Gespräch mit TV-Star

Emily Cox im Interview über ihre Rolle in "37 Sekunden"

14.08.2023, 12.30 Uhr
von julo
Emily Cox spielt in der ARD-Serie "37 Sekunden" die Anwältin Clara.
Emily Cox spielt in der ARD-Serie "37 Sekunden" die Anwältin Clara.  Fotoquelle: ARD Degeto/Odeon Fiction GmbH

Am 15. August strahlt die ARD die Miniserie "37 Sekunden" aus. Hauptdarstellerin Emily Cox verkörpert hier die Anwältin Clara, welche eine Entscheidung treffen muss, nachdem ihre beste Freundin Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihren Vater erhebt. Wir haben mit Emily Cox über ihre Rolle gesprochen.

In der ARD-Serie „37 Sekunden“ spielst du die Anwältin Clara, die hin- und hergerissen ist, nachdem ihre beste Freundin Vergewaltigungsvorwürfe gegen ihren Vater erhebt. Warum hast du dich entschieden, diese Rolle zu übernehmen?

Ich habe mich dazu entscheiden, weil ich die Drehbücher toll geschrieben finde. Hier wird sehr differenziert auf ein wahnsinnig komplexes Thema eingegangen, welches mir persönlich wichtig ist. Julia Penner und David Sandreuter haben meiner Meinung nach echte Figuren geschrieben mit sehr tiefen Abgründen, die sie teils zu überwinden und teils zu verdrängen versuchen. Was ich spannend finde ist die zentrale Frage: Ab wann ist ein Übergriff ein Übergriff? Und was tut man, wenn der Mensch, der einem am besten bedeutet, vielleicht doch nicht die schillernde Persönlichkeit ist, für die man ihn immer gehalten hat? Claras Loyalität wird getestet, letzten Endes geht sie dann für ihren Vater über sehr viele Grenzen.

Kannst du das persönlich nachvollziehen?

Grundsätzlich versuche ich jede Rolle immer von innen zu verstehen. Wenn ich Claras Handeln also nicht nachvollziehen könnte, wäre es falsch für mich, diese Rolle zu spielen. Ich versuche jede Figur, selbst wenn es eine Mörderin ist, zu verstehen, weil ich denke, dass letzten Endes jeder Mensch einen Antrieb für sein Handeln hat. Das heißt natürlich nicht, dass ich als Emily Cox nicht verurteilen kann, was eine Mörderin oder teilweise auch was Clara tut. Also ja und nein: Ich kann es nachvollziehen, weil ich die Rolle gespielt und mich deshalb monatelang mit der Geschichte aus Claras Perspektive beschäftigt habe. Ich als Emily Cox aber sagen, dass sie teilweise über gewisse Grenzen geht, die ich persönlich nicht überschreiten würde.

Du hast gerade schon deine Vorbereitung auf die Rolle angesprochen. Wie bereitet man sich denn auf so ein brisantes und auch wichtiges Thema vor? Mit einer solchen Rolle geht schließlich auch eine gewisse Verantwortung einher.

Total. Ich bereite mich darauf vor, indem ich versuche, die Geschichte einfach als Geschichte zu sehen. Ich versuche einfach zu verstehen, worum es bei meiner Figur geht, damit ich mein Puzzleteil in dieser Geschichte möglichst gut ausfülle. Anhand des Drehbuches versuche ich herauszufinden: Was sind die Ziele und Träume, aber auch die größten Ängste meiner Figur, also in diesem Fall von Clara? Aus diesen Hintergründen formuliere ich ein Ziel, das meine Figur im Verlauf der Geschichte zu erreichen versucht. Ein solches Ziel setze ich mir dann auch noch einmal in jeder Szene, und diese Ziele will ich dann mit aller Kraft durchsetzen. Das klingt jetzt etwas abstrakt, kann aber so etwas sein wie: „Ich will, dass du mir vergibst“. Dann versuche in der Szene, den anderen Schauspieler davon zu überzeugen, wir wirklich zu vergeben. Bei „37 Sekunden“ habe ich ansonsten noch versucht, möglichst offen an dieses Set zu gehen und mich von der Regisseurin Bettina Oberli führen zu lassen, die einen unglaublich tollen Job gemacht hat.

Wenn du eine Kernaussage festlegen könntest, die jeder Zuschauer und jede Zuschauerin aus dieser Serie mitnimmt, welche wäre das?

Das würde ich gerne den Zuschauern selbst überlassen. Ich finde, dass diese Serie davon lebt, dass sie so unglaublich komplex ist und es hier eben kein schwarz-weiß gibt. Oder in den Worten von Claras bester Freundin: „It’s complicated“. Letzten Endes finde ich die Serie deshalb so gut, weil jeder etwas Unterschiedliches hineinlesen wird.

Das macht ja oft gute Geschichten aus, wenn der Zuschauer im Laufe der Handlung zugeben muss, dass er auch ein gewisses Verständnis für die Menschen hat, die er am liebsten einfach nur verurteilen würde.

Genau. Dann hat es auch viel mehr mit einem zu tun als man denkt. Im Fall von „37 Sekunden“ entsteht die Vergewaltigung, die aus meiner Sicht ganz klar eine solche ist, aus einer Affäre heraus. Aber ich will nicht zu viel verraten, die Zuschauer sollen sich am besten selbst ihr Bild davon machen. Danke für das Gespräch!

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