ARD-Film

"Eine Liebe später": ein beschwerlicher Weg

von Hans Czerny

Hals über Kopf verlieben sich Julika und Konstantin. Doch sie hängt noch immer sehr an ihrem verstorbenen Mann. Und auch die Schwiegereltern machen es dem Neuen nicht leicht.

ARD
Eine Liebe später
Komödie • 21.01.2022 • 20:15 Uhr

"Grüß Gott, die Fahrscheine bitte!" – Jeder, der in München schon mal schwarzgefahren ist, kennt den schrecklichen Satz, der einem durch Mark und Bein fahren kann. Im Freitagsfilm "Eine Liebe später" ist es für Julika (Lucie Heinze) und Konstantin (Golo Euler) der Beginn einer großen Liebe. "Wahnsinn!" – Konstantin ist begeistert, weil Julika ihm gerade noch rechtzeitig ihre Fahrkarte zugeschoben hat. Er schaut denn auch gleich nach, ob sie nicht "Flügel" hat. Doch der weitere Weg wird beschwerlich für die beiden. Julika ist Witwe, so stellt sich heraus. Vor zwei Jahren verlor sie durch einen Unfall ihren Mann. So läuft Konstantins lebensbejahende Munterkeit eine ganze Weile in die Leere.

Arg erschwerend kommen – auch für den Zuschauer – Julikas Schwiegereltern hinzu. Die wollen von dem Neuen, der übrigens ein Stadtführer auf dem Fahrrad ist, so gar nichts wissen. Noch immer wird der Geburtstag des vor zwei Jahren Verstorbenen auf dem nahen Friedhof gefeiert, als lebe er noch. Aber auch Julika spricht noch immer mit ihrem verstorbenen Mann. "Alles Gute zum Geburtstag", so spricht sie ihm auf die immer noch intakte Mailbox, "ich hoffe, dir geht es gut!"

In den Jahren nach dem Unfall sind sie zusammengewachsen, Julika und der verbliebene Familienrest. Doch, wie das so ist: Irgendwann ist aus hilfreicher Nächstenliebe Zwang geworden. Dass ihr "die Luft zum Atmen" genommen wird, erkennt Julika spätestens, als sie Konstantin mit zu sich nach Hause nimmt. Schwiegervater Georg (Miroslav Nemec) macht den Wüterich und stellt gleich Konstantins Fahrrad in die Gartenecke. Als er dann Konsti auch noch nackt auf dem Flur begegnet, reift das Ganze für ihn zum Skandal. Georg hat mit Julikas Mann einst das schöne optisch filmreife Holzhaus im Garten neben das eigene gebaut. Er führt nicht nur die eigenen Leistungen ins Feld, sondern auch die seiner Mutter, einer Kriegswitwe, gleich mit. Ganz allein hatte sie damals die hauseigene Schreinerei geschmissen!

Miroslav Nemec als böser Schwiegervater

Schade, dass der mit weißem Vollbart und Brille kaum wiederzuerkennende Miroslav Nemec, Sympathieträger im "Tatort", hier gar so sehr den Rumpelstilz machen muss. Die Regisseurin Michaela Kezele hätte ihn etwas bremsen müssen, auch die Dialoge (Drehbuch: Dominique Lorenz) wirken mitunter etwas zu theatralisch und schwarzweiß. Glücklicher geraten die Liebesszenen zwischen Julika und Konstantin. Eher klischeefern nähern sich die beiden einander an, der Indien-Fan und die bodenständige Mutter und Physiotherapeutin. Sehr sacht und allmählich ziehen sie die störrische Umgebung auf ihre Seite – am Ende greift gar Georg noch zum Jenseitstelefon.

Es dauert ein wenig, bis die 20 Tassen Kaffee – eine nach der anderen – ausgetrunken sind, die Konstantin für die gesparte Schwarzfahrer-Strafe versprochen hat. Aber das Hinübergleiten von der Trauer zum neuen Glück ist gut getroffen. Dominique Lorenz, die Autorin, musste selbst Ähnliches erfahren. Ihr erster Mann starb bei einem Bergsturz mit 44 Jahren. Nicht zuletzt deshalb ist wohl aus "Eine Liebe später" keine der üblichen Hauruck-Familienkomödien geworden, sondern ein stellenweise melancholisch-leiser Film.

Die vielen abgeradelten Münchner Hochglanz-Ecken – nach dem Motto: "München mal anders", von Eliassons Endlos-Treppe bis zur "Alten Utting" – wirken sehr gestylt. Was man von der wunderbar einfühlsamen Begleitmusik der Filmkomponistin Martina Eisenreich (Deutscher Filmmusikpreis 2018) so gar nicht sagen kann.

Eine Liebe später – Fr. 21.01. – ARD: 20.15 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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