Blick auf die Folge "Angst im Dunkeln"

Bremer Wald-"Tatort": Wo ist Dänen-Ermittler Mads Andersen hinverschwunden?

02.04.2024, 12.13 Uhr
von Eric Leimann

Haben Sie auch schon mal an einem Survival-Abenteuer teilgenommen, so wie es eine Frauen-Gruppe im Bremer "Tatort"? Bei den Damen verlief das Wochenende im Wald allerdings tödlich. Gibt es diesen gefährlichen Bremer Wald wirklich? Und wo ist eigentlich der dänische Ermittler Mads Andersen?

Worum ging es in der "Tatort"-Folge?

Es ist schon lustig, dass ausgerechnet ein Bremer "Tatort" das Trendthema "Survival" in der Natur aufgreift. Die Hansestadt gilt nämlich als waldärmstes Bundesland. Trotzdem wollen wir dem im Krimi angedeuteten Trend mal auf den Zahn fühlen: Was ist der Unterschied zwischen "Bushcraft" und "Survival". Außerdem: Warum sah Kommissarin Linda Selb ihrer Tante so ähnlich und wird Dänen-Kommissar Mads Andersen (Dar Salim) irgendwann noch einmal Bremer Boden betreten?

Drei gutbürgerliche Freundinnen lassen sich von ihren Teenager-Kindern im Wald aussetzen: Dort wollen sie ohne Handy überleben, zu Fuß nach Hause zurückfinden und es der Natur mal so richtig zeigen. Von den drei sehr unterschiedlichen Frauen Viola (Sophie Lutz), Ayla (Pegah Ferydoni) und Marlene (Inez Bjørg David) kehren nur zwei zurück. Marlene, das erfahren wir gleich zu Anfang, stirbt im Wald.

Die Kommissarinnen Liv Moormann (Jasna Fritzi Bauer) und Linda Selb (Luise Wolfram) müssen herausfinden, ob ein Mord vorliegt und, falls ja, wer die forsche Anführerin der Gruppe getötet hat. Dabei ermitteln Moormann und Selb im Wald, aber auch in der Bremer Villengegend Schwachhausen, wo die Frauen samt ihren Familien leb(t)en. Eine Spur führt jedoch zum Einzelgänger Werner B. (Alexander Wüst), der als ominöser "Handy-Man" bereits früher im Wald Frauen auflauerte, um sie heimlich zu fotografieren.

Ein sehr weiblicher "Tatort"

Nicht nur vor der Kamera standen Frauen im Mittelpunkt, auch hinter den Kulissen war dies ein sehr weiblicher "Tatort". Geschrieben hat ihn Kirsten Peters ("Spy/Master"), die deutsch-amerikanische Kamerafrau Leah Striker (Deutscher Fernsehpreis 2021 für "Unbroken") saß beim fünften Bremer Fall mit Moormann und Selb zum ersten Mal auf dem Regiestuhl.

Allzu tiefsinnig war "Angst im Dunkeln" nicht, zumal das Survival-Szenario mit mehreren eingeschmuggelten Handys (trotz Funklöcher) nicht allzu plausibel war. Dafür war der Zickenkrieg vor sommerlichem Grün einigermaßen spannend und ordentlich gespielt. Dazu wurden zwei erzählerische Trends aufgegriffen: Zum einen boomen derzeit Survival-Formate wie "7 vs. Wild". Zum anderen ist das Erzählen mehrerer miteinander verwobener Familiengeschichten ein Fiction-Trend, anhand dessen ein Zeit- oder Gesellschaftsgefühl seziert werden soll. Zuletzt schlugen Miniserien wie "Neuland", "Tage, die es nicht gab" oder "Gestern waren wir noch Kinder" in die gleiche Erzähl-Kerbe.

Der Bremer Wald

Gedreht wurde der "Tatort: Angst im Dunkeln" von Ende Mai bis Ende Juni 2023 in Bremen-Schwachhausen und in Schwanewede. Letztere Location liegt tatsächlich im oder beim größten Bremer Waldgebiet in den Ortsteilen Farge und Lüssum-Bockhorn. Es handelt sich um den bremischen Anteil an der Neuenkirchener Heide. Davon wird der größte Teil vom Tanklager Farge eingenommen, ein Gebiet, welches nicht öffentlich zugänglich ist.

Die Region liegt nördlich des Stadtzentrums, nahe der Weser, die dort Richtung Bremerhaven und zur Nordsee fließt. Knapp 30 Prozent Deutschlands sind laut Statistischem Bundesamt (September 2023) Waldgebiet. Nach Bundesländern sortiert findet sich Bremen jedoch mit nur einem Prozent Waldanteil auf dem letzten Platz wieder. Auf dem Podium thronen: Rheinland-Pfalz (40,7 Prozent), Hessen (40,0) und Baden-Württemberg (37,9).

Kennen Sie diese Survival-Trends?

Momentan werden Begriffe wie "Bushcraft" oder "Survival" oft synonym verwendet. Einen kleinen Unterschied gibt es aber schon: Bushcraft ist eine Freizeitaktivität, bei der es darum geht, sich Fähigkeiten anzueignen, um in der Natur oder Wildnis zu überleben. Survival bedeutet hingegen das konkrete Überleben in der Wildnis mit dem Ziel, wieder heil nach Hause zu kommen.

Viele Influencer, Podcaster etc. sind derzeit auf diesem Feld unterwegs. Der bekannteste unter ihnen ist der Erfinder des ehemaligen YouTube-Hitformates "7 vs. Wild", das mittlerweile bei Amazon Freevee zu sehen ist. In der Bushcraft-Sprache bedeutet "Dropping", dass man sich an einem unbekannten Ort mit begrenzen Mitteln in der Natur aussetzen lässt. So wie die drei Mütter im "Tatort", die dieses Microabenteuer, das dann doch zum großen Überlebenskampf wird, für ihre Kinder testen wollen.

Wer spielte Linda Selbs Tante?

Die Ähnlichkeit war kaum zu übersehen. Im "Tatort: Angst im Dunkeln" lernte man die Tante von Kommissarin Linda Selb kennen: Johanna Selb, bei der Linda offenbar zum Teil aufgewachsen ist. Die Tante im Film ist kurioserweise auch im echten Leben die Tante von Schauspielerin Luise Wolfram: Claudia Geisler-Bading.

Die 58-Jährige aus Weimar, ausgebildet 1986 bis 1990 an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch in Berlin, hat mit ihrem Mann Thomas Bading (ebenfalls Schauspieler und Regisseur) zwei Töchter, die man als Schauspielerinnen auch sehr regelmäßig in Film und Fernsehen sehen kann: Emma Bading (26, preisgekrönt für "Play") und Bella Bading (17, eine von "Die drei !!!" bei Disney+). Demnach sind die beiden jungen Bading-Schwestern die Cousinen von "Tatort"-Kommissarin Luise Wolfram.

Wo ist Dänen-Ermittler Mads Andersen hinverschwunden?

In den ersten beiden Folgen des mittlerweile fünf Filme umfassenden Bremer-"Tatorts" nach dem Abgang von Inga Lürsen (Sabine Postel) und Stedefreund (Oliver Mommsen) war man noch zu dritt. Neben Moormann und Selb gab es noch den verschmitzten Exil-Dänen Mads Andersen. Doch seit mittlerweile drei Filmen sieht man ihn respektive seinen Darsteller Dar Salim entweder gar nicht oder maximal per kurzer Videoschalte. Warum?

Die Karriere des schon vorher international gefragten Dar Salim (er spielte unter anderem in der ersten Staffel "Game of Thrones" mit) hatte in der Zwischenzeit noch mal Fahrt aufgenommen. Vor allem der britische Starregisseur Guy Ritchie setzt aufs Schauspiel und die Präsenz des Skandinaviers mit irakischen Wurzeln.

In dessen starkem Afghanistan-Kriegsfilm "The Covenant" spielt Salim die zweite Hauptrolle neben Jake Gyllenhall. Und auch in Ritchies aktueller Netflix-Hitserie "The Gentlemen" spielt Salim eine Rolle als cooler Tatortreiniger Felix. Bei soviel internationalen Angeboten ist es natürlich schwer, ein Zeitfenster für Radio Bremen zu finden. Wie der Sender aber auf Nachfrage bestätigt, schließen Dar Salim und Radio Bremen eine Rückkehr von Mads Andersen nach Bremen in der Zukunft nicht aus.

Wie gut war die "Tatort"-Folge?

Doch wie ist er nun geworden, der "3 vs Wild"-"Tatort" aus Bremen? Auch wenn die starke Grundidee für Spannung sorgt, ein wenig mehr Finesse hätte dem Drehbuch gutgetan. Was die Lebenssorgen der Schwachhausener Besserverdienenden betrifft, wirkt das Beziehungsmodell der drei Familien ein wenig konstruiert, zudem über 90 Minuten auch ein wenig gehetzt erzählt.

Und im Wald? Da hätte man sich irgendwie mehr "Kante" gewünscht. Im sommerlichen deutschen Grün wirken die Eskalationsstufen der verirrten Freundinnen – die ja dann doch Mobiltelefone, wenn auch mit vielen Funklöchern mit sich tragen – nicht bedrohlich genug, als dass sie an die emotionale Wucht von Suvivalfilm-Klassikern wie John Boormans "Beim Sterben ist jeder der Erste" (1972, mit Burt Reynolds) herankommen.

Insgesamt stagniert das Niveau der neuen Bremer Ermittler eher im Bereich der Schulnote "befriedigend". Richtig schlecht sind die Filme nicht, doch ans "Tatort"-Top-Niveau, das andere Standorte mitunter bieten, reichen sie nicht heran.

Wie geht es beim Bremer "Tatort" weiter?

Im Jahr 2024 wird die Weihnachtfolge aus Bremen geliefert: Der "Tatort: Stille Nacht" (vormals unter dem Arbeitstitel "Tatort: Driving Home for Christmas") ist abgedreht. Und darum geht es: Der Kapitän Hendrik Wilkens (Matthias Freihof) liegt erschossen in seinem Zimmer. Er und sein Ehemann (Rainer Sellien) hatten einen philippinischen Matrosen (Jernih Agapito) über die Feiertage bei sich aufgenommen. Zusammen mit den Kindern (Pia Barucki, Robert Höller, Rana Farahani) und Enkelkindern sollte es ein besinnliches Weihnachtsfest werden. Doch ging es in der bunten Familie tatsächlich so harmonisch zu?


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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