"Der Zauberberg – Thomas Manns Jahrhundertroman": Einblicke in das Luxussanatorium
Vor 100 Jahren erschien Thomas Manns 'Der Zauberberg'. ARTE widmet dem Roman eine Dokumentation, die mit Archivaufnahmen und Experteninterviews das Werk aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.
Eine Kurzgeschichte hatte es werden sollen, 1913 begonnen. Doch dann kam der Weltkrieg dazwischen, und es wurde in mehr als zehn Jahren ein großes Meisterwerk daraus. Vor genau 100 Jahren, im November 1924, erschien Thomas Manns Roman "Der Zauberberg". Die ARTE-Dokumentation beleuchtet ihn aus vielen Perspektiven, samt der Entstehungsgeschichte mit Manns Besuch seiner Frau Katja im Sanatorium in Davos 1912, mit schwarz-weißen Archivaufnahmen von gestern und mit heutigen Impressionen des Schweizer Luftkurorts.
Alles im Roman ist auf die hermetische Welt eines Lungensanatoriums im schweizerischen Luftkurort Davos konzentriert. Es ist eine Welt der damals noch unheilbar Kranken, zugleich aber der Angehörigen der Oberschicht Europas. Die an Tuberkulose Erkrankten siechen zumeist liegend dem Ende entgegen, ein Antibiotikum war damals noch nicht entdeckt. Mann lässt im Roman den Schiffsbauingenieur Hans Castorp im Sommer 1907 seinen kranken Cousin im Davoser Lungensanatorium besuchen, doch dann ist er von der Atmosphäre so fasziniert, dass er bis zu dessen Tod verbleibt. Auch Castorp selbst wird zuletzt mit dem Tod konfrontiert, er muss in den mittlerweile ausgebrochenen Weltkrieg ziehen.
Fast zu viele Experten und Thomas-Mann-Liebhaber treten in der Schweizer Doku auf. Jeder trägt Wissenswertes über das Seherische von der Nationalismuskritik bis zu der auf dem Zauberberg grassierenden Erotik bei. Da wäre es doch besser gewesen, mehr Thomas-Mann-Zitate für sich sprechen zu lassen. "Indem er es sagte, vollzog sich der knappe Übertritt", heißt es beispielsweise lapidar über das Sterben des Cousins, als dieser eine Urlaubsverlängerung beim Militär beantragen will.
Die Fotos vom Luxussanatorium Schatzalp, heute Hotel, aber auch die Einlassungen von Katja Mann und von Mann selbst, geben dem Film von André Schäfer authentisches Gewicht. Dass da auch noch ein Zeitzeuge über die Gepflogenheiten im Sanatorium berichten kann (samt Überstieg gewandter Jungmänner zum Balkon der Nachbarin und dem heimlichem Abtransport der Leichen im Todeslift) ist fast schon zu viel des Guten. Der Schrecken der Krankheit, die schlicht den Untergang einer ganzen Epoche symbolisiert, vermittelt sich da jedenfalls bis auf die Knochen.
Der Zauberberg – Thomas Manns Jahrhundertroman – Mi. 13.11. – ARTE: 21.50 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH