Achtteilige Thriller-Serie

"Helsinki-Syndrom": Ein Kidnapper, der Gerechtigkeit fordert

17.11.2022, 17.12 Uhr
von Martina Maier

In der achtteiligen Thriller-Serie "Helsinki-Syndrom" will ein Mann beweisen, wer seine Familie in den Bankrott getrieben hat. Dafür wird er selbst zum Verbrecher. Der Familienvater entführt Journalisten, um mit deren Hilfe die Schuldigen zu ermitteln.

ARTE
Helsinki-Syndrom
Thriller-Serie • 17.11.2022 • 21:45 Uhr

Der Finne Elias Karo ist Kleinunternehmer, Familienvater – und Kidnapper. Seit seine Familie im Zuge der Bankenkrise der 90er-Jahre ihr Hab und Gut verlor, findet er sich in einer bis in die Gegenwart andauernden Tragödie wieder. Für Elias sind die Schurken ein Bankdirektor und ein Bezirksrichter, und das will er beweisen. Um die Wahrheit ans Licht zu bringen, entführt er kurzerhand vier JournalistInnen der renommiertesten finnischen Tageszeitung "Helsingin Sanomat" und zwingt sie, Recherchen anzustellen. ARTE, YLE und der NDR legen in ihrer Co-Produktion einen immer wieder überraschenden Thriller in acht Teilen vor, der sich eines großen sozialen Themas bedient und nun erstmalig bei ARTE zu sehen ist.

Wichtiges Thema in Finnland

"Wenn ich noch einmal für etwas zahlen soll, dann nur für meine Fehler", brüllt Elias (Peter Franzén), nachdem er das Auto des Nachbarn mit einem Baseballschläger zerlegt hat – außer sich vor Wut darüber, dass seinen Söhnen zu Unrecht unterstellt wurde, einen Kratzer am Auto verursacht zu haben. Elias' Rage, aber auch seine durchdachte Vorgehensweise sind durchweg spürbar in diesem Thriller, in dem spannungsgeladene Musik und kühle Farben auffallend dominieren. Mit 18 Jahren sah sich Elias, der für das Unternehmen seines Vaters gebürgt hatte, mit Schulden in Millionenhöhe konfrontiert. Jetzt, wo der Staat ihm als ehemaligem Insolventen keine Coronahilfe ausbezahlen will, dreht er durch.

"Die Wirtschaftskrise der 90er-Jahre in Finnland war sogar schlimmer als die einige Jahre später in Griechenland", sagt Autor Miikko Oikkonen. Auch seine eigene Familie bekam die Folgen davon zu spüren. Kein Wunder also, dass das Thema, das als eines der wichtigsten der jüngeren finnischen Geschichte gilt und über zehntausend Menschen in den Selbstmord trieb, noch immer allgegenwärtig ist. Damals waren unzählige Familien bankrott gegangen, als der Staat vor massiven finanziellen Problemen stand und die Banken vom Staat abgesichert wurden, die Kleinunternehmer jedoch meist leer ausgingen. So zumindest sieht es Hauptfigur Elias, den Autor Oikkonen als "extrem intelligenten Typen, der durch die Umstände jedoch auf die falschen Gleise geschoben wurde" beschreibt.

Balance zwischen Gut und Böse

Dargestellt wird der ambivalente Endvierziger von Peter Franzén, der in Deutschland durch die Netflix-Serie "Vikings" bekannt ist. "Mich fasziniert, wie diese Figur zwischen Gut und Böse balanciert. Elias bringt es fertig, ein schweres Verbrechen zu begehen und zugleich ein normaler Vater und Ehemann zu sein", sagt der finnische Charakterschauspieler. So ist die Hauptfigur immer im Wechsel als Vater zweier Söhne in seiner idyllischen Nachbarschaft und als Entführer mit seinen vier Geiseln in der steril wirkenden Redaktion zu sehen, denen er Akten vor die Füße wirft und sie mit Waffengefuchtel dazu drängt, ihre Arbeit "richtig" zu machen.

Zugleich streift die Serie ein äußerst aktuelles Thema: Die im Film gezeigte Geiselnahme findet ein weltweites Medienecho und Elias wird von vielen Menschen bejubelt, die aufgrund der Corona-Pandemie um ihre Existenz fürchten, so wie Elias selbst. Trotz seiner ungeheuerlichen Tat hat er immer mehr Menschen auf seiner Seite, die für wachsende Tumulte vor dem Verlagsgebäude sorgen – so sehr wirkt die Bankenkrise auch nach rund 30 Jahren noch nach. Ein Kriminalpsychologe soll vermitteln. Doch der Entführer lässt sich nicht umgarnen: Die Sprengstoffbomben an den Eingängen des Medienhauses sind echt! Und es dauert nicht lange, bis die Vertreter der "vierten Gewalt", der Presse, anfangen, Elias' Theorien ein klein wenig Glauben zu schenken ...

Helsinki-Syndrom – Do. 17.11. – ARTE: 21.45 Uhr


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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