Die neue ARD-Familienkomödie "Zimmer mit Stall – Ab in die Berge" zeigt Aglaia Szyszkowitz als Frau, die ihren Traum auf Kosten anderer verwirklichen will. Das macht die Figur unsympathisch und den TV-Film uninteressant.
"Wer du bist, das kannst du auch anders rausfinden", ermahnt Anne (Doris Schretzmayer) ihre Schwester Sophie (Aglaia Szyszkowitz). Und als Zuschauer möchte man ihr beipflichten. Denn Sophie hat in einer Kurzschlussaktion ihren Job an den Nagel gehängt und einen Hof in der bayerischen Pampa gekauft. Den möchte sie nun mit ihrem französischen Ehemann Philippe (François Smesny) und der gemeinsamen Tochter Leonie (Alina Abgarjan) in eine Pension umwandeln. Philippe wird das zu viel, weswegen er die Flucht zurück ins elterliche Restaurant nach Paris antritt. Sophie und Leonie müssen sich derweil alleine mit dem Nörgler Barthl (Friedrich von Thun) herumschlagen, der sich im Stall einquartiert hat. Das Chaos scheint vorprogrammiert.
Wenn sie sich etwas in ihren Dickschädel gesetzt hat – sei es auch noch so haarsträubend – dann zieht Sophie das auch durch. Zum Leidwesen aller anderen will sie ihren Traum vom Landleben in die Tat umsetzen. Ihre Tochter bringt es schön auf den Punkt: "Improvisieren heißt bei Mama: Sie hat ein Problem und alle anderen werden zu Sklavenarbeit verdonnert!"
Ausgemachte Unsympathin
Das klingt zunächst lustig, nennt das Kind aber beim Namen. Denn Sophie ist eine ausgemachte Unsympathin, zu keiner Sekunde ertappt man sich dabei, wie man sagt: Ja, Sophie, du schaffst das schon! Stattdessen fragt man sich ständig, wozu sie die ganze Sache überhaupt angeleiert hat.
Der Hof war seit jeher im Besitz von Barthls Familie, auf die Stallnutzung hat er daher ein Anrecht auf Lebenszeit. Den "echten bayerischen Grantler" kann man nicht so leicht aus seiner Heimat vertreiben. Doch weder der Kleinkrieg zwischen Sophie und Barthl, noch dessen tragische Hintergrundgeschichte lassen den Zuschauer mitlachen oder mitfühlen. Das zentrale Problem ist und bleibt die fehlende Motivation der Hauptfigur. Sophies Entscheidung wird nicht transparent gemacht. Warum redet sie nicht mal ordentlich mit ihrem Ehemann oder dem griesgrämigen Barthl? Können denn nicht alle am selben Strang ziehen?
Den Darstellern kann man grundsätzlich keinen Vorwurf machen, aber Autor und Regisseur Ingo Rasper gelingt es nicht, seine Figuren liebenswert zu gestalten. Philippes Entschluss kann man verstehen, dass er jedoch seine Tochter zurücklässt, ist höchst fragwürdig. Besonders lustig ist das Ganze auch nicht geraten: Sophie kauft irgendwann Ziegen und benennt eine nach ihrer Schwiegermutter, und die andere tauft sie auf "Baguette". Ein echter Schenkelklopfer. Die Konflikte werden nicht auserzählt, andauernd wird Schnaps getrunken, und Sophie donnert dem alten Mann sogar ihre Faust mitten ins Gesicht. Ja, richtig gelesen. Endlich Freitag im Ersten!
Quelle: teleschau – der Mediendienst