"Markus Lanz"-Runde rechnen mit Merz ab: "Er wird seine Kanzlerkandidatur beerdigen können"
Die populistischen Äußerungen von Friedrich Merz wurden zum Gesprächsthema bei "Markus Lanz". Die Runde sprach daher dem Parteichef die Möglichkeit Kanzler zu werden ab. CDU-Außenexperte Norbert Röttgen verurteilte das Handeln von Olaf Scholz, der keine Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine liefern will.
Kaum ein deutscher Politiker verursachte in den vergangenen Monaten so viel Wirbel und Empörung wie CDU-Parteichef Friedrich Merz. Erst vergangene Woche sorgte er in einem TV-Interview für einen Eklat, als er unterstellte, abgelehnte Asylbewerber ließen sich in Deutschland "die Zähne machen", während deutsche Patienten keine Zahnarzttermine bekommen würden.
Röttgen: Keine Entschuldigung für die Wortwahl von Merz
Bei "Markus Lanz" bezog am Donnerstagabend der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen Stellung zu den Aussagen seines Kollegen, mit dem er einst um den Parteivorsitz konkurriert hatte. Der Grund für die verbale Entgleisung liege in den Fehlern der Ampelregierung, suggerierte Röttgen. Jedoch stellte er auch klar, dass es für die Wortwahl von Merz keine Entschuldigung gebe: "Ich hätte es nicht gesagt."
Röttgen: "Wir gehen mit Menschen anständig um. Wir machen nie Politik gegen Menschen. Wir wenden auch keine Sprache an gegen Menschen." Es verstehe sich, "dass jeder Mensch Respekt verdient" habe. Lanz konterte prompt: "War das also respektlos?" Norbert Röttgen erwiderte: "Ich hätte so darum nicht formuliert, genau."
Journalistin Sabine Adler urteilte über den Unionschef deutlich kritischer: "Wir werden uns auf jeden Fall immer an diesen Satz erinnern", prophezeite die Osteuropaexpertin. "Er wird seine Kanzlerkandidatur damit beerdigen können." Auch "SZ"-Journalist Roman Deininger verurteilte Merz' Ton und Sprache aufs Schärfste, da sie "Ressentiments" wecke. "Und das ist natürlich dem Vorsitzenden einer Volkspartei (...) nicht würdig."
"Es wäre wirklich bescheuert"
Während sich Deininger und Adler einig zu sein schienen, dass Merz kein guter Kanzlerkandidat für die Union wäre, zeigte sich Norbert Röttgen verhaltener. Er erklärte trocken, dass die Union ja "bescheuert sein" müsste, "zwei Jahre vor der Bundestagswahl bei der Problemlage, die das Land hat, Kanzlerkandidaten" zu stellen. "Es wäre wirklich bescheuert", wiederholte Röttgen genervt. Lanz ließ nicht locker und provozierte seinen Gast: "Warum ist er nicht der Richtige?" Daraufhin schüttelte der CDU-Mann den Kopf und erklärte erneut: "Ich wäre bescheuert – wir wären bescheuert."
Auskunftsfreudiger zeigte sich Norbert Röttgen, als es um die Fehler der Ampelregierung ging, die schließlich auch Oppositionsführer wie Merz zu verbalen Entgleisungen verleiten würden. "Diese Regierung ist ins Amt gekommen (...) ohne einen Plan! Wir sehen das jetzt auf dramatische Weise", wetterte Röttgen im Gespräch mit Lanz.
Vor allem seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine sei die Ampel "sowieso nur im reaktiven Modus", und es gebe "gar nicht mehr die Kapazität, um vorausschauend Politik zu machen". Laut Norbert Röttgen sitze die Regierung nur da und warte, "bis die Probleme kommen". Aber sie habe "keinen vorausschauenden Gestaltungsanspruch (...), und das zermürbt die Demokratie von innen."
Harte Worte, die Markus Lanz auch auf die geplatzte Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern brachte. Röttgen kritisierte prompt: "Der Kanzler ist der, der nicht will!" Besonders wütend zeigte sich der CDU-Politiker über den Umstand, dass es bis zur Aufzeichnung der "Markus Lanz"-Sendung noch keine öffentliche Erklärung von Olaf Scholz zur Taurus-Absage gab.
"Wenn es einen Teilgewinn für Putin gibt, wird der Krieg in Europa bleiben"
Stattdessen liefere der Kanzler immer wieder viele "sich abwechselnde und zum Teil sogar ausschließende Ausreden". Für Norbert Röttgen sei dies unverständlich, da "dieser Marschflugkörper Taurus hocheffektiv" sei. "Das wäre für die Verteidigung der Ukraine hoch bedeutsam und hocheffektiv", erklärte Röttgen weiter. Genau aus diesem Grund halte er die Absage der Taurus-Lieferung für "nicht verantwortlich" und befürchte "verheerende Folgen", die unweigerlich zu einer Verlängerung des Krieges mit mehr Toten führen würden.
Putin spiele laut Röttgen auf Zeit, "und wenn es einen Teilgewinn für Putin gibt, dann wird der Krieg in Europa bleiben. Wir werden alle dafür teuer bezahlen." Sabine Adler, langjährige Korrespondentin des Deutschlandfunks in Russland, stimmte dem mit ernster Miene zu und ergänzte, dass der Krieg in der Ukraine nur gewonnen werden könne, "indem man endlich mal in einem Moment die geballte Kraft hat, um diese russische Armee wirklich rauszuschmeißen".
Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH