auf offener Straße erkannt?

Daniel: Am Bodensee werde ich sehr oft erkannt, in Berlin guckt keiner. Das hat auch Vorteile. Am Bodensee ist das noch sehr zweigeteilt: Es gibt Menschen, die es ganz toll finden, dass dort eine derartige Serie gedreht wird, und andere finden es hingegen total blöd.

prisma: Ihren Durchbruch hatten Sie in Tom Tykwers Kinofilm "Winterschläfer". Der Regisseur feiert gerade mit "Babylon Berlin" einen Riesenerfolg. Wenn er für Staffel drei und vier anruft, sind Sie dann dabei?

Daniel: Na klar, Tom ist der Beste von allen! Das war damals schon klar, dass Tom eine sehr, sehr steile Karriere machen wird. Da wäre ich sofort dabei!

prisma: Ihr letzter großer Kinofilm liegt nun schon fast zehn Jahre zurück. Wann sehen wir Sie wieder auf der Leinwand?

Daniel: 2017 habe ich bei einer kleinen Komödie namens "Weiber! – Schwestern teilen. Alles." mitgespielt, die war crowdfunding-finanziert und läuft hier und da noch im Kino. Dieses Jahr mache ich aber wieder einen größeren Film!

prisma: Können Sie schon mehr dazu sagen?

Daniel: Leider nein, der ist noch geheim. Aber es gibt nicht so viele Rollen für meine Generation. Und oft sind sie mit berühmteren Leuten in meinem Alter besetzt. Mit Annette Frier zum Beispiel. Man kann eben nicht auf jeder Hochzeit tanzen!


Quelle: teleschau – der Mediendienst

Das könnte Sie auch interessieren