Talk mit Frank Plasberg

Ukrainerin mahnt: "Das könnte das Ende von Europa sein"

29.03.2022, 10.12 Uhr
von Lena Rittmann
Oksana Ilchenko zu Gast bei Frank Plasberg.
Oksana Ilchenko zu Gast bei Frank Plasberg.  Fotoquelle: Screenshot ARD

Frank Plasberg begrüßt am Montagabend seine Gäste in der Polit-Talkshow "Hart aber Fair" im Studio. Wieder ist der Krieg in der Ukraine das Thema des Abends. Ein Gespräch mit einer geflüchteten ukrainischen Deutschlehrerin treibt den Gästen Tränen in die Augen.

Zu Gast sind Luise Amtsberg, Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und humanitäre Hilfe, Joachim Herrmann, Bayerischer Staatsminister des Innern, WDR-Journalistin Isabel Schayani und Sozialdezernentin Heike Jüngling. Im Einzelgespräch sitzt Plasberg der Deutschlehrerin aus Kiew, Oksana Ilchenko, sowie der Unternehmensberaterin Julia Kroß, die selbst ukrainische Flüchtlinge bei sich aufnahm, gegenüber.

"Heute soll es um die Menschen gehen", so leitet Frank Plasberg die Gesprächsrunde am Abend ein. Zusammen mit seinen Gästen möchte er beleuchten, ob die Menschen, die vor den Angriffen der Russen in ihrem Land fliehen und hier Hilfe suchen, diese auch bekommen. Ist Deutschland diesmal besser vorbereitet als es 2015 war?

Aus der Not sah sich die EU in der Pflicht, die Aufnahme der flüchtenden Ukrainer so unbürokratisch wie möglich zu gestalten, um ihnen schnell Hilfe bieten zu können. Ein langwieriges Asylverfahren ist zunächst nicht mehr nötig. Aktuell seien zu viele der in Deutschland angekommenen ukrainischen Geflüchteten noch nicht registriert. Fernsehjournalistin Isabel Schayani kennt den Grund, warum die Registrierungen nicht vorankommen: "wenn es eins ist, dann nicht geordnet – jede Stadt macht es so wie sie es möchte." Während in Hamburg zunächst einmal jeder, und zwar auch jedes Kleinkind, einen Termin ergattern muss, besitzt beispielsweise die Stadt Köln lediglich ein einziges Pickgerät, das die Ausländerbehörden benötigen um alle notwendigen Daten einer Person einlesen zu können.

Dem Bayerische Staatsinnenminister Joachim Herrmann war dies nicht bewusst, in Bayern habe man schließlich schon 40.000 geflüchtete Ukrainer registrieren können. Auch das Problem der fehlenden Pickgeräte existiere nicht. Da er die Registrierungen als äußerst wichtig ansehe, vor allem zum Schutz der geflüchteten Menschen selbst, appelliert er daher eindringlich an den Rest von Deutschland, sich mehr anzustrengen. An Bayern sähe man schließlich, dass es machbar sei.

Über Polen nach Deutschlad geflüchtet

Besonders emotional wird es, als Moderator Plasberg ein Einzelgespräch mit Oksana Ilchenko führt. Die Deutschlehrerin aus der Ukraine ist zusammen mit ihrer Mutter und kleinen Tochter zunächst nach Polen, dann nach Deutschland vor dem Krieg geflüchtet. Ihr Ehemann ist als Offizier in der Ukraine geblieben. Seit Oksana mit ihrer Mutter und Tochter von einer Familie in Deutschland aufgenommen wurde, könne sie endlich wieder schlafen. "In der Nacht fühle ich mich besser – am Tag bin ich sehr gestresst und habe keine Zeit nachzudenken, wie ich mich fühle", so die Ukrainerin.

Immer wieder bricht ihre Stimme ein und sie kämpft mit den Tränen. Sie habe Schlechtes erlebt und sei deswegen sehr dankbar für ihre herzliche Unterkunft. Auch Oksana habe einen Registrierungstermin – am 27. April. Für die Mutter eine extrem lange Zeit: "Da sollten wir schon wieder Zuhause sein. Ich hoffe jeden Tag darauf, dass wie den nächsten Tag nach Hause fahren." Die Deutschlehrerin habe in der Ukraine noch 16 Studenten, von denen jedoch 15 im Bunker sitzen und nicht weiterstudieren können. Besonders schwer fällt Oksana, wenn sie mit ihrer kleinen Tochter über das Thema Krieg und die Flucht spricht. Sie müsse oft das Thema wechseln, um ihr Kind nicht anlügen zu müssen. Sie möchte ihr Wort halten, wenn sie sagt, dass schon morgen alles besser sein wird.

Auf Plasbergs Frage, was sie sich noch von Deutschland wünsche, wird die Ukrainerin sehr ernst. Sie habe das Gefühl, hier in Deutschland werde der Krieg in der Ukraine "nicht bis zum Ende erklärt". Sie erinnert daran, dass die Russen zuletzt die Atomkraftwerke in der Ukraine bombardierten. "Wenn sie unsere Atomkraftwerke bombardieren, dann kann die Welt kaputt gehen", so die Deutschlehrerin, "das könnte das Ende von Europa sein."

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