"Eine riskante Entscheidung": Wenn alle Hoffnungen auf einem Medikament ruhen
Die kleine Emily leidet an der seltenen Erbkrankheit NCL. Ihre Eltern wollen unbedingt, dass ihr Kind mit einem Medikament behandelt wird, das sich noch im Versuchsstadium befindet. Der ZDF-Film zeigt einen fiktiven Fall, der so ähnlich aber auch in der Realität denkbar wäre.
Ein Kind tanzt scheinbar unbeschwert, doch dann sinkt es zu Boden. Die kleine Emily ist, so stellt sich beim Arztbesuch heraus, an der sehr seltenen Kinderdemenz erkrankt – Fachbegriff NCL 3 -, die bereits im Kindesalter zum steten Abbau körperlicher und geistiger Kräfte führt. Der geschickt gebaute ZDF-Montagsfilm "Eine riskante Entscheidung" (Regie: Elmar Fischer, "Unterm Radar", "Götter in Weiß") thematisiert nicht nur die bislang unheilbare Krankheit selbst, sondern deren medikamentöse Behandlung, die offenbar inzwischen weit fortgeschritten ist. Emilys Eltern haben von den Testerfolgen einer Berliner Pharmaziefirma in Korea gehört und setzen alles daran, dass auch die achtjährige Emily das noch sündteure Medikament bekommt.
Doch die Pharma-Firma wehrt sich in Gestalt der neuen karriereorientierten Chefin Dr. Julia Schemmel (Lisa Maria Potthoff) hartnäckig, Emilys Eltern Michael und Nicole Wagner (Christian Erdmann, Annika Blendl) mit einem im Versuchsstadium befindlichen Medikament zu helfen. Ein Fehlschlag, so die etwas fadenscheinige Begründung, würfe die Firma in ihrem Ansehen weit zurück und verhindere vor allem den von Julia initiierten Börsengang. Lisa Maria Potthoff spielt die so kaltherzige Pharmaziechefin mit aller Undurchdringlichkeit, aber auch mit einem Rest an Empathie gegenüber Emilys Eltern.
Keine Frage, dass das Drehbuch von Jörg Tensing ("Bloch", "Der Kriminalist", "Katie Fforde") zur Trivialisierung des Falles neigt. Doch die Spirale aus Not und verweigerter Hilfe wird immer wieder geschickt weitergedreht. Aus dem laborhaften Modell entsteht eine Dramatik, wie man sie in ambitionierteren Filmen meist vergeblich sucht. Sowohl Emilys Vater als auch die Mutter setzen alle Hebel in Bewegung, benutzen Social Media und gar das öffentlich-rechtliche Fernsehen, um Emily zu helfen. Der Konzern soll zur Anwendung des noch in der Probe befindlichen Medikaments gezwungen werden.
Druck durch Social Media
Der Fall der kleinen Emily erregt denn auch eine Aufmerksamkeit, die zum Shitstorm führt. Ganz analog werden aber auch die Scheiben des Pharmaziekonzerns mit Protestparolen beschmiert, Dass Julia Schemmel selbst sehr dramatisch mit zinnoberroter Farbe übergossen wird, macht sie zur Opfer-Ikone, die andererseits den PR-Absichten des Konzerns zugute kommt. In den Massenmedien wird sie wegen ihrer zwiespältigen Bemühungen um Emily alsbald zur "Managerin mit Herz" stilisiert. Dass sie im Privatleben unaufhörlich mit ihrem Kinderwunsch zu kämpfen hat und ihren Partner (Torben Liebrecht), Restaurator übrigens von Beruf, zu emsig anberaumten Spermaproben im "Kinderwunschzentrum" zwingt, wirkt zeimlich aufgesetzt – mit Julias Karriere oder Emilys möglicher Rettung hat es nicht viel zu tun.
Immerhin gelingt es mit derlei "Tricks", den Gefühlspegel hoch zu halten. Aus dem kühl kalkulierten Pharma-Modell wird ein recht lebendiges Psychodram. Temporeiche Zwischenschnitte und eine elegante Berlin-Optik helfen mit und am Cast ist ohnehin nichts auszusetzen. Autor Jörg Tensing hat nach ZDF-Angaben auf der Basis eines realen Falles einen Stoff zum Thema "Compassionate Use" entwickelt. "Compassionate Use" bezeichnee in der Pharmawelt die vorzeitige Herausgabe eines noch nicht marktreifen Medikamentes in besonderen Härtefällen, heißt es seitens des ZDF. Der Fall selbst ist zwar nicht real, aber denkbar. Darüber nachzudenken, lohnt sich allemal.
Eine riskante Entscheidung – Mo. 21.02. – ZDF: 20.15 Uhr
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH